Was bedeutet eine singuläre Fliege auf einem Kunstwerk?

Notizen zu Weintrauben, Fliegen und Bilderrahmen

Andreas Mertin

A – Prolog: Was zeigen Bilder?

Als Theologen stehen wir immer in der Versuchung, Bilder auf das zu reduzieren, was sie (laut Titel) darstellen sollen. Wir haben sozusagen permanent einen Text im Hinterkopf, an dem wir das zu Sehende messen. Wir blicken auf ein Bild, das den Titel „Auferweckung des Lazarus“ trägt und beginnen nun, den biblischen Text nach Johannes 11 mit dem Dargestellten zu vergleichen. Wer kommt im Text vor und wer ist auf dem Bild zu sehen? Wo ist die Szene in der Bibel verortet und wo platziert sie der Künstler? Nach und nach fühlen wir uns in das Bild ein.

Dabei behandeln wir die Bilder oftmals so, als ob sie zeitgenössisch wären, so als ob der Künstler schon um die historisch kritische Auslegung biblischer Texte habe wissen können oder so, als sei die Inkulturation biblischer Geschichten in jeweils zeitgenössische Kontexte (von der Kleidung bis zur Architektur) etwas höchst Problematisches.

Natürlich ist es legitim, ein Bild, das man zur Veranschaulichung eines Textes herangezogen hat, danach zu befragen, in welcher Beziehung es zu diesem Text steht. Aber man sollte auch den Künstler als Produzenten des Bildes ernst nehmen. Er ist niemals nur ein Illustrator, den wir daran messen könnten, ob er den Text 1:1 umsetzt. (Nebenbei bemerkt: Dann bräuchten wir sein Bild auch gar nicht, weil es eine Tautologie zum Text wäre.)

Seit den frühesten Bildern des Christentums sind Künstler immer auch Interpreten des Textes. Und das zeigen sie nicht unbedingt dadurch, dass sie die Geschichte anders darstellen, sondern indem sie künstlerisch intervenieren, Perspektiven verändern, die Gesten der Handelnden einer bestimmten Raumlogik unterwerfen usw. Das heißt, sie ‚argumentieren‘ künstlerisch. Wer diese Bilder auslegen will, der sollte die Argumentation der Künstler miteinbeziehen.

Auf zwei Werken von Giotto di Bondone (1266-1337) vom Anfang des 14. Jahrhunderts kann man das exemplarisch studieren.[1] Das eine Werk ist die Auferweckung des Lazarus, die Giotto 1306 auf einem Fresko in der Capella degli Scrovegni in Padua geschaffen hat:


Leicht erkennbar ist das Bild keine simple Illustration des biblischen Textes.[2]

Wir identifizieren zehn Personen mit Heiligenschein und zehn Personen ohne Nimbus.

Sie sind in fünf Gruppen aufgeteilt: 1) Am Boden knieend Maria und Martha (einer byzantinischen Tradition folgend, denn nach dem biblischen Text kniet nur Maria vor Jesus), vor den beiden 2) Christus mit den Jüngern. Am rechten unteren Bildrand 3) die Grabhelfer, darüber 4) die Gruppe rund um Lazarus und schließlich 5) die beobachtenden Juden, die zu den Freunden des Lazarus und der beiden Frauen gehören.

Es gibt keinen zwingenden Grund für Giotto, hinter dem Geschehen der Auferweckung einen Berg zu platzieren. Nach der dringlichen Intervention der beiden Schwestern Maria und Martha wäre angesichts der Interaktion zwischen Jesus und dem auferstehenden Lazarus der Verzicht auf den Hügel sogar naheliegender – weil sich Jesu Geste dann unmittelbar auf Lazarus bezöge. In diesem Falle wäre aber aus einem kunstvoll eingeführten allegorischen Geschehen nur ein Bericht über ein historisches Wunder geworden. Die Einfügung des Hügels verändert die Bildaussage. Verbunden mit der Gestik Jesu wird daraus ein komplexer Hinweis auf Jesu eigenen Tod, auf die Auferstehung und die Himmelfahrt. Um diesen Zusammenhang verbal darzustellen, bedürfte es eines umfassenden Textes.

Max Imdahl weist darauf hin, wie komplex die Zeitstruktur auf Giottos Fresko angelegt ist:

„Freilich ist es, genaugenommen, unvorstellbar, dass im Augenblick der Anrede Lazarus, komm heraus! eine aktuell momentane Gleichzeitigkeit bestehen kann zwischen dem noch sprechenden Christus und dem schon aus dem Grabe hervortretenden Lazarus, weil im Augenblick dieser Anrede Lazarus erst noch aus dem Grabe kommen wird und nicht schon vor dem Grabe steht. Das Problem der bildlichen Darstellung besteht also darin, in das kontaminierte Gegenüber von Christus und Lazarus die Vor­stellung der Ungleichzeitigkeit einzubringen, und zwar auf an­schau­liche Weise, das heißt durch bildliche Maßnahmen.“[3]

Imdahl sieht diese bildliche Maßnahme in der dem biblischen Text nicht direkt entnehmbaren vermittelnden Figur des überraschten Juden in der Mitte gegeben. Er verkörpere nicht nur das Staunen, sondern auch das Jetzt der Rede Jesu und dem Noch der Auferstehung des Lazarus.

Das zweite Beispiel ist ein Fresko Giottos zur Hochzeit von Kana (Johannes 2, 1-12), ebenfalls in der Scrovegni-Kapelle. Hier reicht Giotto eine perspektivische Verzerrung um den Betrachter zu fragen, wie, wann und wo das Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein geschieht.

Auf den ersten Blick und ohne vorherige nochmalige Lektüre des biblischen Textes könnte man meinen, das Bild gebe zutreffend wieder, was in der Erzählung vermittelt wird. Zwar sind für eine Hochzeit relativ wenig Menschen dargestellt. Aber wir sehen Jesus und Maria, das Brautpaar, einen Jünger (Andreas?), vier Bedienstete, die Wasserkrüge sowie den Mundschenk mit dem Wein. Gut getroffen ist die emotionale Distanz (der Raum) zwischen Jesus und seiner Mutter („Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau?“). Nach der Lektüre des Bibel-Textes fragt man sich, warum Giotto nach Art der Bibel in gerechter Sprache unter die Diener auch weibliche Bedienstete gemischt hat? Nun, das war auf allen Bildern aus dieser Zeit üblich. Und wer ist die nicht kenntlich gemachte Frau (Jüngerin? Brautmutter?) zwischen dem Apostel Andreas und der Braut?

Unsere Raumwahrnehmung wird von Giotto zugleich nicht nur illusionistisch herausgefordert, sondern durch den Nachvollzug der subtilen Inszenierung auf eine theologische Erkenntnis hingewiesen.[4] Zunächst aber muss der Betrachter das Bild in seine Lebenswelt recodieren, muss eine Zeitlogik und eine Raumlogik herstellen. Was geschieht wann? Was besagt der (Segens?) Gestus der Maria?

Und wo genau im Raum steht die Magd vor Jesus? Direkt vor ihm, von Angesicht zu Angesicht? Oder doch irgendwie merkwürdig ver-rückt neben bzw. vor dem Tisch, also seitlich versetzt von Jesus? Wem gilt dann der Segensgestus von Jesus? Alles Fragen, die durch das konkrete Bild und nicht durch den Text entstehen. Da der gezeigte Raum viel zu klein erscheint, um in die verschiedene genannten Bedeutungsebenen zergliedert zu werden, öffnet ihn Giotto, indem er durch die abgeschrägte Wandborte eine größere Raumtiefe andeutet. Das schafft genau den Zwischen-Raum, den der Künstler braucht, damit Christus zwischen den beiden Mägden auf der linken Seite seinen Segensgestus vollziehen kann, der auf der rechten Seite Wasser zu Wein verwandelt.

Auf beiden gerade besprochenen Fresken, darauf kommt es mir an, fordert der Künstler die Wahrnehmung des Betrachters heraus, indem er nicht einfach einen Text abbildet, sondern durch künstlerische Eingriffe (auch durch kunstvoll erzeugte Illusionen und Täuschungen) dazu zwingt, über das Geschehen und zu Sehende nachzudenken.

