Hallelujah! - הַלְּלוּיָהּ

Theologische Marginalien über einen Song von Leonard Cohen

Wolfgang Vögele

1.

Vor fünf Jahren begann ich mit dem Bloggen. Ich stellte meine eigenen Texte ein, Predigten, Bibelarbeiten, Essays. Dann kamen Fotos dazu, Hinweise auf Artikel, Hinweise auf Podiumsdiskussionen und Vorträge. Ich sammelte auf den Seiten des Blogs alles, was mir interessant, witzig, erwähnenswert erschien. Ich entdeckte, wie viele Musikclips mit klassischer Musik auf Youtube eingestellt waren. Es war nicht schwer zu lernen, wie solche Clips auf dem Blog verlinkt werden konnten.

Mich faszinierten musikalische Flashmobs: In einer Alltagssituation auf einem Markt, in einer Bahnhofshalle oder in einem Kaufhaus fängt plötzlich jemand an zu singen, andere stimmen ein, und plötzlich merken Kunden, Reisende, Käufer, hier ist ein Chor versammelt, der sich unter die Menschenmenge gemischt hat. Ich mag an den Flashmobs das Moment des Überraschenden und ungläubigen Erstaunens, des Unvermuteten. Die Menschen hören plötzlich das Halleluja von Händel, ein Weihnachtslied oder Beethovens Ode an die Freude aus der neunten Symphonie, und aus der Zerstreuung des Einkaufens oder Ausruhens oder Wartens wird plötzlich eine staunende Gemeinschaft des Hörens. Dieser Überraschungseffekt funktioniert in der Lobby eines Fakultätsgebäudes an einer amerikanischen Universität[1] genauso wie in einem großen Kaufhaus in Philadelphia[2] oder im Foodcourt einer Mall[3]. Die Studenten aus der Musikhochschule sangen das Weihnachtslied „Deck the Halls“, während die Chöre im Kaufhaus und in der Mall das Hallelujah aus dem Oratorium „Der Messias“ [4] von Händel aufführten, in beiden Fällen unterstützt von einer Orgel im Hintergrund.

Im historischen Kaufhaus Macy‘s in Philadelphia mischte sich der Chor der städtischen Oper unbemerkt unter die Kaufhaus-Kunden. Dieses Kaufhaus mit seiner gigantischen Kuppelarchitektur verdient den Namen einer Warenhaus-Kathedrale, vergleichbar dem Lafayette oder dem Printemps am Boulevard Haussmann in Paris. Im Macy‘s ist aus alten Zeiten auch noch eine Wanamaker-Orgel eingebaut, die schon vor der Erfindung von Radio und Kassettenrecorder für Begleitmusik beim Shopping sorgte. Für das Händel-Hallelujah leistete diese Orgel dem Opernchor wertvolle Begleiterdienste.

Der Flashmob gewinnt seine Faszination aus einer Verbindung von Überraschungsmoment und unerwartetem Ortswechsel. Denn niemand rechnet damit, dass in einem Kaufhaus, auch wenn es wie eine Kathedrale aussieht, in einem Foodcourt, in der U-Bahn oder in der Wartehalle eines Flughafens die Menschen plötzlich zu singen anfangen. Händels Hallelujah als Bestandteil eines Oratoriums erwartet jeder Zuhörer auf einer Konzertsaalbühne oder noch besser auf der Empore einer Kirche. Wenn es dort aufgeführt wird, entfaltet das Stück seine Faszination in der Mischung von Komposition und Architektur, von Atmosphäre und musikalischer Aufführung. All das kommt stimmig zusammen. Beim Flashmob aber werden diese Kohärenz und Einheit der emotionalen Wirkung bewusst konterkariert; er wirkt deshalb umso anrührender, so lange sich der Effekt der Überraschung noch nicht abgenutzt hat.

Händel selbst, der in seinem „Messias“ biblische Texte vertonte, ließ sein Oratorium in der Regel am Ende der Passionszeit aufführen. Es war ungewöhnlich, dass er ein Oratorium schrieb, das zuerst für die Konzertbühne und nicht für die Kirche bestimmt war. Kritiker in London nahmen das zum Anlass für Beschwerden. Doch das Werk begeisterte die Zuhörer so sehr, dass es sich auf den englischen Bühnen durchsetzte und später auch die Kirchenmusik eroberte, wo es bis heute zum Standardrepertoire gehört, das auch ohne viel Werbung auf regen Besuch rechnen kann. Durch die Clips auf Youtube hat sich diese Begeisterung noch potenziert: Das „Hallelujah“ aus dem „Messias“ ist so bekannt geworden, dass wunderbare Parodien[5] für Hörer, die gerne mitlesen wollen, hohe Abrufzahlen erreichen.

Ich verfolgte diese Spur des „Hallelujah“ in meinem Blog weiter und kam schnell darauf, dass auch der kanadische Sänger und Songschreiber Leonard Cohen ein sehr bekanntes Lied mit dem Titel „Hallelujah“ geschrieben hatte. Ich stellte im Verlauf von ein paar Monaten vier Cover-Versionen[6] dieses „Hallelujah“ in meinem Blog ein. Bis zur letzten Version dieses Liedes wusste ich nicht, dass das Original von Leonard Cohen[7] aus dem Jahr 1984 stammte. Ich wusste auch nicht, dass Dutzende von Cover-Versionen existieren, der Song einen eigenen Wikipedia-Artikel[8] besitzt und eine Entstehungs- wie Wirkungsgeschichte, deren theologische Aufklärung eine Reihe von überraschenden Befunden bereithielt.

