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Magazin für Theologie und Ästhetik


Im Labyrinth XV

Erscheinungen im Cyberspace

Karin Wendt

Sammlung Domnick

Interessante Adresse einer internationalen Sammlung abstrakter Malerei und Plastik der Nachkriegszeit, die der Stuttgarter Neurologe und Psychiater Ottomar Domnick (1907-1989) zusammen mit seiner Frau aufbaute. Die Internetseiten porträtieren den Sammler und informieren über das Vortrags- und Filmprogramm des Hauses. Man bekommt Einblick in das Privathaus, das seit der Einrichtung der Stiftung als Museum öffentlich zugänglich ist und kann einen Newsletter abonnieren. Ottomar Domnick (1907-1989) zählte zu den engagiertesten Sammlern und Vermittlern moderner Kunst in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Er war Filmautor und Wegbereiter des experimentellen Films, etwa mit: Neue Kunst - Neues Sehen. Eine Einführung in das Wesen der modernen Malerei (1950), Willi Baumeister (1954), Jonas (1957) oder ohne datum (1962). Bisher wurde vor allem das Museumsensemble als innovatives Projekt der Nachkriegszeit gewürdigt. Ein digitales Katalogprojekt soll nun Gemälde und Skulpturen der Sammlung eingehend vorstellen. Die Liste der Künstler im "Museum der Abstraktion" belegt die enge Verflechtung von deutscher, französischer und italienischer Moderne. Die Sammlung spiegelt die Vielfalt der abstrakten Tendenzen: die Konkretion der Geste (Hans Hartung), der Form (Franz Bernhard) und der Farbe (Rupprecht Geiger). Zudem wird ein spezifisch stilübergreifendes Interesse an spannungsreichen, individualistischen Positionen zeitgenössischer Kunst deutlich, etwa dem Werk von Max Ackermann oder von Günter Fruhtrunk. Werner Esser, der die Stiftung wissenschaftlich betreut, stellt Werk und Künstler vor und ordnet sie sowohl in die Forschungsdiskussion als auch in den historischen Kontext der Sammlung ein. So entsteht nicht nur ein recht umfangreiches Inventar, sondern auch ein lebendiges Reflexionsfeld zur Abstraktion seit 1945.

Folgende Kapitel sind bisher als PDF-Dateien verfügbar:

- Max Ackermann: Über das Musikalische in der Kunst
- Shusaku Arakawa: "Blank" - Das Geheimnis als Konstrukt und Spiel
- Joannis Avramidis: Die "Formel zum Bauplan des menschlichen Körpers
- Gerlinde Beck: "Raumchoreografien" eines "Tänzermenschen"
- Franz Bernhard: Existenzformen
- Miguel Berrocal: Handhabungsplastik
- Walter Bodmer: Gefüge in der Schwebe
- Arturo Bonfanti: Einklang und Spannung
- Andreas Brandt: "Das Maß, die Zahl, die Proportion, die Menge, die Lage"
- Peter Brüning: "Zwei Brünings" oder Gesten zu Zeichen
- Giuseppe Capogrossi: "Das Zeichen ist alles, alles das Zeichen"
- Michael Croissant: Gestalthüllen
- Piero Dorazio: Verflochten: Farbe und Linien, Fläche und Raum
- Eberhard Fiebig: "Eisenbeißer" und "art engineer"
- Gerhard Fietz: Zen und die Kunst des Malens
- Lothar Fischer: Bildwerke, "Kunstfiguren"
- Günter Fruhtrunk: "Provokation des Sehens"
- Rupprecht Geiger: Farbe - das Medium wird Botschaft
- Volkmar Haase: Eisen, Stahl, Edelstahl

Es folgen Texte zu: Baumeister / Hartung / Hoehme / Hoflehner / Kriwet / Lardera / Lechner / Leppien / Lettner / Luginbühl / Meistermann / Piene / Poliakoff / Prachensky / Quinte / Rainer / Reinhardt / Ritsch / Rooskens / Ruoff / Schanz / Scherer / Schmitz / Schlenker / Schneider / Schumacher / Timm Scott / William Scott / Serrano / Soulages / Tàpies / Trier / Türk / Ufan / Vedova / Venet / Vostell / Werner / Winter / Wittenborn / Yvaral.