Das ist ein Grundzug der Kunst seitdem wir begonnen haben, über sie nachzudenken. Sie schafft eine erste Illusion (über die Abbildung eines Textes oder eines Sachverhaltes), lässt sie dann als Illusion erkennen, um dann den Betrachter zu fragen, was eigentlich wahr ist, was evident ist und worüber er sich angesichts des Textes, des Sachverhaltes, des Bildes sicher ist.


B – Kontext

Soweit zur Einleitung. Die folgenden Ausführungen sind ursprünglich in einem etwas anderen Kontext entstanden. Über viele Jahre veranstaltete der Arbeitsbereich Religionspädagogik und Medienpädagogik (ARPM) der Ev. Luth. Landeskirche in Braunschweig jährlich ein interdisziplinäres Symposium „Natur- und Geisteswissenschaften im Gespräch“.

2016 lautete das Thema „Evidenz und Gewissheit“. Die Frage meines Impulses zu diesem Symposium lautete: Was ist eigentlich der Beitrag der Kunst zu diesem Thema? Und meine These lautete: Es sind gerade ihre Fähigkeit zu Illusion und Täuschung, die das allgemeine und das wissenschaftliche Gespräch über Evidenz und Gewissheit inspirieren können. Um dies zu zeigen, kann man unterschiedliche Wege gehen. Man kann auf den grundsätzlichen Charakter der Kunst rekurrieren, deren Geschäft es ist, mit dem Schein zu arbeiten. Oder man kann sich konkreten Phänomenen zuwenden.


Jacob van Hulsdonck (Antwerpen 1582-1647), Nektarinen und Trauben in einem Korb auf einem Tisch, mit Pflaumen, Orangen, einem Schmetterling, einem Käfer und einer Fliege

Ich habe mir nun eine exemplarische Auswahl aus der aufregenden Geschichte von Weintrauben, Fliegen und Bilderrahmen in der Kunst ausgesucht, um das von mir Gemeinte evident (augenfällig) zu machen.[5]


I – Die Trauben des Zeuxis (420 v.Chr.)

Der römische Gelehrte Plinius (23-79) überliefert uns im 35. Buch seiner Naturgeschichte folgende künstlerische Anekdote über einen Wettstreit der Maler Parrhasios (5./4. Jh. v.Chr.) und Zeuxis (5./4. Jh. v.Chr.):

[Der Maler Parrhasius] soll sich mit Zeuxis in einen Wettstreit eingelassen haben. Dieser brachte gemalte Weintrauben herbei, und die Wirkung war so vortrefflich, dass die Vögel zum Schauplatze herbeiflogen. Jener, der Parrhasius, erschien mit einem leinenen Gewand, das so wahr und natürlich vorgestellt war, dass Zeuxis, aufgeblasen durch das Urteil der Vögel, mit Heftigkeit forderte: man möchte doch endlich einmal das Gewand zurückschlagen, und die Malerei vorzeigen. Als er den Irrtum wahrnahm, gestand er mit unverhohlener Scham dem Parrhasius den Preis zu, weil er zwar die Vögel, Parrhasius aber ihn selbst als Künstler getäuscht hatte.[6]


Darstellung der Szene auf einem Kupferstich von Matthäus Merian d. Ä. (1593–1650)

Zeuxis soll auch nachher einen Knaben gemalt haben, der Trauben trug. Als ein Vogel herbeiflog, bezeugte er gleiche Offenherzigkeit, und war äußerst unzufrieden mit seinem Gemälde. Hitzig sagte er: Ich habe die Trauben besser gemalt, als den Knaben, denn hätt‘ ich diesem Vollkommenheit gegeben, so müssten sich die Vögel vor ihm scheuen.[7]

Diese Geschichte ist ein Ur-Mythos der Malerei. Er beschäftigt die Philosophen und die Künstler zu allen Zeiten, Verweise auf den Wettstreit zwischen Parrhasios und Zeuxis finden wir auf unzähligen Kunstwerken und in vielen Diskussionen bis in die Gegenwart. Und zunächst geht der Streit gar nicht um die philosophische Bedeutung und die künstlerische Leistung der Kunst als Kunst. Es geht auch nicht darum, wer das beste Kunstwerk schafft. Der Ursprungsmythos kreist vielmehr um Illusion und Täuschung. Kann ein Maler die Wahrheit / die Natur / die Wirklichkeit so imitieren, dass man sein Werk mit diesen verwechselt? Am Anfang geht es also nur darum, wem mit seiner Kunst die beste Illusion gelingt (und was der Maßstab des Gelingens einer derartigen Täuschung ist). Man könnte darin eine ironische Anspielung auf Platons Herabsetzung der Künste als bloß tertiäre Nachahmungskunst sehen.

Jedenfalls erscheint als implizites Kriterium der Anekdote der Umstand, dass eine Kreatur ein gemaltes Bild mit der Wirklichkeit verwechselt. Es soll eine scheinbare Gewissheit, eine illusionäre Evidenz hergestellt werden. Zeuxis gelingt dies, indem er einen Vogel mit gemalten Weintrauben täuscht. Parrhasios gelingt es, indem er den Illusionisten Zeuxis mit einem gemalten Vorhang täuscht. Der Wettbewerb ist erkennbar ungleich. Denn Zeuxis geht es bei seinem Werk nicht darum, einen Menschen zum Essen des Obstes zu verführen – er bleibt im Rahmen der Kunst. Parrhasios dagegen überschreitet diesen Rahmen, indem er die Kunst zur Ununterscheidbarkeit von Schein und Wirklichkeit führt. Plinius ergänzt / verschärft die Geschichte noch, indem er von einem weiteren oder sich anschließenden Vorfall erzählt, bei dem Zeuxis ein Bild eines Jungen mit Obst malt, das einen Vogel zum Naschen verführt, aber den Vogel nicht durch die Darstellung des Jungen abschreckt. Das enttäuscht Zeuxis – aber auch das basiert wiederum auf einer unzutreffenden naturkundlichen Annahme: dass Vögel immer Menschen scheuen. Mit Wahrnehmung hat das nicht zwingend zu tun. Trotzdem wird dieser Mythos in der Kunst des Barocks (etwa bei Caravaggio) reflektiert. Soweit die Anekdoten. Erst später stellt sich in ihrer philosophischen Untersuchung die Frage: Ist die Gewissheit der Kunst tatsächlich bedingt durch ihre Fähigkeit zur Täuschung, zur Herstellung von Evidenz?

Von Stephen Bann gibt es in seinem Buch „The True Vine“[8] (Die wahre Rebe) eine Fortsetzung der Anekdote, die die Einzelanekdoten zusammenführt. Lucius Burckhardt fasst sie zusammen:

Stephen Bann ist der Geschichte in der Literatur nachgegangen. Er fand in der Überlieferung eine zweite Fassung, die ich kurz erzähle. Nachdem Zeuxis sein Bild enthüllt hatte und selbst die Vögel von den Trauben getäuscht worden waren, nannte das Volk ihn, voreilig, den Sieger. Nach einer Weile aber sagte einer der Zuschauer: "Wieso haben denn die Vögel keine Angst vor dem Mädchen? Noch nie haben Vögel es gewagt, einem Mädchen Trauben aus der Hand wegzupicken!" Da wurden die Zuschauer nachdenklich und sagten: "Du hast Recht, die Vögel haben das Mädchen nicht erkannt, das Bild ist schlecht." Und Zeuxis darauf: "Jawohl, das Bild ist schlecht.“[9]

Soweit stimmt die Geschichte noch in etwa mit der antiken Überlieferung bei Plinius überein. Dann aber lässt Stephen Bann Zeuxis eine Alternative entwickeln. Zeuxis sagt:

„Ich werde hingehen und es verbessern. In einer Stunde bin ich wieder da." Nach einer Stunde erschien Zeuxis wieder mit seinem Bild auf dem Marktplatz. Und was hatte er verändert? Jeder dachte natürlich, und wir auch, er habe nun das Mädchen übermalt und zeige nur noch die Trauben. Aber ganz im Gegenteil: Er hatte die Trauben übermalt, und verblieben war das Mädchen. Das Volk drängte Zeuxis zu einer Erklärung. Er sagte: "Die Trauben waren schlecht gemalt, denn sie täuschten die Vögel. Das Mädchen aber ist reale Kunst, denn die Vögel haben es nicht erkannt." So dreht sich plötzlich die alte Geschichte um. Kunst ist eben nicht die bloße Nachahmung der sichtbaren Natur, sondern vielmehr eine Chiffre, die nur denjenigen eine Mitteilung macht, die sie auch verstehen. Die Trauben waren so anschaulich, dass auch die Vögel darauf hereinfielen. Das Mädchen aber war, so würden wir heute sagen, so stilisiert, dass nur Kunstverständige es erkennen konnten.[10]

Die Fortsetzung der Geschichte zielt auf die moderne Lösung des Kunstproblems, wie sie in der Folge durch die Philosophie der Aufklärung gefunden wurde, es geht um die Eigensprachlichkeit der Kunst. So lange Kunst auf Abbildlichkeit reduziert wird, bleibt sie gebunden an ein Drittes außerhalb des Werkes. Erst wenn sie autoreferentiell verstanden wird, gibt es einen Kunstdiskurs im modernen Sinn, der auf die Wahrheit der Kunst hinführt. Kunst ist das nicht für Tiere Gemachte. Das ist die moderne Pointe. Dieser Pointe scheint zunächst die Kunst des Trompe-l’oeil, die Illusionskunst entgegenzustehen. Aber auch sie darf nicht an ihrer Abbildlichkeit, sondern nur am Kunstcharakter gemessen werden.


II – Die Fliege des Giotto (1276)

2000 Jahre später entwirft Giorgio Vasari (1511-1574) in seinen 1568 erschienenen Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten einen weiteren Ur-Mythos der abendländischen Malerei und zwar über den jungen Giotto di Bondone:

„Von klein auf zeigte der Knabe in allem, was er tat, große Lebhaftigkeit und einen ungewöhnlich treffenden Verstand, weshalb er nicht nur seinem Vater, sondern allen, die ihn kannten, im Dorf und in dessen Umgegend sehr lieb war. Als er zehn Jahre alt wurde, gab ihm Bondone einige Schafe zu hüten, die er auf seinem Grundbesitz da und dort weiden ließ. Weil ihn seine Neigung zur Zeichenkunst trieb, vergnügte er sich damit, auf Steine, Erde und Sand immer etwas nach der Natur oder was ihm sonst in den Sinn kam zu zeichnen.


Cimabue entdeckt Giotto; Pierre Monier (1698): Histoire des Arts. Erste visuelle Darstellung des Motivs.

Da ging eines Tages Cimabue eines Geschäftes halber von Florenz nach Vespignano und fand Giotto, der, während seine Schafe weideten, auf einer glatten Steinplatte mit einem zugespitzten Steine ein Schaf nach dem Leben zeichnete, was ihn niemand gelehrt und was er nur von der Natur gelernt hatte. Cimabue blieb ganz verwundert stehen und fragte ihn, ob er mit ihm kommen und bei ihm bleiben wolle, worauf der Knabe antwortete: wenn sein Vater damit einverstanden sei, würde er es gerne tun. Cimabue erbat ihn darauf von Bondone, und dieser willigte ein, dass er ihn mit sich nach Florenz führe. Dort wurde der Knabe von Cimabue unterrichtet und lernte, von seinen Anlagen unterstützt, nach kurzer Zeit nicht nur den Stil seines Lehrers, sondern ahmte auch die Natur so treu nach, dass er die plumpe griechische Methode ganz verbannte und die neue und gute Kunst der Malerei wiedererweckte.“[11]

Giotto, so der die anhand von Biographien erzählte Kunstgeschichte eröffnende Mythos, ist der Begründer der modernen Malerei. Aber Vasari berichtet noch anderes:

 „Man erzählt auch, Giotto habe in der Zeit, da er noch als Knabe bei Cimabue war, einer Figur seines Meisters eine Fliege so natürlich auf die Nase gemalt, dass Cimabue, als er sich bei seiner Rückkehr an die Arbeit setzte, sie als eine wirkliche Fliege mehrmals mit der Hand fortscheuchen wollte, ehe er des Irrtums gewahr wurde.“[12]

Auch dieser von Vasari verbreitete Mythos ist – wie wir noch sehen werden – ein außerordentlich folgenreicher in der Geschichte der Kunst. Von nun an werden Fliegen auf Bildern – neben ihrer religiös bedingten negativen Konnotation (Beelzebub = Herr der Fliegen, nach 2. Kön. 1,2ff.) – immer auch ein Kriterium der Perfektion der Darstellungskraft eines Künstlers sein.

Zunächst aber ist die Anekdote keine über die Illusion, sondern eine über das Können bzw. die Begabung. Cimabue glaubt ja nicht, dass das von Giotto gemalte Schaf ein echtes ist, sondern er erkennt, Meister der Kunst, der er ist, dass er hier ein zeichnerisch herausragendes Talent vor sich hat. Dass Vasari dabei Wert auf die Feststellung legt, der junge Giotto habe nach der Natur und nach dem Sinn gemalt, ist dem Denken der Renaissance geschuldet: Während man im Mittelalter noch ohne Naturvorbild, sondern rein aus einer inneren Vision heraus und eher realitätsfern gestaltete, um eine übernatürliche, göttliche Schönheit zu zeigen, gilt seit der Renaissance das Arbeiten nach der Natur als empfehlenswerte Methode, realistisch darzustellen.

Der zweite Teil der Giotto-Anekdote knüpft wiederum kunstvoll bei Plinius und seiner Geschichte von Zeuxis und Parrhasios an. Auch bei Vasari gilt: Der Gipfel der künstlerischen Täuschungskunst ist es, einen anderen Künstler zu narren, hier sogar noch zugespitzt zur Aussage: die künstlerische Ausbildung ist vollendet, wenn es gelingt, den Meister zu täuschen, wenn ihm die visuelle Gewissheit vermittelt wird, er habe tatsächlich einen realen Gegenstand vor sich.

Anfang des 14. Jahrhunderts ist die Kunst noch nicht so weit, dass dieses Reflexionsverhältnis als „Kunst der Täuschung“ bzw. als Illusion in der Kunst selbst deutlich würde. Wir haben es nicht umsonst mit Erzählungen zu tun, die uns von Malern und ihren illusionistischen Fähigkeiten berichten. Von der überlieferten Kunst von Giotto lassen wir uns – zumindest aus heutiger Perspektive – nicht täuschen und wenn wir uns noch so anstrengen. Wir haben kein Werk des Zeuxis mit einer illusionistischen Weintraube und kein Werk des Giotto mit einer Fliege, die uns täuschen könnte. Beide Anekdoten sollen uns nur etwas verdeutlichen.

Erst mit der Entdeckung der Perspektive in der Kunst, wie sie etwa im Masaccios Trinitätsfresko zum Ausdruck kommt, bekommt die Kunst der Illusion ihre reale Plausibilität. In den 100 Jahren zwischen Giotto und Jan van Eyck wird die Malerei autoreflexiv, das heißt sie wendet sich der Leistung des Blicks im Bild selbst zu und macht dies dem Betrachter auch deutlich.[13] Sie bedarf nicht mehr der erzählerischen Anekdoten von Philosophen oder Kunstdeutern, um den Betrachter über Illusion und Täuschung, Evidenz und Gewissheit aufzuklären. Sie kann im Bild über die Leistung von Bildern sprechen.


III – Der Mönch und die Fliege (1446)


Petrus Christus, Portrait eines Kartäusers, 1446. 29,2x21,6 cm, Metropolitan Museum of Art, New York

Mit Jan van Eyck tritt die Kunst in ihr Zeitalter der Selbstreflexion. Nun wird nicht mehr nur über Kunst bzw. Bilder diskutiert, sondern mit und in ihr. Auf einem Kunstwerk aus dem Jahr 1446 von Petrus Christus (1410-1475), dem Schüler und Nachfolger Jan van Eycks in Brügge, sehen wir einen Kartäusermönch, der den Betrachter aus dem Bild heraus anblickt. Das Kunstwerk weist einige Merkwürdigkeiten auf.