2.


https://www.youtube.com/watch?v=S6KLK_8Tg6Y

Cohens „Halleluja“ zeichnet sich aus durch seinen ruhigen, zurückhaltenden, meditativen Charakter. Im Grunde hört es sich mit dieser Ruhe an wie ein Gegenentwurf zu Händels „Hallelujah“, aus dem Triumph, Auferstehungsfreude, Hoffnung auf das anbrechende Reich Gottes und wohl auch ein wenig Stolz auf Empire und Commonwealth herausklingen. Bei Cohen kommen Zurückhaltung, Gebrochenheit, Zögern und das Bewusstsein einer gebrochenen, aber bewältigten Lebensgeschichte zum Ausdruck. Statt Triumph, enthusiastischem Überwältigtsein und Siegesfreude vermittelt es Zustimmung, Einstimmung, Glauben und Hoffnung auf etwas, das über das private Leben und private Konflikte hinausgeht. Händel und Cohen - das ist auch der Gegensatz zwischen Barock und Postmoderne, dem Monumentalen, Triumphalistischen, Enthusiastischen und – auf der anderen Seite - dem Zurückgenommenen, Zurückhaltenden, Gebrochenen.

Wer zu Anfang Cohens Text der Strophen nicht beachtet, dem schleicht sich trotzdem das immer wieder wiederholte Halleluja des Refrains ins Ohr. Nun muss man nicht die hebräische Sprache beherrschen, um zu wissen, dass das Wort Halleluja aus dem ersten Teil der Bibel kommt und „Wir loben Gott!“ oder „Lasst uns Gott loben!“ bedeutet. Indikativ und Adhortativ unterscheiden sich dabei nicht groß. Mit dem repetitiven Halleluja gewinnt der Song einen intensiven, verdichteten, eindringlichen Charakter, der die Zuhörer für das Lied einnimmt.

Zusätzliche Eindringlichkeit gewinnen Musikclips durch die Bilder, die sie zur Musik zeigen. Wer Gott gerade mit diesem Song von Leonard Cohen loben will, der stellt sich häufig in einer Kirche auf, auf die Empore oder im Chorraum. Schaut man auf den Hintergrund, den die Musikclips des Halleluja zeigen, so sieht man Vokalquartette, die vor einem Altar stehen und singen. Auf Youtube ist ein Video sehr populär geworden, in dem ein katholischer Priester[9] zur Überraschung des Paares das „Halleluja“ bei einer Trauung anstimmt. Der Priester verwandelte sich vom Liturgen zum Kantor und sang in verbesserungswürdiger Intonation einen für diese Trauung modifizierten und personalisierten Text. Große Rührung bei Brautpaar und Hochzeitsgästen.

Wie das Händel schon vor über zweihundertfünfzig Jahren mit seinem Oratorium gelang, wird das „Halleluja“ von Leonard Cohen im Moment offensichtlich zur Ehre der kirchenmusikalischen Altäre erhoben. Es findet seinen Weg von den Bühnen der Popkonzerte und Jazzfestivals in die Auftritte der Gospelchöre und kirchlichen Popularmusik. Auf Youtube sind eine ganze Reihe von Orgelbearbeitungen[10] zu hören und selbstverständlich auch für das Gespann von Orgel und Trompete, ein sicheres Kennzeichen dafür, dass der Song nun beim kirchenmusikalischen Kitsch angelangt ist, den die Kirchenmusikdirektoren zusammen mit dem Solotrompeter des Städtischen Orchesters in Neujahrskonzerten abnudeln. Wenn André Rieux ein Konzert in einer Kirche geben würde, er würde ganz selbstverständlich diesen Song spielen, spätestens als Zugabe.[11]

Andere musikalische Bearbeiter sind einen umgekehrten Weg gegangen. Das „Hallelujah“ von Cohen passt zu Trauungen, zu Gottesdiensten, aber auch zu Filmszenen, zum „Tatort“ und anderen Krimis, genauso wie zur Hintergrundmusik anspruchsvoller Restaurants. Der Song hat sich in vielen Ohren eingenistet und auch im allgemeinen Musikgeschmack, gerade weil er so vielseitig „verwendbar“ ist. Cohens „Hallelujah“ kann kirchlich, kitschig, sentimental, geschmacklos und schlagerhaft spießig wirken. Der Song ist so bekannt, dass er schon parodiert worden ist.[12] Doch vor dem spröden, intensiven Charme einiger Einspielungen kann sich kein Kitschhasser verschließen.

Man kann die Frage stellen: Was hat sich eigentlich Leonard Cohen bei diesem Song gedacht? Es ist Zeit, sich mit einigen theologisch-musikalischen Überlegungen am Kanonisierungsverfahren zu beteiligen.

3.

Leonard Cohen[13] wurde am 21. September 1934 in Montreal in Canada geboren. Er kam aus einer wohlhabenden jüdischen Familie und studierte an der renommierten McGill University. Schon als Student veröffentlichte er Gedichte, er schrieb Romane, bevor er sich dem Komponieren und Liederschreiben zuwandte. Als er älter wurde, Dutzende von Plattenveröffentlichungen und Konzerttourneen später, beschäftigte er sich mit Zen-Meditation und ließ sich schließlich zum buddhistischen Mönch ordinieren. Schon aus diesen abgekürzten biographischen Angaben werden eine Reihe von Gegensätzen sichtbar: solche der Sprache, der Religion und der kulturellen Herkunft.

Bernard Avishai hat in einem sehr aufschlussreichen Essay[14] im „New Yorker“ versucht, den ganz ambivalenten Charakter eines Songs wie des „Hallelujah“ aus Cohens kanadischer Herkunft im frankophonen Montreal zu erklären. In den 50er und 60er Jahren war Montreal bestimmt durch eine Reihe von Gegensätzen, vor allem zwischen einer französisch-katholischen Kultur, die präkonziliar von Elementen des Ultramontanismus bestimmt war, und auf der anderen Seite von einer englisch-protestantischen Kultur. Beides fügte sich nicht richtig zusammen. Das Kanada der 50er Jahre war eben kein amerikanischer melting pot, in dem eine Verfassung die Gleichheit der Menschen aller Kulturen und Religionen rechtlich garantierte und in dem soziale Grenzen ständig in Bewegung waren, so dass sie sich erst langsam, dann immer stärker gegenseitig relativierten. Die Pluralität Montreals war stärker durch Gegenüberstellungen geprägt.

