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Magazin für Theologie und Ästhetik



James Coleman, I.N.I.T.I.A.L.S.; Fridericianum - Documenta11

Die Arbeit des in Irland lebenden James Coleman zeichnet sich durch die Komplexität seines künstlerischen Verfahrens aus: der Verknüpfung von fotografischen, filmischen, digitalen und sensualen Effekten zu Montagen zeitlicher und nicht-zeitlicher Erfahrung.

Die d11 zeigt eine seiner großformatigen Dia-Projektionen: I.N.I.T.I.A.L.S., entstanden 1993-94. Die Szenen, die Coleman nachstellt, spielen in einem leer stehenden Krankenhaus der fünfziger Jahre. Ähnlich wie ein Comic-Zeichner gibt Coleman die Bewegungen und Handgriffe - etwa für die Vorbereitung einer Röntgenaufnahme - in einer kleinschrittigen Abfolge vieler, extrem langsam taktierter Dias wieder. Das Anhalten der Bilder erlebt man korrespondierend zur Sterilität der Räume und Geräte als Gefrieren der Szenen zu Szenerien und als Stillstellung des eigenen Sehens. Bild auf Bild wird man gleichsam selbst durchleuchtet, begleitet vom Klicken des Diaapparats. Synchron zur Diaabfolge läuft ein Tonband mit Sprachsequenzen, die sich für Momente mit den dargestellten Sze-nen so verknüpfen, dass es zu Scheindialogen der Protagonisten kommt, um im nächsten Augenblick eher als unabhängige Monologe die Bilderfolge zu kommentieren oder den Charakter von Selbst-Gesprächen anzunehmen, die man dann wie Tonspuren des eigenen Monologs in beklemmender Weise im Raum zu hören meint.

Durch das Verfahren der Diaprojektion erzielt Coleman eine Addition visueller und auditiver Prozesse, die zeitliche Leerstellen bzw. optische Zwischenräume entstehen lassen, in denen wir uns des Gesehenen und Gehörten erinnern und vergewissern. Es ist so in der Tat ein ideales Mittel, um eine "Archäologie des Narrativen" zu verfolgen (Benjamin Buchloh).

Auf der d11 geht "I.N.I.T.I.A.L.S.", das ohne Zweifel zu den "atemberaubend suggestiven Studien über sprachliche und visuelle Erinnerungsvorgänge" gehört, dennoch eher unter. Neben den vielen dezidiert engagierten Dokumentationsverfahren scheint es seine Kraft zu verlieren. Wie fragil die Wahrnehmung ist und wie viel Raum ihre Erforschung braucht, macht jedoch eine weitere Arbeit von Coleman deutlich, ein kleiner white-cube im Fridericianum, der einen mit dem Bild - und nur mit dem Bild - alleine lässt. [KW]