Eminem korrekt inkorrekt

Vorstellungen ausgewählter Videoclips LIII

Andreas Mertin

Ist die Welt nur noch im Rausch zu ertragen?  Das jedenfalls scheint Eminem in seinem 2020 erschienenen Musikvideo zu „Godzilla“ nahezulegen. Aber es bedarf keines „Ein, zwei, gsuffa“, um die Welt in einem schrägen Blick erscheinen zu lassen. Auch ganz nüchtern betrachtet, sind die Dinge aus dem Lot geraten und nur mit viel Ironie zu ertragen. Und davon bietet das Musikvideo einiges. Aber schauen wir uns zunächst die knappe Zusammenfassung des Videos zum Stück auf Wikipedia an:

„Eminem läuft durch eine Messehalle und trinkt aus den Regalen verschiedene Sorten Alkohol, darunter Whisky und Cognac, während hinter ihm zwei Godzilla-Figuren laufen. Nachdem er anderen Leuten ihre Drinks weggetrunken hat und immer betrunkener durch die Gänge torkelt, fällt er schließlich auf den Boden und erbricht sich in Form von Legosteinen.

Es sammelt sich eine Menschenmenge um Eminem und dieser rappt nun auf einem Hügel, der aus den CDs seiner Studioalben besteht. Die Szenerie wechselt und er ist als Schlachter zu sehen, der mit einer Kettensäge Tierkadaver zerteilt.

Anschließend läuft er über einen Parkplatz und wird dort von dem ehemaligen Boxer Mike Tyson niedergeschlagen, der sich sofort entschuldigt, als er sieht, dass es Eminem ist. Der Rapper befindet sich nun im Krankenhaus und wird dort von Dr. Dre und sich selbst als Ärzten betreut, bevor der Arzt (er selbst) mit einem Messer auf ihn einsticht. Am Ende des Videos ist ein Nachruf auf Juice Wrld zu sehen.“

Und das ist nur ein kleiner Teil der Anspielungen und Szenen, die dem Video (und dem Liedtext) zu entnehmen sind. Vieles ist politisch ziemlich unkorrekt (etwa die ganz und gar nicht subtile Anspielung auf Kim Kardashian als It-Girl und Sex-Objekt) oder des Basketball-Groupies, das lasziv die Bälle leckt.

Vieles ist aber auch nur lustig, etwa wenn Eminem in einer in Reiche und Arme gespaltenen Welt sich selbst begegnet, er aber in beiden Ebenen denselben Cognac säuft. Oder wenn er sich selbst später in der berühmten Pulp-Fiction-Einstellung eingeschlossen im Kofferraum eines Autos findet. Oder wenn er von Mike Tyson umgehauen wird.

Seine bitter-ironische Volte bekommt das Video durch den Umstand, dass es die letzte Musikproduktion von Juice Wrld war, der den Refrain singt. Ende 2019 verstarb er, gerade 21 Jahre alt geworden, an einer Überdosis der Schmerzmittel Oxycodon und Codein. Ihm hat Eminem das Stück gewidmet und ihm sei das letzte Wort überlassen:

"Ich hoffe, jeder hat einen guten Tag. Ich hoffe jeder hat heute etwas von Bedeutung erreicht und auch wenn du nichts von Bedeutung erreicht hast, sei nicht entmutigt und strebe danach, morgen etwas von Bedeutung zu erreichen. Das gleiche übermorgen und den Tag darauf. Wenn du gerade etwas durchmachst, dann hoffe und bete ich, dass du da wieder rauskommst. Du solltest wissen, dass du die Stärke hast, um da wieder raus zu kommen. Egal, was zur Hölle du auch durchmachen solltest. Wirklich egal, was es ist."
                                                                               Jarad "Juice WRLD" Higgins

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/126/am707.htm
© Andreas Mertin, 2020