Beginnen wir mit einem heute nicht mehr sichtbaren Detail. 1992 hat sich das Metropolitan Museum entschlossen, den bis dahin sichtbaren Heiligenschein auf dem Gemälde als spätere Zutat zu entfernen. Schon 1916 hatte der Kunsthistoriker Max J. Friedländer vermutet, dass der Heiligenschein nicht ursprünglich sei, sondern nachträglich hinzugefügt wurde.[14] Er entspricht eher dem Empfinden späterer Zeiten und steht zur Anlage des Bildes in einem völligen Gegensatz – weil der Blick in die falsche Richtung gelenkt wird. Auch der künstlerischen Bildaussage steht er im Wege. Denn alles ist auf Illusion und Täuschung angelegt, der Betrachter soll verwirrt werden, auf welche Schicht der Täuschung er gerade blickt. Da passt der Nimbus nicht in die Bildkonzeption.

Die zweite Merkwürdigkeit erkennen wir, wenn wir das Bild so betrachten, wie wir es im Metropolitan Museum sehen (links). Dort hat es – scheinbar – drei Rahmen. Der äußere Schattenfugenrahmen passt das Bild vermutlich an das Hängungsformat des Metropolitan Museums an. Der zweite hölzerne Rahmen (Mitte) stammt von einem vorherigen Besitzer. Der innere Rahmen (rechts) stammt von Petrus Christus selbst. Nachdem er das Portrait gemalt hat, hat er dem Werk einen gemalten(!) Rahmen verpasst, drei Seiten aus gemaltem Holz, eine Seite aus gemaltem Stein. Der Rahmen schafft eine Distanz zwischen Bildgegenstand und Betrachter.

Der Rahmen und hier insbesondere der gemalte Stein eröffnen aber noch einen weiteren Diskurs, nämlich den über Ewigkeit und Vergänglichkeit. Wessen Ruhm ist hier in Stein gemeißelt, wer ist hier Bildanlass und wer überlebt die Zeiten?

Das ist dann auch das Thema der dritten Merkwürdigkeit des Gemäldes, nämlich der gemalten Fliege auf dem gemalten Steinrand des Bildes. Es handelt sich um die erste Fliege, die wir als illusionistische Malerei in der Kunstgeschichte finden.[15] Die gemalte Fliege ist auf dem Bild gut 1 cm groß, also in etwa der Natur entsprechend. Irgendwie, so möchte man meinen, gehört diese Fliege dort nicht hin. Sie widerspricht der Erhabenheit des Bildgegenstandes, der Kontemplation des Kartäusermönches in einem auf Ewigkeit zielenden Rahmen.

Man ist geneigt – quasi wie seinerzeit Cimabue –, mit einer raschen Handbewegung die Fliege fortzujagen. Dann würde das Bild wieder stimmig sein und es wäre klar, was es mitzuteilen hat. Nun ist die Fliege aber da. Sie macht – bis heute – jede Gewissheit über den Bildgegenstand zunichte. Man kann sie nicht einfach auf Giotto beziehen, denn das Bild stammt von 1446, die Künstlerviten Vasaris erscheinen aber erst nach 1568. Zwar findet sich im Architek­turtraktat von Filarete von 1460 eine verwandte Erzählung, aber auch der ist erst nach dem Bild erschienen. Immerhin verweist er auf eine noch davor liegende schriftliche Quelle: “One reads of Giotto in one of his first works he painted flies and his master Cimabue was fooled by them, thinking they were alive, and wanted to chase them away with a cloth.”[16] Das Metropolitan Museum of Art rekurriert jedoch auf eine Episode aus den Bildschilderungen des Flavius Philostratos (165-244), die zumindest zu Lebzeiten von Petrus Christus zugänglich waren, und die von täuschend echten Bienen berichten.[17] Nun ist es von den “fleißigen Bienen” zu den omnipräsenten “Schmeißfliegen” auch künstlerisch ein weiter Weg. Es ist ja in der Kunst keineswegs gleichgültig, ob man symbolisch eine Biene, einen Schmetterling oder eine Fliege wählt. Bienen und Schmetterlinge haben eine eindeutige religiöse positive Konnotation, Fliegen eher nicht.[18]

In der Kunstgeschichte herrscht keine Einigkeit in der Deutung der Fliege in dieser Szene. Eine Mehrheit der Ausleger sieht in der Darstellung der Fliege vor allem einen Verweis auf den Beelzebul (Βεελζεβούλ) den „Herrn der Fliegen“, also in der christlichen Deutung den Teufel oder den Satan, so wie es in Markus 3, 22f. thematisch wird: Die Schriftgelehrten aber, die von Jerusalem herabgekommen waren, sprachen: Er hat den Beelzebul, und: Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Und er rief sie zu sich und sprach zu ihnen in Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben?

Aber was wäre der Sinn der Sinnestäuschung einer teuflischen Fliege auf dem gemalten Steinrahmen des Portrait-Bildes eines Kartäusermönches? Nun, die Fliege könnte die fortdauernde Gefährdung des Kartäusermönches durch die Welt anzeigen. Dann allerdings fragt sich, warum sie auf dem Bildrahmen platziert ist. Oder der aus dem Bild blickende Mönch könnte anhand der Fliege darauf verweisen, dass außerhalb des engeren Rahmens seines Klosters (und des Bildes) der Teufel das Sagen hat, gemäß dem Wahlspruch der Kartäuser: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht). Dann macht es Sinn, den Teufel gerade auf dem Rahmen zu platzieren.

Andere sehen dagegen in der Fliege einen selbstbewussten Hinweis auf das Können des Künstlers. Könnte man davon ausgehen, dass Petrus Christus eine Version des Mythos‘ von Giotto kennen würde, wäre es der Versuch, den Betrachter dazu zu verführen, ähnlich wie Cimabue die Fliege zu verscheuchen. Das würde zu einem Künstler passen, der aus der Schule von Jan van Eyck stammt. Aber dieser Aspekt ist eigentlich schon mit der Verewigung des Künstlers im steinernen Rahmen des Bildes abgedeckt.

Hans Belting sieht die eigentliche Botschaft im Kontrast zwischen dem dauerhaften Eintrag des Namens des Künstlers und der flüchtigen Fliege:

Petrus Christus hat den Stein in einem seiner Porträts wiederholt, aber auf eine andere Weise gedeutet, welche den Sinn Motivs noch deutlich erweitert. Wenn in seinem Porträt eines Kartäusers seine eigene Signatur in den Stein eingeschnitten scheint und über seinem Namen eine Fliege sitzt, dann eröffnet der Maler einen Kontrast zwischen dem unvergänglichen Stein und dem Anflug der Fliege, der die Dauer des Künstlerruhms bekräftigt. Das Porträt verewigt, so gesehen, nicht nur den dargestellten Menschen, sondern auch den darstellenden Maler. Nicht nur das Bildrecht des Modells, sondern auch die Kunst des Malers garantiert die Unvergänglichkeit der Erinnerung. In Abwandlung eines berühmten Verses von Horaz ist der Künstlerruhm so unvergänglich wie der Stein, den der Maler signiert.[19]

Die Fliege würde uns als „Eintagsfliege“ auf die Vergänglichkeit alles Lebens hinweisen, die Inschrift und das Porträt auf die Möglichkeit, diesen Begrenzungen zu entgehen. Mir scheint das Argument eine interessante, aber nicht zureichende Erklärung für die Verwendung der Fliege. Warum sollte der Auftraggeber sich mit einem so auffälligen Bilddetail zugunsten des Malers zufriedengegeben haben?

Warum wurde also der Fliege auf dem Bild des Kartäusermönches derart prominent Raum gegeben? Es bleibt ein Rätsel. Schauen wir uns das nächste Bild an.