DIAN

DIAN ist ein Digitales Interaktives Netzwerk für Künstler, die mit dem Internet arbeiten. Die Betreiber vermeiden es zu bestimmen, was Netzkunst ist oder sein sollte. Stattdessen wollen sie eine offene Plattform für jeden sein, der seine Arbeit in spezifischer Weise durch die Technologie des Internets zum Ausdruck bringt: "If you are doing experimental work with flash, java script, shockwave, and/or with something else in the domain of con-temporary art, you can participate in DIAN." Hier findet man medienkritische bzw. -ironische Arbeiten wie "How do you feel", ein Stimmungsbarometer für das world wide web, entwickelt von den Hamburger Künstlern Dellbrügge & de Moll. "It does not only measure the collective mood but produces it. Each entry is registered. A program checks the amount of positive and negative inputs and calculates the global feeling of the day as well as the emotional curve of the year. Listen to your heart and let your feelings flow!". Oder stärker selbstreflexive Arbeiten wie "no-content.org" des uruguayischen Künstlers Brian Mackern. Es ist eine Zufallsgalerie von sichtbar gemachten Ladeprozessen, ein besonders schönes Beispiel der Konkretion des Mediums Internet, gegenläufig zur Indienstnahme seiner mimetischen Eigenschaften.

Museum für angewandte Kunst Frankfurt

Schier unerschöpflich sind die Seiten des Museums für angewandte Kunst in Frankfurt. Leider ist die Navigation über ein Memory-Feld zwar ästhetisch ansprechend, auf Dauer jedoch ein wenig mühsam. Neben Panorama-Ansichten der Museumsanlage, Erläuterungen zur Geschichte der Architektur, zu vergangenen und aktuellen Ausstellungen und einer Online-Bibliothek kann man im museum.mit.der.mouse den Umgang mit digitalen Lernprogrammen und das Erstellen von comic-books erlernen oder eine "Fälscherwerkstatt im Andersen Computer Lab" besuchen. Online kann man sich an Projekten wie der Vorstellung "Mein Schreibtisch" beteiligen oder netophile Kleinodien studieren wie "Die Geschichte vom Salzhändler Bunsho" in der Rubrik "Digitales Buch". Das in der Ausstellung "Monster, Mönche, Schöne Damen" ausgestellte Manuskript lässt sich komplett durchblättern, detailvergrößern und über Hintergrundinformationen zu Geschichte und Maltechnik erschließen. Das Museum stellt sich aber auch den "versteckten Revolutionen im Internet", etwa mit einer Ausstellung zum "filesharing", vor allem aber durch die Erweiterung seiner traditionellen Sammlungstätigkeit. "Zeitgenössisches Kunsthandwerk hat sich von der Materie gelöst und dehnt sich auf virtuelle Welten aus." So zählt zu den Schwerpunkten Europäisches Kunsthandwerk // Design // Kunst und Kunsthandwerk Ostasiens // Islamische Kunst // Buchkunst und Grafik auch der neueste Bereich: das Digitale Kunsthandwerk. Das "Digital Craft" ist ein virtuelles wie reales Archiv digitaler Kultur, ein Archiv für PC-Games, Webdesign & Communities sowie ein Informationsportal für Experten und Surfer mit temporären Ausstellungen und Symposien. Es soll auf Dauer "den Fortbestand digitaler Objekte [zu] sichern, die auf Grund der rasenden Innovationsgeschwindigkeit neuer Technologien der Vergänglichkeit unterliegen."


© Karin Wendt 2003
Magazin für Theologie und Ästhetik 24/2003
https://www.theomag.de/24/kw23.htm