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Magazin für Theologie und Ästhetik


Editorial


Liebe Leserinnen und Leser,

"Afrika gibt es nicht" ist ein Band der Anderen Bibliothek betitelt, und Georg Brunold schreibt zur Begründung dieses Titels: "In der nördlichen Hemisphäre gibt es viele Leute, die glauben, Afrika liege am Meer und dort herrsche ein heißes, ein unerträgliches Klima. In aller Regel seien die Menschen schwarz, glauben die Leute oft, und die Mehrzahl der Afrikaner, wie sie dort unter der glühenden Sonne ackerten, hätten die meiste Zeit Hunger. Afrika, wo mit dem Boden, der Luft, dem Wasser, wo mit allem und jedem von Grund auf alles und so vieles auch mit dem Charakter der Menschen verkehrt ist und wo nur diese exotische, attraktive, aber fast ebenso unmenschliche Tierwelt floriert - einen solchen, regelrecht bestialischen Kontinent gibt es nicht." (Afrika gibt es nicht. Korrespondenzen aus drei Dutzend Ländern, Frankfurt/M. 1994.)

Und Ryszard Kapuscinski, dem wir unvergleichliche Reportagen über diesen Kontinent verdanken, eröffnet sein ebenfalls in der Anderen Bibliothek erschienenes Buch "Afrikanisches Fieber" mit der Vorbemerkung: "Dies ist daher kein Buch über Afrika, sondern über einige Menschen von dort, über die Begegnungen mit ihnen, die gemeinsam verbrachte Zeit. Dieser Kontinent ist zu groß, als daß man ihn beschreiben könnte. Er ist ein regelrechter Ozean, ein eigener Planet, ein vielfältiger, reicher Kosmos. Wir sprechen nur der Einfachheit, der Bequemlichkeit halber von Afrika. In Wirklichkeit gibt es dieses Afrika gar nicht, außer als geographischen Begriff." (Afrikanisches Fieber. Erfahrungen aus vierzig Jahren, Frankfurt/M. 1999.)

Dementsprechend schreibt Christian Hanussek in seinem Beitrag "Über zeitgenössische Afrikanische Kunst", der diese Ausgabe des Magazins für Theologie und Ästhetik eröffnet, nicht über afrikanische Kultur als solche, sondern über einige Menschen von dort, über die Begegnungen mit ihnen, die gemeinsam verbrachte Zeit. Entstanden sind seine Überlegungen im Rahmen eines Anfang des Jahres im Goethe Institut in Yaoundé, Kamerun, veranstalteten Workshops: "Ich wollte versuchen, einen Einblick in die künstlerische Praxis und in die Konzeptionen der dortigen Künstler zu bekommen, diese Kunst quasi von innen heraus zu verstehen. Ca. 20 Teilnehmer haben ihre Arbeit vorgestellt und diskutiert. Dabei wurde der Begriff der cuisine artistique geprägt, der jeweilige Gebrauch  bestimmter Ingredienzien und deren Verarbeitungsmethoden. In Anschluss an den Workshop habe ich noch viele Ateliers in Yaoundé und Douala besucht und mich an Diskussionen beteiligt, die in der kamerunischen Szene mit für mich überraschend harten Konfrontationen geführt werden." Hanusseks materialreicher Beitrag zu aktuellen Kunstpositionen Kameruns schließt mit der Erkenntnis: "Sich mit Kunst zu beschäftigen, beinhaltet für mich immer auch, die eigenen Kriterien in Frage zu stellen."

In den Reviews präsentiert Traugott Roser seine Auseinandersetzung mit Tom Tykwers Film "Lola rennt". Seine conclusio: "Der Film geht nie von einem vorgängigen Gleichgewicht ... aus, sondern entzaubert die vermeintlich stabile Welt. Jedes Mitglied der Generation X muss ein eigenes Gleichgewicht herstellen. Dass die Freiheit des autonomen Subjekts allerdings nicht der idealistischen Variante entspricht, sondern durchaus eine Last und eine Akzeptanz der biographischen Brüche beinhaltet, davon erzählt 'Lola rennt' durchgängig. Religiosität, deren inhaltliche Präzisierung tunlichst vermieden wird, erhält dabei eine prominente Rolle, weniger als Mittel zur Kontingenzbewältigung (im Sinne Thomas Luckmanns), sondern eher im Sinne Henning Luthers als Steigerung von Kontingenz."

In den Marginalien setzt sich Jörg Herrmann, inzwischen regelmäßiger Mitarbeiter unseres Magazins, mit "den Erfahrungspotentialen der Kulturorte Kirche, Kunsthalle und Kino" auseinander, um "einige Veränderungen des religiösen Feldes unter den Bedingungen der urbanen Gegenwartskultur zu beschreiben".

In den Spotlights stellt Andreas Mertin den aktuellen Totentanz des Sängers Robbie Williams vor. Für ihn ist "dieser Danse macabre der Popkultur der Gegenwart, der etwas kokett zeigt, wie einer 'für etwas seine Haut zu Markte trägt', und dabei nicht 'mit heiler Haut davonkommt', ein interessantes offenes Kunstwerk, das vielfältige Lesarten generiert und ermöglicht."

Wir wünschen den Leserinnen und Lesern eine erkenntnisreiche Lektüre dieses Heftes!

  

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