IV – Der Heilige Geist und die Fliege (1470-75)


Wien, Österr. Nationalbibliothek, Cod. Ser. nova 2599, 1470/75, 143 x 108 mm

Unter der schönen Überschrift „Eine Fliege verirrt sich zu Pfingsten“ hat das Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit in Salzburg auf seinem Blog im Juli 2019 das nun in den Blick zu nehmende überaus rätselhafte Bild vorgestellt.[20] Es stammt aus einem Stundenbuch, dessen Kunst dem Lehrbuch-Meister[21] zugeschrieben wird, und das etwa zwischen 1470 und 1475 hergestellt wurde (also etwa 30 Jahre nach dem zuvor betrachteten Bild). Dieses Stundenbuch umfasst 184 Blätter, die Blattgröße ist dabei (nur) 143 x 108 mm. Die Blattgröße ist vor allem im Zusammenhang mit der abgebildeten Fliege bedeutsam.

Auf dem Bild sehen wir von außen nach innen zunächst eine Blumenranke mit fünf Vögeln und einigen Früchten (u.a. Erdbeeren und Disteln). Diese sind auf Goldgrund aufgetragen, der sich dann noch einmal in der zweiten Rahmung wiederholt, nur dass hier Edelsteine als Schmuck simuliert wird. Diese beiden Rahmungen eröffnen nun den Blick auf das zentrale Geschehen im Zentrum des Blattes.

Diese Kernszene auf dem Blatt ist etwa 55 x 80 mm groß. Sie zeigt uns jenes Geschehen, das wir heute unter „Pfingsten“ zusammenfassen (Apostelgeschichte 2, 1-41).

Wir blicken durch einen mit Kapitellen geschmückten Bogen, der einen Raum zeigt, der von Strebebögen überwölbt ist. Wir befinden uns offenbar in einem religiösen Raum, wie wir ihn auch von gotischen Kirchen des Mittelalters kennen.

An der hinteren Wand des Raumes sehen wir neben einer großen Wandkerze ein Kirchenfenster aus Butzen- oder Tellerscheiben, dessen unterer Teil von einer im Vergleich zum Kirchenfenster überdimensionierten Taube als Symbol des Heiligen Geistes ausgefüllt ist. Die Spannweite einer Taube ist maximal 70 cm, diese Maße überschreitet die dargestellte Taube bei weitem.

Im Vordergrund sehen wir die versammelten Jüngerinnen und Jünger Jesu mit Maria im Zentrum. Für ihre Anwesenheit gibt es zwar im biblischen Text keinen Anhalt, sie ist aber ikonographisch die Regel. Maria gilt ihr als die Mutter der Kirche und Pfingsten als der Ursprung der Kirche. Was auf dem Bild fehlt, sind die züngelnden Flammen, die ansonsten für Pfingstbilder charakteristisch sind.

In diesem Falle müsste man eine Relation zwischen der Größe des Bildes und einer typischen Fliege herstellen. Die Kernszene ist 5,5 cm breit, die dargestellte Fliege also gut 1cm lang.

Damit entspricht sie ziemlich exakt der Größe einer normalen Fliege aus der Lebenswelt, die sich für einen Moment auf dem Bild niederlassen würde.

Nun bin ich mir nicht sicher, ob ein Leser des Codexes tatsächlich auch nur für einen Augenblick meinen könnte, es habe sich tatsächlich eine reale Fliege in sein Buch verirrt und sei auf dem Pfingstbild neben der gemalten Taube gelandet. Dafür ist die Fliege zu wenig illusionistisch. Ein Beispiel für eine derartige bewusst herbeigeführte Illusion werden wir nachher noch anhand einer Werbung der Firma Lezard genauer betrachten.

Beim Codex wird man die Fliege sofort als bewusst dorthin platzierte, aber gemalte Fliege erkennen. Und der Betrachter muss sich fragen: warum wurde sie vom Künstler dorthin platziert? Welchen Sinn hat eine Fliege auf dem Bild, die im Kontext von Pfingsten erscheint? Wäre es nur „eine Art Scherzo …, ein Überraschungseffekt, der in der Verbindung von Taube und Fliege einen gewissen Witz beinhaltet“ wie es das Institut für Realienkunde auf seinem Blog beschreibt, schiene es mir unterbestimmt. Warum sollte sich der Auftraggeber darauf einlassen? Denkbar wäre die Gefährdung der Lektüre der Hl. Schriften durch triviale Momente; so wie Maria und Petrus sich in die Schriften versenken und durch nichts ablenken lassen, soll sich auch der Leser des Stundenbuches sich nicht ablenken lassen – auch nicht von einer Fliege. Das wäre die einfachste Lösung für das Rätsel der Fliege auf dem Pfingstbild.

Es wäre aber auch denkbar, dass die Fliege trotz allem die fortdauernde Gegenwart des Bösen in einer Welt lange nach dem konkreten Pfingstereignis anzeigt.

Auf einer berühmten Miniatur von Jean Fouquet aus der Zeit zwischen 1452 und 1460, also etwa 20 Jahr vor dem gerade betrachteten Bild, sehen wir das Pfingstereignis inkulturiert in die Stadt Paris. Illustriert ist mit dem Bild die Seite, die die Eröffnungsworte des Abendgebetes (Vesper) für die Stunden des Heiligen Geistes enthält.

Es zeigt eine Gruppe von Gläubigen, die im Vordergrund auf einer Terrasse stehen und – wie im historischen Pfingstereignis – nach oben schauen, wo sich die Hand Gottes zeigt, der einen goldenen Strahl auf sie herabsendet. Auffällig sind dabei zwei Gruppen von Teufeln oder Dämonen, die von der Hand Gottes weg nach links und rechts fliehen.

Das Thema Pfingsten ist auf diesem Bild höchst ungewöhnlich aufgegriffen, die ikonographische Zusammenstellung überrascht eben­so wie die topografisch genaue Wiedergabe des mittelalterlichen Paris.[22]

Bemerkenswert ist aber vor allem die Darstellung der Pfingstfeier als fortgesetzter Kampf gegen die Dämonen und Teufel.[23]

Wenn Gott nicht den Heiligen Geist auf die Erde sendet und wenn die Menschen nicht bereit sind, seinen Geist zu empfangen, dann besetzen die Dämonen seinen Raum bei den Menschen. So könnte man das Bild verstehen.

Und diese Deutung könnte man dann auf das zuvor betrachtete Bild übertragen. Auch wenn das Bild ein historisches Geschehen vergegenwärtigt, so ist doch außerhalb des Bildes (in der Welt der Leserinnen und Leser) die Auseinandersetzung noch nicht beendet, jederzeit kann die Fliege den Platz der Taube einnehmen.


V – Christus und die Fliegen (1480)


Carlo Crivelli, Madonna mit Kind, ca. 1480, Tempera und Gold auf Holz, 36.5 x 23.5 cm

Mit Carlo Crivelli (1430-1500) kommen wir nun zu einem Maler, der das illusionistische Spiel mit Symbol und Perspektive perfekt beherrscht (und doch nur sehr begrenzt davon Gebrauch macht). In seinen zahlreichen Bildern der Madonna mit Kind kommt mehrfach die Fliege vor und im Vergleich zu Petrus Christus treibt er das Spiel noch weiter. Blicken wir auf jene Madonna mit Kind, die Crivelli 1480 gemalt hat und die heute im Metropolitan Museum of Art in New York hängt, dann sehen wir eine sehr anspielungsreiche Darstellung.[24] Im Bildhintergrund sehen wir eine Waldlandschaft, in der ‚Ungläubige‘ (Türken) ihres Weges ziehen. Im Bildvordergrund ist ein Tuch drapiert, vor dem die puppenhaft geratene Madonna mit dem Christuskind zu sehen ist. Rechts und links von ihr sehen wir Äpfel und Flaschenkürbis, das Jesuskind presst einen Stieglitz an sich. Abgeschlossen wird das Bild nach unten von einer Steinmauer mit Tuch und Kissen, auf dem das Christuskind sitzt. Der Apfel verweist auf den Sündenfall, der Stieglitz auf die Erlösung durch Christus und die Flaschengurke auf die Ausbreitung des Christentums.