Zwischen den drei Kulturen Montreals entwickelte sich ein Kampf um die privilegierte Stellung in der Gesellschaft, und die jüdischen Familien und Quartiere standen zwischen den Fronten dieser kulturellen Auseinandersetzung. An der Wurzel dieses Konflikts wirkte ein Gegensatz von drei Sprachen: Englisch, Französisch und dem Jiddisch, das die aus Europa nach Kanada eingewanderten jüdischen Mitbürger sprachen. Avishai spricht zunächst einmal von einer “stillen Revolution“ der jüdischen Mitbürger, die zur Emanzipation von der katholischen Kirche und der englischen Elite führte. Die Juden mit intellektuellem Anspruch fühlten sich zu den Protestanten hingezogen, weil sie deren Schriftorientierung und literarische und exegetische Bildung bewunderten. An den Katholiken schätzten sie die festen Rituale des Gemeindelebens, das Amalgam von Theologie und Ästhetik in der Messliturgie, das konservative Festhalten an einer autorativen Schriftinterpretation des Lehramts und den Sinn für historische Kontinuitäten. Aber die Bewunderung war, Anfang der sechziger Jahre, in alle drei Richtungen auch mit einer Ablehnung eines allzu rigiden Moralismus verbunden, der Judentum, Katholizismus und Anglikanismus auf seine Weise prägte. In den Jahren nach dem Weltkrieg traten in Montreal Intellektuelle auf, die sich gegenüber den lokalen religiösen Autoritäten bis an die Grenze der Boshaftigkeit schroff und ablehnend zeigten. Die Rivalitäten zwischen den Kulturen und Religionen im Montreal der 50er und 60er Jahre wurden - auch in intellektuellen Kreisen - nicht direkt angesprochen oder gar ausgesprochen.

Uneingestandene, verdeckte Bewunderung bestimmte das soziale Gleichgewicht ebenso wie uneingestandene Verachtung. Avishai zitiert aus einem biographischen Interview Cohens, in dem er sagte, dass er Jesus immer geliebt habe, aber dass er es auch nicht gewagt hätte, das in seiner jüdischen Schule zu sagen. Das freie und offenere Klima an der McGill Universität führte Cohen dazu, sich von den engen religiösen und moralischen Zwängen seiner Religionsschule zu befreien. Er studierte Literatur, beschäftigte sich also damit, Texte auszulegen und zu deuten; das kannte er schon aus der Yeshiva mit ihren reichen exegetischen Traditionen. Aber er fand an der Universität einen erweiterten (literarischen) Textkanon vor, dazu ein größeres Reservoir an hermeneutischen Methoden. Im Ergebnis zielte das auf ein stärker pluralistisches, offeneres Verständnis von Religion, das das beengte, regel- und bekenntnisorientierte Verständnis von Religion als Aufrechterhaltung einer kleinen Gemeinschaft innerhalb einer fremden, feindlichen Welt ersetzt. Avishai liest eine Reihe von Gedichten und Liedern Cohens, darunter auch das „Halleluja“, als Ausdruck dieses Versuches, sich aus den engen Grenzen der eigenen religiösen Herkunft zu befreien. Das Jüdische wird damit zum Maßstab, der sich aus der familiären Herkunft ergibt. Es stellt die Substanz dar, von der sich Cohen im Erwachsenwerden befreit, aber auf die er sich direkt und indirekt immer wieder zurückbezieht. Das Englische wird ihm zur lingua franca, der Sprache, in der er seine Gedichte und Lieder schreibt. Den französischen Katholizismus beneidet er heimlich und offen für seine stabile Tradition gelebter Gemeindefrömmigkeit. Das ist die kulturelle Konstellation, von dem her sich ein Song wie Hallelujah biographisch erklären lässt. Sie ist bestimmt von Mehrsprachigkeit und uneingestandenen kulturellen wie religiösen Konflikten. Avishai nennt diesen Song “a hymn to souls too carnal to grow old, too secular to give praise, and too baffled to mock faith”.

4.

Wer sich von Avishais kulturhistorischer Analyse der Metropole Montreal in den 50er Jahren leiten lässt und diese textanalytisch auf die Strophen des Songs anwendet, kann überraschende Entdeckungen machen:

1        “Now I've heard there was a secret chord
2        That David played, and it pleased the Lord
3        But you don't really care for music, do you?
4        It goes like this, the fourth, the fifth
5        The minor falls, the major lifts
6        The baffled king composing Hallelujah

7        Hallelujah, Hallelujah
8        Hallelujah, Hallelujah

9        Your faith was strong but you needed proof
10      You saw her bathing on the roof
11      Her beauty and the moonlight overthrew her
12      She tied you to a kitchen chair
13      She broke your throne, and she cut your hair
14      And from your lips she drew the Hallelujah

15      Hallelujah, Hallelujah
16      Hallelujah, Hallelujah

17      Hallelujah, Hallelujah
18      Hallelujah, Hallelujah

19      You say I took the Name in vain
20      I don't even know the Name
21      But if I did, well really, what's it to you?
22      There's a blaze of light in every word
23      It doesn't matter which you heard
24      The holy or the broken Hallelujah

25      Hallelujah, Hallelujah
26      Hallelujah, Hallelujah

27      I did my best, but it wasn't much
28      I couldn't feel, so I tried to touch
29      I've told the truth, I didn't come to fool you
30      And even though it all went wrong
31      I'll stand before the Lord of song
32      With nothing on my tongue but Hallelujah

33      Hallelujah, Hallelujah
34      Hallelujah, Hallelujah“[15]

Dieser Text folgt der ersten Version des Songs, den Cohen 1986 in das Album „Various Positions“ aufgenommen hat. Den Beginn macht die Musik (Z.1-5). Als erste Person stellt Cohen den biblischen König David vor. Er gilt zum einen als Verfasser der Psalmen und zum anderen als der Harfenspieler, der die Depressionen des Königs Saul vertreiben konnte (1Sam 16,14-23). „Sooft nun der böse Geist von Gott über Saul kam, nahm David die Harfe und spielte darauf mit seiner Hand. So wurde es Saul leichter und es ward besser mit ihm und der böse Geist wich von ihm.“ (1Sam 16,23) Die „chords“, von denen Cohen redet, müssen also nicht auf die Gitarre verweisen, sondern können auch auf die Harfe (oder Leier) deuten, die David schon spielte, bevor er König wurde. Auch wenn sich exegetisch nicht halten lässt, dass David sämtliche Psalmen verfasste, so fallen doch die engen Verknüpfungen zwischen der Davidsgeschichte in den Geschichtsbüchern und der Situation des Beters David in den Psalmen auf und gewinnen an Bedeutung.[16]

