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Magazin für Theologie und Ästhetik

Oktober 2004

Liebe Leserinnen und Leser,

"Im Dunkel des gelebten Augenblicks" hat in dieser Ausgabe des Magazins für Theologie und Ästhetik eine geradezu physisch erfahrbare Seite - sofern Sie den Internet Explorer oder Opera als Browser benutzen. Das Java-Script, das für das Changieren der Farben im Hintergrund verantwortlicht ist, führt dazu, dass ab und an der Text unleserlich wird. Auch so wird deutlich, was Meyers Großes Konversationslexikon 1905 unter dem Stichwort "Mode" feststellt: "Ohne Rücksicht auf die Gebote des Anstandes, der Gesundheit und der Bequemlichkeit herrscht hier ein beständiger Wechsel in Stoffen, Formen und Farben."

Aber Mode ist nicht nur ein Gebiet, "in denen die Willkür ihr Spiel treiben darf" wie das Lexikon formuliert, sie hat auch erkenntnisproduktive Seiten. Walter Benjamin hat sich - vor allem im Passagenwerk - intensiv mit dem Thema "Mode" auseinandergesetzt. Er schreibt dort unter anderem:

"Das brennendste Interesse der Mode liegt für den Philosophen in ihren außerordentlichen Antizipationen. Es ist ja bekannt, daß die Kunst vielfach, in Bildern etwa, der wahrnehmbaren Wirklichkeit um Jahre vorausgreift. Man hat Straßen oder Säle sehen können, die in allen farbigen Feuern strahlten lange ehe die Technik durch Lichtreklamen und andere Veranstaltungen sie unter ein solches Licht setzte. Auch geht die Empfindlichkeit des einzelnen Künstlers für das Kommende bestimmt weit über die der großen Dame hinaus. Und dennoch ist die Mode in weit konstanterem, weit präziserm Kontakt mit den kommenden Dingen kraft der unvergleichlichen Witterung, die das weibliche Kollektiv für das hat, was in der Zukunft bereitliegt. Jede Saison bringt in ihren neuesten Kreationen irgendwelche geheimen Flaggensignale der kommenden Dinge. Wer sie zu lesen verstünde, der wüßte im voraus nicht nur um neue Strömungen der Kunst, sondern um neue Gesetzbücher, Kriege und Revolutionen. -
Zweifellos liegt hierin der größte Reiz der Mode, aber auch die Schwierigkeit, ihn fruchtbar zu machen."

Mode-Theologen - diesen Begriff gibt es übrigens auch. Er ist ein Kampfbegriff konservativer katholischer Kreise gegen alle Theologen, die sich für Ökumene, Öffnung der Kirchen, Kulturtheologie, Dialog der Religionen, "Kirche von unten" und für die Anerkennung der individuellen Sexualität durch die Kirchen einsetzen. In diesem Sinne versteht sich aber auch das Magazin für Theologie und Ästhetik durchaus als modetheologisch.


Das aktuelle Heft 31 des Magazins für Theologie und Ästhetik bietet zum Thema Moden Folgendes:

Unter den ARTIKELN des aktuellen Heftes finden Sie einen einführenden Grundsatzartikel von Karin Wendt sowie den Artikel zum Stichwort "Mode" aus Meyers Großem Konversationslexikon von 1905, der viel von den seinerzeitigen Einschätzungen von 'Mode' verrät. Stefan Schmidl schreibt über Mythen in der Musikliteratur. Bernd Beuscher setzt sich mit der Mode als Kleid des Absoluten und den biblischen Grundeinstellungen zur Mode auseinender. Marcus A. Friedrich analysiert das pfarramtliche Amtszimmer als Ort pastoralästhetischer "Bastelei". Andreas Mertin geht den Metamorphosen der postmodernen Popikonen nach.

Unter REVIEWS finden Sie eine Zusammenstellung der Internetauftritte diverser Modefirmen. Andreas Mertin stellt die digitale Ausgabe des Grimmschen Wörterbuchs vor und Hans J. Wulff bespricht den Film "Was ich noch zu tun habe".

Die MARGINALIEN versammeln Fragmente zum "a la mode"-Diskurs seit dem dreißigjährigen Krieg und eine Notiz zur vergessenen Kunst des handschriftlichen Briefeschreibens von Andreas Mertin.

In der Rubrik SPOTLIGHT finden Sie das WEBLOG, die vertrauten Kolumnen zur Ausstellungskultur von Karin Wendt, sowie zum Internet und zur Bücherwelt von Andreas Mertin.

Alles in allem gilt mit Immanuel Kant:
es ist besser ein narr in der mode, als auszer der mode zu sein.

In diesem Sinne wünschen wir den Leserinnen und Lesern eine erkenntnisreiche Lektüre dieses Heftes!