Auf den ersten Blick scheint es, als ob das Christuskind sich der Fliege zugewendet habe, die auf der Mauer am linken Bildrand Platz genommen hat. Zumindest seine gesamte Körperhaltung spricht dafür, sein Kopf ist Richtung Fliege gewendet. Tatsächlich blickt das Kind jedoch von der Fliege weg auf den Stieglitz. Die Augen sind ganz nach links gewendet, die Wahrnehmung von der Fliege völlig unbeeinflusst. Körperhaltung und Augenschein divergieren.

Welche Funktion hat dann aber die Fliege, wenn Jesus sie – anders als übrigens Maria – nicht im Blick hat? Der Betrachter sieht sie ja prominent. Man könnte zunächst vermuten, sie säße im Bild auf der Mauer. Sie wäre dann ein Teil des symbolischen Beziehungsspiels zwischen Sünde und Erlösung. Im Neuen Testament kommt die Fliege, obwohl eigentlich im Vorderen Orient ein geradezu omnipräsentes Tier, kaum vor. Alttestamentlich könnte man an Prediger 10,1 denken (Tote Fliegen lassen duftendes Öl stinken und gären – schon ein wenig Dummheit wiegt schwerer als Weisheit und Ansehen), aber die Fliege ist hier ja höchst vital dargestellt. Die Bedeutung der Fliege in der christlichen Kunst bildet sich in späterer Zeit:

Insekten. Sie symbolisieren überwiegend das Böse, das Laster, die Sünde sowie Dämonen und Teufel. An erster Stelle sind in diesem Sinne die Fliegen in bildliche Darstellungen eingegangen; sie sind vor allem in den ornamentalen Randleisten mittelalterlichen Miniaturen zu finden. Bei den Kirchenvätern und auch noch bei Goethe heißt Beelzebub oder Baalzebub der ‚Herr der Fliegen und der Mäuse‘. Den Kirchenvätern galt die Fliege auch als Sinnbild des Gott fernen Menschen und des Ketzers.[25]

Die Maße der Bildfläche werden mit 36,5 x 23,5 cm angegeben. Der Stieglitz hat demnach auf dem gemalten Bild eine Spannweite von etwa 3,1 cm. Real wird seine Flügelspannweite mit 21-25 cm angegeben. Der angewendete Maßstab ist also 1:7. Eine klassische Stubenfliege hat eine Größe von etwa 7 mm. Übertragen würde das bedeuten, dass sie bei einem Maßstab von 1:7 auf dem Bild mit 1 Millimetern abgebildet sein müsste. Tatsächlich ist sie aber etwa 10 mm groß, also minimal größer als in der Natur. Sie ist in Originalgröße dargestellt.[26]

Das ist auf dem Bild auch augenfällig. Zieht man die Fliege nach rechts zum Fuß des Christuskindes, dann erkennt man, dass sie im Maßstab viel zu groß geraten ist, um wirklich Teil des Bildes selbst zu sein. Die Fliege hat die gleiche Größe wie der Fuß des Kindes. Sie kann somit unter normalen Abbildungsgesichtspunkten nicht im Bild sitzen. Wo aber sitzt sie dann?

Die Darstellung von Carlo Crivelli macht nur Sinn, wenn man sich die Fliege zunächst außerhalb des gemalten, ursprünglichen Werkes ‚Madonna mit Kind‘ denkt. Sie sitzt auf der Bildfläche. Auch der Schatten, den sie wirft, müsste dann von einer anderen Lichtquelle erzeugt sein als die Schatten im Bild. Die Fliege bildet sozusagen, um es im heutigen Sprachgebrauch auszudrücken, einen separaten Layer, eine eigene Ebene. Und von diesem Moment fertigt Crivelli das jetzt zu sehende Bild an.

Anders als bei der Erzählung von Philostrat („Weil aber das Bild nach Wirklichkeit strebt, lässt es auch ein wenig Tau von den Blumen triefen, auf die sich sogar eine Biene setzt - ich weiß nicht, ob irregeführt von der Malerei oder ob wir getäuscht sein sollen und sie für echt halten. Mag sein, wie es will!“[27]) kann der Betrachter hier eine Entscheidung herbeiführen. Er muss zu der Schlussfolgerung kommen: Der Maler Crivelli malt eine Fliege, die sich auf (s)ein Bild setzt, das er von der Madonna mit Kind gemalt hat.

Noch nicht entschieden ist dabei die Bedeutung dieser Szene. Die Illusion der Fliege (im doppelten Sinne) sagt noch nichts darüber aus, wofür sie steht. Wenn sie zwischen der Welt des Betrachters und der Welt des dargestellten Bildthemas (Christus als Erlösung für die Welt) platziert ist, kann sie immer noch als Symbol des Teufels gedeutet werden (so Herbert Friedman 1946[28]) oder eben als Zeichen der künstlerischen Begabung Crivellis (so Norman Land 1996[29]). Da dieses Mal die Fliege extrem weit von der Signatur entfernt ist, ist aber auch diese Lösung nicht unmittelbar einsichtig. Verschärfend kommt noch hinzu, dass paradoxerweise die Madonna die Fliege außerhalb des Bildes im Blick zu haben scheint.

Der vergleichende Blick auf andere Gemälde von Crivelli hilft insofern auch nicht weiter, als dass dort zwar auch Fliegen vorkommen, sie aber anders gemalt und platziert sind (immer in der Nähe der Verfasserangabe).

Der Betrachter des Gemäldes im Metropolitan Museum of Art in New York blickt mit anderen Worten auf eine Konstellation, die alles tut, sich einer eindeutigen Lesart zu entziehen. Er muss das Bild einer Fliege auf einem Bild in Beziehung setzen mit dem Bild der Madonna mit Kind und dieses Bild noch einmal relationieren mit dem davon abgehobenen Bildhintergrund der zahlreichen Turban-tragenden Mohammedaner als Sinnbild der Ungläubigen. Die Täuschungen und illusionistischen Effekte dienen hier nichtsdestotrotz einer anzuzielenden Erkenntnis: dem Erlösungswerk Christi. Und dieses Erlösungswerk ist stets gefährdet.

Auf einem „Madonna mit Kind“-Bild von Vittorio Crivelli, dem Bruder von Carlo Crivelli aus dem gleichen Jahr, trägt die Madonna einen goldgewirkten Mantel, in dessen Muster unschwer der Teufel zu erkennen ist.[30] Hier ist der Teufel der Madonna sozusagen an den Leib gerückt. Wie real die Gefahr des Teufels ist, ist die Frage.


VI – Die Kunst des Trompe-l’oeil (1874)

Die Jahrhunderte nach Crivelli werden sich vor allem der Kunst der Augentäuschung widmen. Trompe-l'oeil (frz. „täusche das Auge“, von tromper „täuschen“ und l’œil „das Auge“) ist „der Sammelname für jene Kunst-Stücke, deren Anblick das aus dem Wesen der Kunst entspringende Wechselspiel zwischen Schein und Wahrheit eigens zur Erscheinung bringt.“[31]

Die Kunst des Trompe-l’oeil, so sehr sie auch schon in der Antike angedacht war, findet malerisch doch erst mit der früheren flämischen Malerei und der 100 Jahre später ausgestalteten Perspektivmalerei ihre realen Grundlagen. Nun erst sind wirkliche Täuschungen möglich. Beim nebenstehend abgebildeten Werk von Jan van Huysum meint man natürlich spontan, Gegenstand des zu betrachtenden Bildes sei eine Blumendarstellung und nicht, wie sich dann bei genauerer Betrachtung herausstellt, ein Löschblatt auf einer Blumendarstellung. Hier hat das Löschblatt quasi die Fliege ersetzt.

Aber auch in dieser Zeit waren Fliegen als Accessoires auf Kunstwerken und hier vor allem auf Stillleben noch weit verbreitet wie man auf dem schönen Bild von Brandel vom Ende des 17. Jahrhunderts sieht. Die Fliege wandelt sich dabei vom Symbol des Teuflischen zum Symbol des Vergänglichen.

Es gehört zur Ironie der Kunstgeschichte, dass in dem Moment, als die Kunst des Tromp-l’oeil ihren Höhepunkt erreicht, sie malerisch auch schon überholt ist.