Hinzu kommt, dass sich im Psalter die besondere Gruppe der Hallel-Psalmen unterscheiden lässt, nämlich die Psalmen 113-118 (das ägyptische Hallel), 136 (das große Hallel) und 145-150 (das tägliche Hallel). In all diesen Lobpsalmen spielt das Wort Halleluja eine gewichtige Rolle.[17] Die Rezitation dieser Psalmen ist, wie Millard ausführt, in der Liturgie des jüdischen Gottesdienstes besonderen, dem jüdischen Festkreis entnommenen Anlässen zugeordnet. Im Rückgriff auf Avishais Analyse erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass Cohen durch seine Schulbildung in der Yeshiwa mit diesen liturgischen Traditionen vertraut war. Der im Liedtext genannte König schreibt ein neues „Hallelujah“. Entscheidend für alle Hallel-Psalmen ist die Beobachtung, dass das Wort Hallelujah (Lobt Gott) diese Psalmen rahmt und gliedert. Millard schreibt: „Das ‚Ägyptische Hallel‘ und das ‚Tägliche Hallel‘ haben (…) regelmäßig die Aufforderung zum Lob des Gottes Israels ‚Halleluja‘ („Lobet JH[WH]“) als psalmtrennende bzw. sogar rahmende Textbestandteile (…).“[18]

Genau diese rahmende, gliedernde Funktion des repetitiven Halleluja hat Cohen in sein Lied aufgenommen. Und diese Übernahme, die so in der Sekundärliteratur bisher noch nicht gesehen wurde, ist für Cohens Song noch wichtiger als die Bezugnahmen auf biblische Erzählungen.

In der zweiten Strophe wird David direkt angesprochen. Cohen bezieht sich auf die Geschichte von David und Bathseba (2 Sam 11), allerdings mit der Einschränkung, dass die berühmte Zornesrede des Propheten Nathan (2 Sam 12) außer Acht bleibt. Z.10 evoziert die Szene, in der David Bathseba, die Frau des Generals Urija, heimlich beim Baden beobachtet. David ist von ihrer Schönheit überwältigt, er nimmt die Erotik wichtiger als die Moral. Dann jedoch wechselt im Lied die Perspektive. Während in der Bibel Bathseba nur eine Nebenfigur bleibt, auf die der Erzähler keine Aufmerksamkeit verwendet, dreht Cohen nun die Perspektive um und spricht davon, dass Bathseba (oder eine andere Frau) König David (oder einen anderen) im wahren Sinne des Wortes fesselt (Z. 12). Allerdings werden in der zweiten Strophe weder David noch Bathseba direkt angesprochen. Cohen generalisiert das Geschehen der tragischen Liebesgeschichte, die Verletzung, Leid und die Übernahme von Schuld mit einbezieht.

Die folgende Zeile 13 hat manche Ausleger darauf gebracht, dass jetzt gar nicht mehr von David und Bathseba die Rede ist, sondern von einem anderen biblischen Paar, nämlich Samson und Delila (Ri 16). Dort besiegt die Philisterin Delila bekanntlich den Richter Samson, indem sie ihm im Schlaf die Haare abschneidet und ihn so seiner göttlichen Kräfte beraubt. Richter 16,16-19 heißt es: „Als [Delilah] aber mit ihren Worten alle Tage in [Samson] drang und ihm zusetzte, wurde seine Seele sterbensmatt, und er tat ihr sein ganzes Herz auf und sprach zu ihr: Es ist nie ein Schermesser auf mein Haupt gekommen; denn ich bin ein Geweihter Gottes von Mutterleib an. Wenn ich geschoren würde, so wiche meine Kraft von mir, sodass ich schwach würde und wie alle andern Menschen. Als nun Delila sah, dass er ihr sein ganzes Herz aufgetan hatte, sandte sie hin und ließ die Fürsten der Philister rufen und sagen: Kommt noch einmal her, denn er hat mir sein ganzes Herz aufgetan. Da kamen die Fürsten der Philister zu ihr und brachten das Geld in ihrer Hand mit. Und sie ließ ihn einschlafen in ihrem Schoß und rief einen, der ihm die sieben Locken seines Hauptes abschnitt. Und sie fing an, ihn zu bezwingen – da war seine Kraft von ihm gewichen.“

Die dritte Strophe allerdings verbindet die drei vorigen Strophen wieder mit einer biblischen Anspielung. Cohen redet von dem „Namen“, hebräisch „ha schem“, was ein gebräuchliches Gottesprädikat ist. Diesen Namen, den nach der biblischen Überlieferung, Gott dem Mose in seiner Erscheinung im Dornbusch offenbart hat (Ex 3), dürfen Juden nicht aussprechen. Aber Cohen sagt mit aller Deutlichkeit: Ich kenne den Namen gar nicht (Z.20). Ich bin als Sänger also nicht im eigentlichen Sinne religiös (Z.23-24), jedenfalls als Angehöriger einer bestimmten Religionsgemeinschaft. Aber das spielt für das lyrische Ich auch keine Rolle. Ob jemand das „heilige“ oder das in der Liebe gebrochene („broken“) Halleluja ausspricht, das spielt keine Rolle, wenn es darum geht, ja, Gott oder jene namenlose, transzendente Wesenheit, über die die Menschen nicht richtig Bescheid wissen, zu loben.

Diesen Gedanken führt die letzte Strophe weiter: Sie redet von der unvollkommenen (Z.28) Suche des Menschen nach der Wahrheit, dem Versuch, diese Wahrheit auszusprechen und dabei regelmäßig zu scheitern (Z.29). Trotzdem ist es für das lyrische Ich möglich, Gott (den „Lord of song“ - Z. 31) zu loben. Um es ganz pointiert zu formulieren: Das Lob Gottes ist der Modus, sich diesem „Lord of song“ zu nähern. Das Lob ist der einzige Modus der Gotteserkenntnis.

5.

