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Magazin für Theologie und Ästhetik


Editorial


Liebe Leserinnen und Leser,

zunächst einmal ganz herzlichen Dank für das Interesse, mit dem auf die Erstausgabe unseres Magazins reagiert wurde. Das ermutigt uns, mit diesem Projekt fortzufahren. Wir möchten aber zugleich auch unsererseits die Leserinnen und Leser ermutigen, sich an diesem Magazin mit Beiträgen zu beteiligen. Eine Möglichkeit dazu bietet der Konsultationsprozeß in Sachen Kultur, den die Evangelische Kirche in Deutschland gerade angestoßen hat.

Anfang März hat die Evangelische Kirche und die Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Berlin ein Diskussionspapier vorgestellt, das zur Klärung des immer schon umstrittenen Verhältnisses von Protestantismus und Kultur beitragen soll. Eine Kommission unter Vorsitz des Berliner Bischofs Wolfgang Huber hat dazu ein umfassendes Papier erstellt, welches den Voraussetzungen, den Begegnungsfeldern und den Aufgaben im Verhältnis von Protestantismus und Kultur nachspürt. Das Papier trägt den Titel:

Gestaltung und Kritik
Zum Verhältnis von Protestantismus und Kultur im neuen Jahrhundert

Als Akt der Verzweiflung hat ein ansonsten der Kirche durchaus wohlgesonnener Kulturredakteur einer deutschen Tageszeitung dieses Bemühen der Kirche bezeichnet, sich der Kultur zu öffnen. Die zwei Jahre, die sich die Evangelische Kirche für ihren Reflexionsprozeß nehmen wolle, stünden ihr gar nicht mehr zur Verfügung. Gesellschaftlich betrachtet, so sein Fazit, seien die Kirchen seit längerem nichts anderes mehr als Interessengruppen neben anderen.

Nun mag man über den Sinn oder Unsinn derartiger Papiere denken wie man will (kann es eine 'offizielle' Haltung der Evangelischen Kirche zur Kultur überhaupt geben?), aber es ist zumindest ein Anlaß, anhand verschiedener Problemfelder (der Text behandelt so unterschiedliche Bereiche wie Religion, Gedenkkultur, Kunst, Jugendkultur, Bildung und Wissenschaft, Medien, Sport und Spiel, Alltag und Sonntag) kontrovers über theologische Ästhetik und Kulturhermeneutik zu streiten. Ist "Streitkultur" das, was den Protestantismus zumindest auch auszeichnet, dann wäre der Evangelischen Kirche ein vehementer Streit um die im Papier vertretenen Positionen zu wünschen. Anläße zu differenzierenden Betrachtungen sind jedenfalls genug vorhanden.

Vorgestellt wurde der Text als Diskussionsgrundlage mit der Bitte um Stellungnahmen, die in die endgültige Formulierung einfließen sollen. Wir greifen diese Bitte auf und leiten sie an unsere Leserinnen und Leser weiter. Wir möchten Sie einladen, uns für das Heft 4 des Magazins für Theologie und Ästhetik, das am 15. September 1999 erscheinen soll, eine Stellungnahme zum Impulspapier der Evangelische Kirche in Deutschland zuzusenden. Alle eingehenden Texte werden wir im Heft veröffentlichen und an die EKD für ihren Diskussionsprozeß weiterleiten.

Die aktuelle Ausgabe unseres Magazins widmet sich unterschiedlichen Aspekten der Kunst und ihrer Reflexion: Petra Bahr wirft einen (historischen) Blick auf den Tanz, Otfried Schütz erläutert in einem Essay seine Sicht der Kunst der Gegenwart, Andreas Mertin skizziert verschiedene theologische Positionen zur Kunst, Karin Wendt stellt eine aktuelle Ausstellung in Münster vor.

Einer der Herausgeber dieses Magazins, Dietrich Neuhaus, ist in einen Streit verwickelt, der ebenfalls um die Zukunft des Protestantismus kreist. Die Debatte ist in verschiedenen Ausgaben des Deutschen Sonntagsblattes und des Pfarrerblattes (auch online) nachzulesen. Die Stellungnahme von Andreas Mertin in unserem Magazin kreist um die Frage, inwieweit der Streit um die Ökonomie der Kirche mit der Diskussion um die Gestalt der Kirche zusammenhängt.