Die Erfindung der Fotographie und die Hinwendung der Künstlerinnen und Künstler zum Impressionismus, Symbolismus, Expressionismus und Kubismus machen die Kunst der Augentäuschung – zumindest bis zur Kunstbewegung des Fotorealismus' Ende der 60er-Jahre – zu einem abgeschlossenen Kapitel der Kunstgeschichte.[32]

Trotzdem gibt es bis in die Gegenwart Kunstpositionen, die die Kunst der Augentäuschung weiter vorantreiben, dabei aber das Reflexiv-Werden der Kunst der Moderne mitbedenken.

Werfen wir aber noch einen Blick auf ein Schlüsselwerk des Trompe-l’oeil des 19. Jahrhunderts. Auch hier geht es um einen Rahmen, einen gemalten Ramen, aber er trägt keine Fliege mehr, weil der porträtierte Protagonist gleich ganz aus dem Bild aussteigt und scheinbar in die Welt der Betrachterinnen und Betrachter wechselt.


Pere Borrell del Caso, Knabe aus dem Bild tretend (Flucht vor der Kritik), 1874

Das Kunstwerk Knabe aus dem Bild tretend (Flucht vor der Kritik) von Pere Borrell del Caso (1835-1910) aus dem Jahr 1874 zeigt einen Jungen, der aus einem nicht näher erkennbaren Bildraum durch den Rahmen aus dem Bild heraussteigt. Er hat die Augen weit aufgerissen und blickt auf irgendein Geschehen rechts vom Betrachter. Man könnte dieses Bild als Flucht aus dem Eskapismus verstehen, als Flucht aus dem Bild.

„In historischem Kontext könnte das Bild als Beispiel dafür gelten, dass die naturalistische Porträtmalerei auf dem Weg ist, von der Bildfläche zu verschwinden ..., oder dafür, dass die Künste den sozialen Raum zu erobern beginnen, was sie einige Jahrzehnte nach der Entstehung dieses Gemäldes ja auch taten. ... Die [Bedeutung des Bildes] liegt einerseits im schon erwähnten Fakt, dass der Knabe scheinbar in den Betrachterraum zu steigen scheint, das Bild also als aktiv dem Betrachter entgegentretend, aktiv vor ihm seiend, allegorisiert wird. Andererseits liegt die übertragene Bedeutung des Bildes darin, dass der Knabe seinen Blick gerade nicht auf den Betrachter richtet, dass er als Subjekt seine eigenen Ziele und Absichten hat und sich in seinem Blick seine sich dem Publikum nicht erschließenden Emotionen und Wahrnehmungen spiegeln. Als Bild einer Allegorie des Bildes kann der Knabe somit als (selbst)reflexiver Ausdruck der Malerei verstanden werden“.[33]

Der Schritt aus dem Bild bedeutet das Ende der Illusionen – so könnte man es hoffnungsvoll zusammenfassen. Aber auch das ist eine Täuschung.

Denn zum einen ist dieser Schritt der Kunst nur allegorisch möglich. Denn der Schritt aus dem Bild heraus, so sehr die Kunst des 20. Jahrhunderts diesem Impuls folgen wird,[34] ist als Erscheinung auch nur ein Schein.

Und sobald sich die Kunst ganz in die Wirklichkeit begibt, wenn sie selbst den Schritt der De-Kontextualisierung der Objekte der Lebenswelt unterlässt, wird sie eben ununterscheidbar.

Wäre nicht die Frage nach der Zukunft von Kunst unfruchtbar und der Technokratie verdächtig, sie spitzte wohl darauf sich zu, ob Kunst den Schein überleben könne.[35]


VII – Das Ende der Fliegen

Ich kehre noch einmal kurz zu den Fliegen zurück. Vor einigen Jahren gab es das großformatige „Foto-, Popkultur und Lifestyle-Magazin“ MAX, das vor allem von Reklametreibenden für Experimente genutzt wurde.[36] In einer seiner Ausgaben blätterte man wie gewohnt durch das Magazin um plötzlich auf eine fast weiße Doppelseite zu stoßen, ähnlich den White Paintings von Robert Rauschenberg, nur eben als Diptychon.[37] Die Seiten waren aber nicht ganz leer.

Der Blick ging quasi automatisch nach rechts oben, wo er auf die Reste einer zer­quetsch­ten Fliege stieß. Der anschließende Blick nach links zeigte, dass es der Betrachter war, der scheinbar diese Fliege mit der Zeitung zerquetscht hatte, denn dort fanden sich noch Reste eines Fliegenflügels. Die Reklame setzt auf ein spontanes Gefühl des Entsetzens. Irgendwie war eine Fliege zwischen die Magazinseiten gekrabbelt und dort hatte man sie getötet. Dann richtete sich der Blick nach unten und man las dort: Das Leben kann so plötzlich enden. Genießen Sie jeden Tag.

Hier kommen alle bisher erörterten Elemente zusammen und werden von der Reklame in eine neue Konstellation gebracht: von den Weintrauben des Zeuxis und dem Vorhang des Parrhasios, über die Biene Philostrats und die Fliegen von Giotto, Petrus Christus und Crivelli bis zum scheinbaren Ausstieg aus dem Bild in die brutale Wirklichkeit. Und all das nur, um exklusive Kleidung zu verkaufen. Rene Lezard – leider teuer. Ja, die Werbung ist ein lächelndes Aas,[38] das von den untergegangenen Produkten der Kulturgeschichte zeugt. [39]

Vieles von dem, was einmal die Frage nach Evidenz und Gewissheit mit dem Verweis auf die konstitutive Illusion und Täuschung der Kunst beantwortete, mit dem Verweis auf eine Wahrheit, die von der Wahrheitsfrage befreit ist, dient der entfesselten Reklame nur noch als Trigger, um Produkte zu verkaufen.

Im Reklamecharakter der Kultur geht deren Differenz vom praktischen Leben unter. Der ästhetische Schein wird zum Glanz, den Reklame an die Waren zediert, die ihn absorbieren; jenes Moment der Selbständigkeit jedoch, das Philosophie eben unterm ästhetischen Schein begriff, wird verloren. Allerorten verwischt sich die Grenze zur empirischen Realität.[40]

Die Werbung ist kein Kunst-Stück[41], dessen Anblick das aus dem Wesen der Kunst entspringende Wechselspiel zwischen Schein und Wahrheit eigens zur Erscheinung bringt. Sie blickt vielmehr aufmerksam auf die Geschichte der künstlerischen Aufmerksamkeitserzeugung und nutzt diese für ihre Zwecke. Aber auch ihre wahrgenommene Botschaft kann nur lauten: nichts ist evident, es scheint nur so. Nichts ist gewiss, schau noch einmal genauer hin!


VIII – Epilog: Illusion und Täuschung

Meine zusammenfassende These nach dem Parcours durch die Täuschungskunst der Jahrhunderte lautet: Die Kunst ist so etwas wie die Traumzeit von Evidenz und Gewissheit.[42] Der Ethnologe Hans Peter Duerr hatte 1978 mit seinem Buch Traumzeit. Über die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation[43] zu zeigen versucht, dass wir zwar

„viele Einzelheiten über die Welt wissen mögen, dass unsere Zivilisation jedoch im Verlaufe ihrer Entwicklung eine grundlegende Erfahrung verdrängt hat, die Erfahrung nämlich, dass wir nur wissen können, wer wir sind, wenn wir die Grenzen unserer eigenen Lebensform überschritten haben, wenn wir in deren Augen ‚gestorben‘ oder ‚wild‘ geworden sind.“[44]

Duerr zielte dabei auf den Exotismus des Wilden, aber mit der Kunst, mit den künstlerischen Bildern haben sich die Menschen schon vor 40.000 Jahren eine eigene, eine eigenartige Grenze geschaffen, die zu überschreiten dazu führt, dass Evidenzen und Gewissheiten erschüttert werden. Und manchmal bedient sie sich dabei der Illusion und der Täuschung. Das kann man den Wahrheitsgehalt der Kunst nennen.

Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.[45]


Anmerkungen

[1]    Zu Giotto grundlegend: Hetzer, Theodor (1981): Giotto. Mittenwald: Mäander; Stuttgart Urachhaus (Hetzer, 1). Imdahl, Max (1996): Über einige narrative Strukturen in den Arenafresken Giottos (1973). In: Max Imdahl: Gesammelte Schriften, 3 Bde. Zur Kunst der Moderne; Zur Kunst der Tradition; Reflexion, Theorie, Methode, Bd. 2: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft), S. 180–209.