Jahre später ergänzte und erweiterte Cohen den Song. An die Stelle der ursprünglichen Strophen 3 und 4 setzte er drei neue Strophen:

35      “Oh baby I have been here before
36      I've seen this room and I've walked this floor
37      You know I used to live alone before I knew you
38      And I've seen your flag on the marble arch
39      And love is not a victory march
40      It's a cold and it's a broken Hallelujah

41      Hallelujah, Hallelujah,
42      Hallelujah, Hallelujah

43      Well there was a time when you let me know
44      What's really going on below
45      But now you never show that to me do you
46      And remember when I moved in you
47      The holy dove was moving too
48      And every breath we drew was Hallelujah

49      Hallelujah, Hallelujah,
50      Hallelujah, Hallelujah

51      Well maybe there is a God above
52      But all I've ever learned from love
53      Was how to shoot somebody who outdrew you
54      And it's not a cry that you hear at night
55      It's not somebody who's seen the light
56      It's a cold and it's a broken Hallelujah

57      Hallelujah, Hallelujah,
58      Hallelujah, Hallelujah,
59      Hallelujah, Hallelujah,
60      Hallelujah, Hallelujah[19]

Damit sind die beiden Grundversionen des Lieds benannt. In der Praxis seiner Konzerte scheint Cohen die beiden Versionen öfter miteinander zu vermischen. Auch diejenigen, die Coverversionen singen, wählen oft die Strophen aus beiden Fassungen aus, die am besten zu ihrer Interpretation passen.

Die neue dritte Strophe enthält keine unmittelbaren biblischen Bezüge. Wichtig erscheint aber der Hinweis auf die Brüchigkeit von Liebesgeschichten (Z.39 And love is not a victory march), wie sie an der Ehebruchsgeschichte zwischen David und Bathseba deutlich wird, wo David von Gott bestraft wird, weil er den Tod des Generals Urija, der David im Weg stand, befohlen hat. Genauso deutlich wird das an der Geschichte zwischen dem Nasiräer Samson und Delilah. Die Liebe zwischen beiden überwindet nicht die Feindschaft zwischen den Völkern, für die sie auch stehen. Es liegt nahe, die Rede von der gebrochenen und gefährdeten Liebe in der neuen Strophe 3 auf die beiden biblischen Liebesgeschichten, von denen in den Strophen 1 und 2 die Rede war, zu beziehen. Aber zwingend ist das nicht, vielmehr erweitert Cohen die Rede von der Liebe zu allgemeinen Aussagen: Liebe ist kein Siegeszug, und folgerichtig atmet deswegen das gesungene, gesprochene oder gejubelte Halleluja nicht den Geist des Eindeutigen, sondern eine Atmosphäre des Gebrochenen, des Misslungenen und des Scheiterns: „It's a cold and it's a broken Hallelujah.“(Z.22) Nicht nur die Liebesgeschichte ist von Brüchen belastet, auch das Lob Gottes, das diese Liebe begleitet, bekommt deshalb einen gebrochenen Charakter.

Die neue vierte Strophe besitzt einen deutlich sexuellen Gehalt (Z.44 What’s really going on below; Z.46 when I moved in you)[20]. Cohen redet jetzt nicht mehr von der Liebesgeschichte anderer Personen, die er in der Bibel gefunden hat, sondern von der Liebe des lyrischen Ich zu einer Partnerin, die er nicht mit Namen nennt, die er aber direkt anspricht (Z.43, 45). Die heilige Taube (Z.47), von der Cohen redet, ist als Anspielung auf den Heiligen Geist zu verstehen. Sexualität, Erotik und Liebe werden in einem Atemzug genannt, und alles zusammen bringt Cohen mit einer Theologie des Heiligen Geistes in Beziehung. Damit ist auch die Grenze von Cohens ursprünglich jüdischem Glaubensbekenntnis überschritten. Denn die Theologie des Geistes ist eine genuin christliche Argumentationsfigur. Das Lob Gottes findet nun seinen Ausdruck nicht mehr in Worten, sondern in einem bestimmten – und noch dazu sexuellen – Tun (Z.48).

In der neuen fünften Strophe zweifelt Cohen die Existenz Gottes an (Z.51). Cohen wähnt sich nicht mehr im schützenden Hafen einer bestimmten Religion, weder im Judentum, aus dem er kommt, noch im Christentum, das er zu Teilen aufnimmt, eher nimmt er eine liberale, pluralistische Position in der Religionsfrage ein. Aber auch das Thema der scheiternden, gebrochenen Liebe führt Cohen weiter: Seine Lektion in Sachen Liebe hat er gelernt (Z.52). Wer lieben will, muss auch die Konflikte aushalten, die sich daraus ergeben. Trotzdem kann das lyrische Ich, gerade wegen der Liebe immer noch den unbekannten Gott im Himmel loben. Aber das Hallelujah dieses Gotteslobs ist eben nicht mehr rein, glänzend und eindeutig, nicht mehr kindlich naiv, sondern - gebrochen. Um das zu betonen, wiederholt Cohen die letzte Zeile der neuen dritten Strophe (Z.40 = Z.56)

Aus diesen Beobachtungen zu einzelnen Zeilen wird deutlich: Das ist kein biblisches Erzähllied. Das ist auch kein im engeren Sinne religiöses Lied. Vielmehr spielt „Hallelujah“ mit biblischen Motiven, es spiegelt eine Stellung zu unterschiedlichen Religionen, die von Skepsis und einer Verweigerung gegenüber allem Konfessorischen und engen Klerikalen gekennzeichnet ist. Das Lied spiegelt auch deutlich die Auseinandersetzungen des Schüler und Studenten Cohen in den besonderen religiös-kulturellen Bedingungen des kanadischen Montreal der 50er und 60er Jahre wider, wie sie oben erläutert wurde. „Hallelujah“ ist ein Lied über die Brechungen und Abgründe menschlicher Liebe und Beziehungen. Brechungen und erfüllte Sehnsüchte genauso wie Scheitern werden deutlich in den krummen und gebrochenen Beziehungen Davids und Bathsebas, Samsons und Dalilahs. Gleichzeitig bleibt diese Liebe, trotz aller Brechungen mit dem Lob Gottes verknüpft.

