Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Magazin für Theologie und Ästhetik


Editorial


Liebe Leserinnen und Leser,

Bilder sind nicht erst seit dem Golfkrieg ein Medium sozialer und zwischengesellschaftlicher Konflikte. Die christlichen Kirchen können auf eine lange Tradition der Auseinandersetzung um die Wahrheit und die Geltungsansprüche der Bilder zurückblicken. Nicht erst seit dem byzantinischen Bilderstreit, bei dem ganze Heere im Streit um die Bedeutung der Bilder gegeneinander antraten, sind Bilder und Religionm konfikthaft miteinander verbunden.

In diesem Jahr wurde wieder mit Bildern Krieg geführt. Bilder sollten von der Notwendigkeit eines Krieges überzeugen, Videoclips verdeutlichen uns die Operationen der Militärs, Fotografien dokumentieren deren Fehlschläge, Satellitenaufnahmen lassen Massaker ahnen. Und nach dem Krieg müssen die  Bilder aus dem Krieg mit den Bildern vor Ort im Kopf des Fernsehzuschauers zusammengebracht werden.

Es ist nicht unplausibel, daß auch die Bilderwelten Hollywoods und der Kulturindustrie ihren Anteil an der Vorbereitung dieses Krieges haben. Die Ersetzung der UNO durch die NATO bzw. das US-Militär zeichnete sich im Hollywood-Kino schon seit längerem ab. Weg mit den Quatschköpfen, die nur reden, der Feind will geschlagen werden. Auf der anderen Seite lehren uns die Hollywoodbilder ebenso konsequent, keinem Bild zu trauen, alles auch als Simulation, als Vorspiegel geschönter oder falscher Tatsachen zu verstehen. Kaum eine gnadenlosere Entlarvung der Bilderwelten als durch Hollywood selbst.

Ob dem aber ein Erkenntnisprozeß auf Seiten der Kinobesucher entspricht? Die Erfahrungswelt der Menschen nicht nur der westlichen Hemisphäre wird zunehmend durch Hollywood geprägt. Als im Mai der Luxusdampfer Sun Vista mit 1104 Menschen an Bord vor der Westküste Malaysias sank, sangen die von Bord in die Rettungsboote Fliehenden die Titelmelodie von "Titanic": "My heart will go on" um, so wörtlich, "ihre Ruhe zu bewahren". Was für ein Wahnsinn. Die Substitution des Gebets durch einen Song von Celine Dion.

Die aktuelle Ausgabe unseres Magazins unternimmt verschiedene Annäherungen an die Kinowelten. Werner Schneider-Quindeau nähert sich dem Sehen in Film und Glaube, der "Bewegung vom Ende des Sehens zu neuem Sehen". Heike Kühn skizziert uns eine Pantheon der Filmgeschichte. Hans Werner Dannowski hat uns seinen aktuellen Vortrag auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart zur Verfügung gestellt. Mit verschiedenen Kinofilmen beschäftigen sich in der Rubrik "Reviews" Jörg Herrmann, Karsten Visarius und Heike Kühn.