Sakralbau

Ein Foto aus dem Bürgerkrieg

Eine Rezension

Andreas Mertin

Stegers, Rudolf (2008): Entwurfsatlas Sakralbau. 1. Aufl. Basel: Birkhäuser.

Bücher über den so genannten Sakralbau bzw. den Bau von Kirchen, Synagogen und Moscheen sind seit einiger Zeit wieder en vogue. Die Recherche beim Buchhändler ergibt eine Fülle von Titeln insbesondere auch zum Kirchenbau der neueren Zeit. Dazu gehören etwa das von Wolfgang Jean Stock herausgegebene monumentale Buch „Europäischer Kirchenbau 1950-2000“, „Contemporary Church Architecture“ von Edwin Heathcote und Laura Moffatt von Wiley & Sons, „Gottes neue Häuser“ von Matthias Ludwig und Reinhard Mawick, „Raum und Religion: Europäische Positionen im Sakralbau. Deutschland / Österreich / Polen“ von Marcus Nitschke oder auch „Zelt, Schiff und Wohnung: Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne“ von Kerstin Wittmann-Englert. Es scheint, dass nachdem auch der größeren Öffentlichkeit deutlich wird, dass wir keiner religionslosen Zeit entgegen gehen, das Interesse an der architektonischen Gestaltwerdung von Religion zunimmt. Architekten interessieren sich wieder für die Bauform „Kirche“ bzw. „Kapelle“ oder auch „Raum der Stille“ und suchen ihren Stil auch in dieser Bauform zu erproben.

Der hier vorzustellende Entwurfsatlas Sakralbau von Rudolf Stegers, der im Mai 2008 erschienen ist, geht über den engeren Rahmen des christlichen Kirchenbaus hinaus und stellt Kirchen, Synagogen, Moscheen und Abschiedsräume seit den 70er-Jahren vor. Er „richtet das Interesse primär auf die Praxis, auf die Belange des Entwerfens neuer Gottesdienstgebäude.“

Eingeleitet wird das Buch durch grundlegende theoretische Texte:

  • Zur Geschichte und Gegenwarts des Kirchenbaus von Rudolf Stegers.
  • Zur jüngeren Geschichte und Gegenwart des Synagogenbaus von Roman Hollenstein
  • Zur Geschichte und Gegenwart des Moscheebaus von Negar Hakim
  • Akustik in Sakralbauten
  • Licht in Sakralbauten.

Dem folgt der Projektteil, der 50 ausgewählte Kirchen nach den leitenden Kategorien ACHSE (21), ZENTRUM (20), GROSSKIRCHEN (3), DOPPELKIRCHEN (3) sowie ABTEIEN UND KLÖSTER (3) vorstellt. Hinzu kommen fünf Synagogen, acht Moscheen und sechs Krematorien und Aussegnungshallen. Das ergibt einen guten Überblick, auch wenn man sich bei Synagogen und Moscheen eine breitere Basis an Beispielen gewünscht hätte.

Der einleitende Text von Rudolf Stegers zur Geschichte und Gegenwarts des Kirchenbaus fasst alle zentralen Gesichtspunkte des Thema zusammen, von der Frage von Religion und Religiosität heute und die Diskussion um die Kirche in der Stadt über die knapp zusammengefasste des Kirchenbaus vom 4. bis zum 19. Jahrhundert und dem Kirchenbau der Moderne bis hin zu den grundlegenden Reflexionen zum Kirchenbau am Beginn des 21. Jahrhunderts. Der abschließende Abschnitt „Das Heilige und seine Bedeutung für den Kirchenbau heute“ greift noch einmal die zentralen Diskussionspunkte der letzten Jahre auf, die auch im Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik erörtert wurden, und wirft abschließend einen Blick auf den möglichen Beitrag der Kunst. Genau an dieser Stelle könnte es dann einen Fortsetzungsband geben.

Das Buch ist gut lesbar und kenntnisreich geschrieben und bietet einen guten Überblick. Es ist daher sehr zu empfehlen. Das einzige, was den Rezensenten stört, ist der hohe Preis. Wolfgang Jean Stock Buch „Europäischer Kirchenbau 1950-2000“, das ja ebenso umfassend angelegt ist, kostet im Vergleich nur die Hälfte. Aber der Entwurfsatlas Sakralbau wendet sich ja an die Berufsgruppe der Architekten und die dürfen das Buch dann von der Steuer absetzen.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/55/am256.htm
© Andreas Mertin, 2008