 Das Lob Gottes wird aber nun seinerseits doppelt gebrochen. Es ist gebrochen, weil Liebe und Schuld sich in dauerhaften menschlichen Beziehungen nicht sauber voneinander trennen lassen. Es ist zum anderen gebrochen, weil sich die Menschen, die Gott loben, dieses Gottes nicht sicher sein können. Für Cohen gilt: Keine Konfession und keine einzelne Religion können die Existenz eines Gott genannten Wesens wirklich umfassend beschreiben, theologisch reflektieren und in plausible Rituale umsetzen.

Damit ist in der genauen Versinterpretation zweierlei geleistet: Das Lied ist im biographisch-religiösen Kontext Cohens verortet, es lässt sich plausibel aus seiner Lebens-, Religions- und Literaturgeschichte herleiten. Es lässt sich eine Entwicklung von einem konfessorischen, gemeindeorientierten Judentum zu einer freieren und zugleich skeptischeren Haltung beschreiben. Diese bewegt sich jenseits der konfessionellen Orientierung an einer Religion auf einen Standpunkt zu, der sich gegenüber Religionen im Sinne von Bricolage verhält. Das Urteil des Individuums (bzw. des lyrischen Ich) steht über der konfessorischen Geltung der gemeinsamen Religion. Und dieser Prozess ist nicht nur auf das Montreal der 50er und 60er Jahre beschränkt. Er ist eine Signatur moderner freiheitlicher Gesellschaften, in denen Religionsfreiheit von Verfassungs wegen gewährt wird. In solchen modernen Gesellschaften stehen Anhänger wie Nicht-Anhänger von Religionen vor der Aufgabe, in allen sozialen Sphären mit unterschiedlichen religiösen Wahrheitsansprüchen konfrontiert zu werden. Religiöse Wahrheit ist konfrontiert mit einer Vielzahl anderer Wahrheiten. Auf diesen Prozess haben auch Religionen und Gesellschaften selber reagiert. Auch deswegen könnte, so die Hypothese, Cohens Song so erfolgreich geworden sein.

6.

„Halleluja“ hat eine komplizierte Entstehungs- und eine noch kompliziertere Verbreitungsgeschichte[21]. Cohen schrieb mehr als fünf Jahre an diesem Lied, schuf insgesamt achtzig Verse, von denen er die meisten wieder verwarf. Cohens Plattenfirma lehnte zuerst das ganze Album „Various Positions“ ab und wollte es nicht veröffentlichen, so dass es bei einer anderen, kleineren Plattenfirma erscheinen musste.

Noch komplexer erscheint die Rezeptionsgeschichte. Bob Dylan und andere Folksänger übernahmen das Lied und sangen es in eigenen Versionen. Langsam verbreitete sich der Song in der ganzen Welt, die Zahl der Coverversionen nahm immer mehr zu. Jahrelang sang Cohen das „Hallelujah“ in seinen Konzerten überhaupt nicht, er hatte sich dem Lied offensichtlich wegen seines Erfolgs entfremdet, bis er dann irgendwann anfing, den Song mit neuem Text als sein eigenes Lied zurückzugewinnen.


https://www.youtube.com/watch?v=2FpwjQLZTTs

Cohen selbst hat sich mehrfach über den Song „Halleluja“ in Interviews, Konzerten und Büchern geäußert. So sagte er: „Hallelujah is a Hebrew word which means ‚Glory to the Lord.’ The song explains that many kinds of hallelujahs do exist. I say all the perfect and broken hallelujahs have an equal value. It’s a desire to affirm my faith in life, not in some formal religious way, but with enthusiasm, with emotion.”[22] An anderer Stelle sagte er: “I wanted to push the Hallelujah deep into the secular world, into the ordinary world (…). The Hallelujah, the David’s Hallelujah, was still a religious song. So I wanted to indicate that Hallelujah can come out of things that have nothing to do with religion.”[23] Diese Äußerungen geben der biographischen und religionspluralistischen Deutung, die ich bisher entwickelt habe, noch einmal eine neue Wendung. In Cohens Verständnis erkennt der Song nicht nur Unterschiede zwischen verschiedenen Religionen an, er nimmt auch Nicht-Religiosität, Säkularismus ernst, ohne sich deshalb auf die Seite der Verächter von Religion zu stellen.

Cohen akzeptiert eine religiöse Dimension des Lebens, und diese findet darin Gestalt, dass das Leben oder Gott, trotz aller Erfahrungen des Scheiterns, der Verzweiflung und der Traurigkeit, vor allem in der Liebe, gelobt wird. Lob und Dank sind die primären Modi oder Habitusformen, sich zu der Instanz zu verhalten, die diese Welt in ihre Existenz gebracht hat. Diese Modi werden verschieden zum Ausdruck gebracht, sie unterscheiden sich in religiöser, in individueller und in sozialer Hinsicht. Dank wird nicht einfach pauschal ausgesprochen. Der Dank, den Cohen in seinem Song artikuliert, bezieht die individuellen Erfahrungen und die Lebensgeschichte desjenigen mit ein, der diesen Dank religiös ausspricht. Und die Facetten des Dankes vermehren sich noch dadurch, dass ganz unterschiedliche Hörer diesen Song rezipieren.

In dieses im Lied vielfach wiederholte Halleluja kann jeder die eigenen Erfahrungen des Scheiterns und Gelingens eintragen, die ihm wichtig sind. Der Dank selber an diese Macht, die Wirklichkeit transzendiert, kann auf religiöse Weise, auf spezifisch religiöse Weise, nämlich im Kontext eines bestimmten religiösen Bekenntnisses ausgesprochen werden, er muss aber nicht so artikuliert werden. Lob und Dank bekräftigen den Glauben an das Leben, trotz aller tragischen Erfahrungen und trotz aller Erfahrungen des Scheiterns. In seinen Interviewäußerungen holt Cohen dieses Loben und Danken, das im einen Wort Hallelujah kulminiert, in den Alltag, in den säkularen, religionslosen Raum hinein, ohne dass damit religiöse Orientierungen entlarvt oder bloßgestellt würden. Diese letzte Beobachtung ist ein Aspekt, der die bisher vorgestellte Deutung des Liedes noch einmal bereichert.