[2]    Theodor Hetzer, a.a.O., S. 82-89; Max Imdahl, a.a.O., 193-199.

[3]    Max Imdahl, a.a.O., S. 195f.

[4]    Max Imdahl, a.a.O., S. 187ff.

[5]    Dementsprechend ist eine etwas andere Variante dieses Textes zuerst publiziert in: Mertin, Andreas (2016): Illusion und Täuschung. Was wir an der Kunst lernen können. Notizen zu Weintrauben, Fliegen und Bilderrahmen. In: braunschweiger beiträge (1), S. 45–57.

[6]    Plinius Secundus, Caius; Große, Gottfried (1781): Caius Plinius Secundus Naturgeschichte. Unter Mitarbeit von übersetzt von Gottfried Große. Frankfurt am Main: Hermann (Sammlung der neuesten Uebersetzungen der römischen Prosaiker, 11). S. 59

[7]    Ebd., S. 59f.

[8]    Bann, Stephen (1989): The true vine. On visual representation and the western tradition. Cambridge England, New York: Cambridge University Press (Cambridge new art history and criticism).

[9]    Burckhardt, Lucius (1999): Natura Maestra. Über Pflanzen, Tiere, Landschaft, und andere Phänomene in Natur und Kunst. In: Paolo Bianchi (Hg.): Künstler als Gärtner. Ruppichteroth: Verlag Kunstforum (Kunstforum International, 145.1999), 181ff.

[10]   Ebd.

[11]   Giorgio Vasari: Künstler der Renaissance - Kapitel 5: Giotto, http://gutenberg.spiegel.de/buch/-110/5

[12]   Ebd.

[13]   Vgl. dazu Belting, Hans (2013): Spiegel der Welt. Die Erfindung des Gemäldes in den Niederlanden. 2. Aufl. München: Beck, C H (Beck'sche Reihe, 1830), insbesondere Kapitel 6: Eine gemalte Anthropologie des Blicks (S. 75ff.)

[14]   Friedländer, Max Jacob (1965): Von van Eyck bis Bruegel. 2. Aufl. Köln: Phaidon (Die frühen niederländischen Maler). S. 17f.

[15]   Vgl. Steven Connor, Flysight, http://stevenconnor.com/flysight.html

[16]   Filarete (Antonio di Piero Averlino) (1965), Filarete’s Treatise on Architecture, Being the Treatise of Antonio di Pietro Averlino, known as Filarete, trans. John R. Spencer, 2 vols, New Haven and London: Yale University Press. 2: 121r

[17]   Philostrat, Eikones 1,23: „Weil aber das Bild nach Wirklichkeit strebt, lässt es auch ein wenig Tau von den Blumen triefen, auf die sich sogar eine Biene setzt - ich weiß nicht, ob irregeführt von der Malerei oder ob wir getäuscht sein sollen und sie für echt halten. Mag sein, wie es will!“

[18]   Das Lexikon der christlichen Ikonographie verzeichnet jedenfalls nur Biene und Schmetterling, die Fliegen nicht.

[19]   Belting, Hans (2013): Spiegel der Welt, a.a.O., S. 69f.

[20]   Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit (2019): Eine Fliege veriirt zu zu Pfingsten. Hg. v. realonline. Salzburg. Online verfügbar unter https://realonline.imareal.sbg.ac.at/2019/06/05/eine-fliege-verirrt-sich-zu-pfingsten/ , zuletzt geprüft am 03.02.2020.

[22]   Vgl. Mertin, Andreas (2019): Prequel zu: Wie liest man eine Kathedrale? Notre Dame de Paris in der Kunst. In: tà katoptrizómena, Jg. 21, H. 120. https://www.theomag.de/120/am672.htm.  

[23]   Vgl. Mertin, Andreas (2020): Teuflisch schön. Materialien zur Ästhetik des Bösen. In: tà katoptrizómena, Jg. 22, H. 123. https://www.theomag.de/123/am687.htm.  

[24]   https://www.metmuseum.org/art/collection/search/436052: “This perfectly preserved work is one of the artist's most exquisite pictures. Flemish painting may have inspired the remarkable precision of detail in the background, where turbaned figures (infidels) stroll. Trompe-l’oeil details are played against the doll-like prettiness of the Virgin. The apples and fly are symbols of sin and evil and are opposed to the cucumber and the goldfinch, symbols of redemption. Crivelli’s signature is on what looks like a piece of paper attached to the watered-silk cloth with wax.” Metropolitan Museum of Art, New York

[25]   Sachs, Hannelore; Badstübner, Ernst; Neumann, Helga (1989): Erklärendes Wörterbuch zur christlichen Kunst. Hanau: Dausien. Art. Insekten, S. 189.

[26]   Das gilt auch für einige andere symbolische Elemente des Bildes. Der Apfel rechts oben hat eine Darstellungsgröße von 4 cm, seine normale lebensweltliche Größe wäre allerdings nur 7-9 cm und nicht 21 cm. Der Flaschenkürbis dagegen hat eine Darstellungsgröße von 7 cm und wird in der Realität zwischen 10 cm und einem Meter lang.

[27]   Philostratos (2014): Die Bilder. Hg. v. Otto Schönberger. Berlin: de Gruyter (Sammlung Tusculum).

[28]   Friedman, Herbert (1946): The Symbolic Goldfinch. Its History and Significance in European Devotional Art. 157 Illustrations: Pantheon Books (The Bollingen series).

[29]   Land, Norman E. (1996): Giotto's fly, Cimabue's gesture, and a Madonna and Child by Carlo Crivelli. In: Source 15 (4), S. 11–15. Vgl. auch Land, Norman E. (2014): Vasari’s Vita of Giotto. In: David J. Cast (Hg.): The Ashgate Research Companion to Giorgio Vasari. Farnham: Ashgate Publishing Ltd, S. 77–90.

[31]   Kohler, Georg (1980): Der Mönch und die Fliege. In: Du : die Zeitschrift der Kultur 40 (06), S. 18–20.

[32]   Der Fotorealismus ist aber ein ganz anderer Ansatz. Seine „Täuschungsabsicht“ besteht nicht im Blick auf die Lebenswelt oder die Wirklichkeit, sondern gegenüber dem Betrachter, der glaubt, ein Foto vor sich zu haben.

[33]   Thaler, Alice (2015): Von ontologischen Dualismen des Bildes. Philosophische Ästhetik als Grundlage kunstwissenschaftlicher Hermeneutik. -Zürich, 2012. Basel: Schwabe (Zürcher Arbeiten zur Philosophie, 4). S. 260f.

[34]   Franz, Erich (1992): Die zweite Revolution der Moderne. In: Erich Franz (Hg.): Das offene Bild. Aspekte der Moderne in Europa nach 1945. Stuttgart: Ed. Cantz.

[35]   Adorno, Theodor W. (2014): Ästhetische Theorie. 5. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1707). S. 156.

[36]   https://de.wikipedia.org/wiki/Max_(Zeitschrift); Vgl. auch Mertin, Andreas; Futterlieb, Hartmut (2001): Werbung als Thema des Religionsunterrichts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

[38]   Toscani, Oliviero (1997): Die Werbung ist ein lächelndes Aas. 7. - 9. Tsd. Frankfurt/M: Fischer (Fischer, 13564).

[40]   Adorno, Theodor W.; Horkheimer, Max (2004): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. In: Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften in 20 Bänden, Bd. 3: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft). S. 299.

[41]   Schirner, Michael (1988): Werbung ist Kunst. München: Klinkhardt; & Biermann.

[43]   Duerr, Hans Peter (1982): Traumzeit. Über die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation. 6.Aufl. Frankfurt am Main.

[44]   Ebd., Klappentext.

[45]   Adorno, Theodor W. (2004): Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. In: Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften in 20 Bänden, Bd. 4: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft). (MM 143)

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/125/am689.htm
© Andreas Mertin, 2020