The Language of Colour in the Bible

Eine Rezension

Claudia D. Bergmann

Lourdes García Ureña, Emanuela Valeriani, Anna Angelini, Carlos Santos Carretero und Marina Salvador Gimeno: The Language of Colour in the Bible. Embodied Colour Terms Related to Green, Übersetzung von Donald Murphy, Fontes et Subsidia ad Bibliam pertinentes (FoSub) 11, Verlag de Gruyter, Hardcover, ISBN: 9783110766394

Die biblische Welt ist farbig. Zahlreiche Farbbegriffe beschreiben das Aussehen von Lebewesen, Pflanzen, Edelmetallen, Steinen, Kleidungsstücken, von Hauttönen. Nicht immer sind diese Begriffe jedoch für eine einzige Farbe oder Farbnuance reserviert, nicht immer sind sie klar definiert. Dem biblischen Text gelingt es so immer wieder, etwas mit Farbbegriffen zu umschreiben statt festzulegen, Veränderungen anzudeuten statt zu konstruieren, Sinneseindrücke anzuschneiden aber nicht zu einzugrenzen, also mit Sprache zu spielen und sich dem (zu) schnellen verstehenden Zugriff des Lesers und der Hörerin zu entziehen, vielleicht auch, um das besonders aufmerksame Zuhören und Lesen erst anzuregen. Möglicherweise ist das der Grund, warum die farbige Welt der Bibel ein noch so wenig beschrittenes Forschungsgebiet ist. Gerade im deutschsprachigen Bereich beziehen sich viele Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler noch auf die 1963 erschienene Studie Die Farben im Alten Testament von Roland Gradwohl, und auch im englischsprachigen Bereich ist, obwohl dort wesentlich mehr Forschungsarbeit zu Farben in der Bibel geleistet wurde, Athalya Brenners Werk Colour Terms in the Old Testament aus dem Jahr 1982 noch immer ein Standardwerk.

Umso besser, dass die nun erschienene lexikographische Studie The Language of Colour in the Bible. Embodied Colour Terms Related to Green einen wissenschaftlich fundierten Beitrag zur theoretischen Erforschung von Farbe und Farbigkeit in der Bibel leistet und gründlich darlegt, wie und wo die Farbe Grün in biblischen Texten erscheint. Zudem wurde dieses Werk gelungen in die englische Sprache übertragen, um es einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Außergewöhnlich ist zum Einen, dass dieses Buch, verantwortet von Lourdes García Ureña, in fruchtbarer Teamarbeit entstand (und die Mitglieder dieses internationalen Teams auch in der Liste der Autorenschaft genannt werden). Zum Anderen, und das ist noch viel bedeutender, ist, dass sich die Studie eben nicht nur auf die hebräische Bibel bezieht, sondern zwei ihrer großen Übersetzungen, die Septuaginta und die Vulgata, mit in den Blick nimmt. In ihnen wird die biblische Welt tatsächlich noch differenzierter und noch bunter, nutzen die griechischen und lateinischen Übersetzungen doch mehr als die vier vorgelegten hebräischen Begriffe für Grün und lassen sie diese dazu oft auch in weiteren mehrdeutigen Farbnuancen aufleuchten.

Das Team, aus dessen Forschungsarbeit diese Monographie erwuchs, nutzt Erkenntnisse der kognitiven Linguistik und wendet sie auf lexikographische Fragestellungen an. So sind dann nicht unsere modernen und abstrakten Vorstellungen von Farbe im Blick, sondern die Vorstellungen der antiken Zivilisationen, die die Bibel hervorbrachten und übersetzten. Grün, so zeigt sich in der Monographie, bezeichnet zwar Dinge und ist dadurch „embodied“, aber es weist auch auf ein weites chromatisches Spektrum hin und ist deshalb oft mehrdeutig anwendbar. Die Menge des Lichts, das auf das grüne Objekt scheint, die Tiefe des Grüns, das Material und die Bestandteile und Herstellungsweise des grünen Objekts, alles das spielt eine Rolle, wenn antike Texte von Grün sprechen. Kein Wunder, dass die hebräische Wurzel YRQ dann so vielfältig angewendet werden kann und ihre Wortfamilie, sowie später auch die vielen genutzten Übersetzungsmöglichkeiten, mehr vermitteln wollen als einfach nur „Grün“. So kommt es, heißt es in diesem Werk, dass das Grün der Schöpfung im biblischen Korpus auch tatsächlich alles umfassen kann: „life and death; the splendour of the created world and its destruction; the vigour of nature and its decrepitude; and, always latent within this, the fleeting quality of present time. (S. 213)“

Während dieses Buch ausschließlich die Begriffe untersucht, die zum Farbbereich Grün gehören, präsentiert es doch eine Methodologie und theoretische Erkenntnisse, die sich auf weitere Studien im Bereich Farbe und Farbverständnis, auch Studien zur Ästhetik, in antiken Kulturen übertragen lassen. Daher erwartet die Rezensentin gespannt weitere Monographien dieses Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die die in The Language of Colour in the Bible begonnene Farbskala um weitere Forschungen und Farben bereichern.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/139/cdb1.htm
© Claudia D. Bergmann, 2022