Den bloggenden anglikanischen Bischof Nick Baines[24] hat das zu der These gebracht, Cohen wolle mit seinem Lied nicht die Religion den klerikalen Funktionären aller Religionen entwinden, sondern er wolle die conditio humana jenseits konfessionellen Krämergeistes verstehen. Baines behauptete, Cohen habe verstanden, dass das menschliche Leben wahrhaft zweideutig sei („deeply ambiguous“).

Baines fuhr fort: “Whereas some Christians think that we must praise God at all times and tell him what we think he wants to hear from us, the biblical story actually portrays people as needing to bring the whole of their messy life to God. Cohen sings of the 'broken and the holy hallelujah'. Leonard Cohen is wonderful. He explores language and story in such a transparent way that he exposes the truth of the human condition in words that want to make you shout, 'That's what I feel/think/experience!' And that is the power of the poet.“ Baines versucht sich an einer Interpretation, die sozusagen den Geist der Existenztheologie Paul Tillichs atmet. Cohen stellt sich in dem Song einer universalen condition humaine, die er als trotziges Danken, Danken trotz aller Erfahrungen des Scheiterns beschreibt. Und zweitens arbeitet Baines den poetischen Sinn des Songs, in seiner musikalischen und literarischen Dimension heraus. Text und Melodie laden förmlich zum Nachsingen ein. Und das ist ja auch wirklich sehr häufig geschehen.

Diesen letzten Aspekt hat auf seine Weise Bryan Appleyard[25] verstärkt. Er versteht Popsongs als Formen des Selbstausdrucks: "Songs are everywhere. (...) Songs are thus the dominant expressive form of our time." In dieser Hinsicht ist „Hallelujah“ mit den Hits der Beatles („Hey Jude“ und viele andere), der Rolling Stones („Satisfaction“) und Deep Purple („Smoke on the Water“) vergleichbar. All diese Songs sind aus der akustischen Umwelt, vom Kopfhörer bis zu den Ohrstöpseln, von der Hintergrundmusik im Kaufhaus bis zur Filmmusik, von der Radiostation bis zum Podcast aus dem Internet nicht wegzudenken. Und das, so Appleyard, liegt vor allem daran, dass das Wort Halleluja wie eine verbale und melodische Leerstelle eingesetzt wird: "The aesthetic trick at the heart of this is the undermining of the word Hallelujah. It means praise to the Lord but it is, basically, just a musical sound, like la la la or yeah, yeah, yeah. Describing the chord structure in those three lines in the first verse makes the words, sort of literally, into the music. Similarly, the chorus, which consists simply of the repetition of the word, is pure song in which the words and music are inseparable. And it is a pure pop song or contemporary hymn — a catchy uplifting tune and a comforting word." Bringt man das mit dem zusammen, was bisher als Interpretation vorgestellt wurde, so kommt es für die Hörer gar nicht darauf an, den Text zu verstehen und schon gar nicht den biographischen und religionssoziologischen Hintergrund. Auf der Ebene des musikalischen Unterbewusstseins genügt das stets wiederholte einfache Signalwort, welches im Kontrast zu der komplexen und vielfältigen Erzählung in den Strophen steht. Aus diesem Kontrast zwischen simpler Wiederholung und den komplexen Anspielungen auf verschiedene Liebesgeschichten, offensichtlich Cohens eigene und biblische, lebt der ganze Song. Aus dieser Spannung kommt seine poetische Kraft. Und deswegen ist das Lied zum Ohrwurm geworden.

7.

Cohens Hallelujah fordert den Vergleich heraus, am besten mit einem der bekanntesten, aber auch umstrittensten modernen Kirchenlieder, die der Protestantismus hervorgebracht hat: dem Danke-Lied des Freiburger Kantors und Pfarrers Martin Gotthard Schneider. Denn auch das Danke-Lied lebt ja vom Gegensatz zwischen dem vielfach wiederholten Danke und den einzelnen, konkreten Dankesbekundungen dazwischen.

1        1.) Danke für diesen guten Morgen,
2        danke für jeden neuen Tag.
3        Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag.

4        2.) Danke für alle guten Freunde,
5        danke, oh Herr, für jedermann.
6        Danke, wenn auch dem größten Feinde ich verzeihen kann.

7        3.) Danke für meine Arbeitsstelle,
8        danke für jedes kleine Glück.
9        Danke für alles Frohe, Helle und für die Musik.

10      4.) Danke für manche Traurigkeiten,
11      danke für jedes gute Wort.
12      Danke, dass deine Hand mich leiten will an jedem Ort.

13      5.) Danke, dass ich dein Wort verstehe,
14      danke, dass deinen Geist du gibst.
15      Danke, dass in der Fern und Nähe du die Menschen liebst.

16      6.) Danke, dein Heil kennt keine Schranken,
17      danke, ich halt mich fest daran.
18      Danke, ach Herr, ich will dir danken, dass ich danken kann.

Dieses Lied steht bis heute im Evangelischen Gesangbuch (EG 334)[26]. Es ist 24 Jahre älter als Cohens Hallelujah und entstand aus einem Kompositionswettbewerb für moderne geistliche Lieder, den der Münchener Studentenpfarrer Hegele[27] an der Evangelischen Akademie Tutzing veranstaltet hatte. Der Komponist und Dichter Martin Gotthard Schneider errang mit dem Danke-Lied den ersten Platz. Eine Schallplattenaufnahme mit dem Sänger Ralf Bendix verkaufte sich danach 250000 mal. Von Anfang an stieß das Lied allerdings auf Kritik, unter anderen Theologen, über die der Initiator des Wettbewerbs, Pfarrer Hegele dann dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (sic!) sagte: „Einer verglich das Lied 'Danke' mit einem Campingpfarrer, der am Strand keine Predigt hält, sondern... aufgeblasene Gummischwimmtierchen mit der Aufschrift ‚Jesus lebt‘ verteilt.“[28] Und in der Wochenzeitung „Die Zeit“ (sic!) hieß es auch schon im Jahr davor unter dem Titel „Lobet den Herrn mit leichten Liedern“: „Jene als ‚religiös‘ preisgekrönten Lieder wie zum Beispiel ‚Danke‘ (…) sind in ihrem Text nicht einfältig, sie sind von jener fürchterlichen Pseudo-Einfalt ehemaliger BDM-Lieder und heutiger ‚Jugend‘-Lieder der Sowjetzone. Ihre musikalische Gestaltung ist so billig wie die von Schnulzen und Werbeliedchen.“[29] Der Lyriker und Pfarrer Kurt Marti schrieb 1964 über das Danke-Lied: „Jedenfalls weist auch der Text alle Merkmale der Schnulze auf: schlechtes Deutsch, platte Redensarten, kaum ein rechter Realitätsbezug und statt verbindlicher Aussage diffuse Stimmungsmache.“[30] Erfolg und Kritik an diesem Lied halten sich seit seiner Entstehung die Waage. Das Lied selbst wurde zum Lackmustest für Gegner und Befürworter moderner Kirchenlieder. An seiner Einschätzung schieden sich die Geister.

