Unter Beteiligung XV

Kurzvorstellungen

Andreas Mertin

Benedict, Hans-Jürgen (2018): Erzählte Klänge. Musikbeschreibung in der deutschen Literatur. 1. Auflage. Berlin: EB-Verlag.

Die häufigen Darstellungen von klassisch-romantischer Musik in den literarischen Werken des 19. und 20. Jahrhunderts waren der Anlass, der Frage des erzählten Klangs in der Literatur genauer nachzugehen. Wie gelingt es Schriftstellern wie E.T.A. Hoffmann, Eduard Mörike, Theodor Storm, Thomas Mann und Elfriede Jelinek Klänge zu erzählen und Töne zu beschreiben? Denn auch Autoren haben es nicht leicht, in Worten auszudrücken, was sich den Worten entzieht: die besondere Sprache der Musik. Die Untersuchung begibt sich auf die Suche nach dem schriftstellerisch-poetischen Mehrwert in der Schilderung von Musik. Was ist die besondere „Gewalt der Musik“ (Kleist)? Was sagt die gehörte oder gespielte Musik über die handelnden Personen aus? Warum stehen seit E.T.A. Hoffmanns Kapellmeister Kreisler und Franz Grillparzers Der arme Spielmann scheiternde und skurrile Musiker im Zentrum des Interesses? Wie gelingt die fiktionale Beschreibung neuer Musik? Zu diesen und anderen Themengebieten analysiert diese Monographie erstmals fast fünfzig Texte und an die hundert Musikstücke.


Kubik, Andreas (2018): Theologische Kulturhermeneutik impliziter Religion. Diskussion eines praktisch-theologischen Paradigmas der Spätmoderne (Praktische Theologie im Wissenschaftsdiskurs).

Die christliche Theologie sieht sich verstärkt dem Phänomen der impliziten Religion gegenüber: nicht-religiöse Kulturerscheinungen, welche gleichwohl religiöse Funktionen erfüllen. Welche Relevanz hat die Beschäftigung mit solchen Phänomenen für die Theologie? Und was tut sie, wenn sie solche Kulturerscheinungen theologisch interpretiert?

Andreas Kubik bietet in diesem Buch die erste umfassende Theorie der Theologischen Kulturhermeneutik. Er untersucht ihre Vorgeschichte (Drews) und ihre kulturtheologische Basis (Tillich). In enger Anlehnung an die philosophische Hermeneutik (Dilthey), Phänomenologie (Husserl) und Fremdheitstheorie (Simmel, Kristeva) werden Voraussetzungen und Implikationen dieses praktisch-theologischen Paradigmas der Spätmoderne erhoben. Dabei zeigt sich: Die Theologische Kulturhermeneutik setzt eine detaillierte Verhältnisbestimmung von Christentum und moderner Kultur voraus. Sie beschreibt einen Identitätskonflikt, in dem sich sowohl das Christentum hinsichtlich der implizit-religiösen Ersatzbildungen als auch die moderne Kultur hinsichtlich ihrer christlichen Wurzeln befinden. Der Autor plädiert dafür, weder Strategien der Profilschärfung zu verfolgen noch einem theologischen Dienstleistungsparadigma das Wort zu reden, sondern sich dem Identitätskonflikt zu stellen und ihn praktisch-theologisch fruchtbar zu machen.


Mertin, Andreas; Quade, Andreas (Hg.) (2018): Der Fisch auf dem Dach. Religiöse Spuren im Bremer Stadtbild. Unter Mitarbeit von Wilhelm Tacke, Otmar Hinz und Thomas Kroll. 3. Auflage Bremen: Edition Temmen.

Warum verführen sich Adam und Eva heute in der Katharinenpassage? Was bringt einen Wal auf das Dach eines Cafés am Marktplatz und weshalb hat am Bremer Rathaus ein Papst ein Kreuz im Hintern stecken? Dieser Stadtführer macht sich auf die Suche danach, wieviel Religion außerhalb der Kirchen in der Bremer Innenstadt zu finden ist. Auf einer Strecke vom Bahnhof über den Marktplatz zur Kunsthalle werden religiöse Symbole an ganz weltlichen Orten gezeigt und erklärt – und im Gegenzug nicht-christliche Symbole in Kirchen. Auch Bremerinnen und Bremer können damit viel Neues entdecken und auf Bekanntes einen neuen Blick werfen. Entstanden ist die Spurensuche als Rallye im Rahmen des Konfirmationsunterrichts, bei der sich Jugendliche auf Entdeckungstour in Bremen begeben haben. Der Autor Andreas Quade, Leiter der Religionspädagogischen Arbeitsstelle / Medienzentrale der Bremischen Evangelischen Kirche hat gemeinsam mit dem Publizisten Andreas Mertin diese Idee zu einem Stadtführer weiterentwickelt. Zu den Autoren gehören außerdem Wilhelm Tacke, Ottmar Hinz und Thomas Kroll.


Reuter, Ingo (2018): "The Walking Dead". Über(-)Leben in der schlechtesten aller möglichen Welten : Interpretation einer Fernsehserie. Würzburg: Königshausen & Neumann.

Zerlumpte, halbverrottete Gestalten rappeln an einem Maschendrahtzaun, der sich bedenklich biegt und schließlich birst. Die Zombies brechen durch. Die wenigen überlebenden Menschen, die sich ihnen entgegenstellen, kämpfen verzweifelt entschlossen um ihr Überleben. Doch das ist nur der Anfang. Schlimmere Feinde warten: andere Überlebende, bedrohlicher als die Untoten, das Unmenschliche, das in jedem Menschen schlummert…

Nach der Apokalypse ist vor der Apokalypse. In "The Walking Dead" spiegeln sich viele Probleme der Gegenwart von gesellschaftlichen Spaltungen über Trumpismus und Tribalismus bis hin zu den neuen Nationalismen. Die postapokalyptische Situation lässt manche Fragen wie unter einem Brennglas erscheinen.

"The Walking Dead" ist ein dystopischer Weltentwurf, der radikal pessimistisch über Mensch und Gesellschaft urteilt und keinerlei Raum für Hoffnung und Erlösung lässt. Da, wo die schützenden Institutionen der Zivilisation wegbrechen, droht auch der Mensch in einen Naturzustand zurückzufallen, in dem er für seinen Nächsten ein Raubtier ist. Ein Kampf aller gegen alle droht.

"The Walking Dead" ist zugleich eine filmische Mahnung, die Zivilisation mit ihren Institutionen zu bewahren, die Versorgung, Rechtssicherheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden gewährleisten können. Denn jenseits dessen warten die Wölfe. Oder die Zombies.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/116/am647.htm
© Andreas Mertin, 2018