Und diese ambivalente Bewertung des Liedes hat sich bis heute erhalten. Sie kommt schon in der Überschrift zum Ausdruck, mit der der FAZ Redakteur Lorenz Jäger dem Komponisten und Dichter Martin Gotthard Schneider im Jahr 2015 zum 85. Geburtstag gratulierte: „Unfreiwillig komisch und unglaublich erfolgreich“. Und in der Unterschrift unter der Überschrift heißt es: „Analyse eines Liedes, das protestantischer kaum sein könnte“.[31] Diese letzte Behauptung könnte allerdings der habituell gewordenen Affinität des FAZ-Feuilletons für den konservativen Katholizismus geschuldet sein, der sich normalerweise nur im Politischen, nicht im Ästhetischen Bahn bricht. Wie Cohens Hallelujah ist das Danke-Lied nachgesungen und –gespielt, in modernem Hitparaden-Sound „gecovert“ worden, sehr erfolgreich von der Band „Die Ärzte“[32], deren Änderungen an Melodie, Harmonie und Text dem Lied nun in der Tat ein völlig anderen Charakter geben. Auch Parodien sind dem Danke-Lied nicht erspart geblieben, weit verbreitet diejenige des Regisseurs Christoph Marthaler in Berlin, der die berühmt-berüchtigte Halbtonverschiebung des Orgelsatzes ins Absurde trieb. Eine zweite Parodie aus der Satire-Sendung „Switch“[33] stellt dem Danken des Liedtextes bewusst Situationen von Elend und Leid gegenüber, wobei da zu sagen ist: Diese Parodie in ihrer Plumpheit und Drastik ist nicht besser gelungen als das Lied selbst. Man kann Harmonie und Kitsch weder durch politische Korrektheit noch durch Moralisieren besiegen. Dem Erfolg des Liedes hat das alles keinen Abbruch getan: Noch heute erreichen aktuelle Versionen[34] des Liedes, die den Charakter des musikalischen Kitsches unbewusst und unabsichtlich noch steigern, bei Youtube hohe Abrufzahlen.

Zwanzigmal taucht in den sechs Strophen des Liedes das Wort „Danke“ oder eines seiner Derivate auf.[35] Gott wird angesprochen als ein Gegenüber, das einerseits geduzt (Z.3.15), andererseits aber auch als Herr (Z.5.18) geehrt wird. Daneben redet das lyrische Ich von Gottes Hand (Z.12), seinem Wort (Z.13), seinem Geist und seinem Heil (Z.16). Alle diese Begriffe bleiben allgemein, abstrakt, im Zusammenhang des Liedes wirken sie wie theologische Klischees, die nicht weiter erläutert werden. Dem Du Gottes steht das Ich des Sängers gegenüber. Es hat Sorgen (Z.6), es verzeiht seinen Feinden (Z.7), es besitzt eine Arbeitsstelle (Z.12). Es handelt und denkt in der Gewissheit, dass Gottes Hand dieses Ich leitet (Z.13), sein Wort versteht (Z.17) und sich daran festhält (Z.18). Negative Aspekte des Lebens kommen in den Worten Sorge (Z.3), Feinde (Z.6) und Traurigkeiten (Z.10) zum Ausdruck.

Daraus folgt: Das Danke-Lied ist nicht als lyrische Erzählung, sondern als Gebet gestaltet. Gott wird unmittelbar angesprochen. Mit dem Halleluja-Song Leonard Cohens hat das Gedicht die Repetition des einen Lobwortes gemeinsam: Bei Schneider gliedert das wiederholte Danke, bei Cohen das wiederholte Halleluja das Lied. Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Während das Dankelied als ein Katalog für Gründen für das Danke gestaltet ist, erzählt der Halleluja-Song eine Reihe von Geschichten oder spielt zumindest darauf an: David spielt Harfe für den depressiven Saul, er verliebt sich in die verheiratete Bathseba. Simson wird von Delilah um seine Kraft gebracht. Der Sänger des Halleluja ist selbst von der Liebe enttäuscht. Das wiederholte Danke wird auch durch die Erwähnung von Sorgen, Feinden und Traurigkeiten nicht gebrochen, durch die katalogartige Aufzählung entsteht keine Ambivalenz, keine Doppeldeutigkeit, keine Tragik. Ebendas ist bei Cohen in reichem Maße vorhanden. Schneider bindet das wiederholte Danke mit Banalitäten zu einem Katalog zusammen, Cohen bindet das wiederholte Halleluja mit tragischen, ambivalenten Geschichten zu einer Abfolge von Anspielungen zusammen. Deswegen entsteht aus Cohens Song literarische und theologische Tiefe, aus Schneiders Kirchenlied leider nicht. Noch mehr: Man hat den Eindruck, Schneiders Lied, der Wettbewerbsbeitrag sei auf eine bestimmte Wirkung geschrieben, nämlich auf den Versuch, sich bei den damals jungen Leuten, die längst alt geworden sind, anzubiedern. Deswegen fehlt es dem ganzen Lied an Authentizität. Das genau lässt sich von Cohens Song nicht sagen. Schneiders Danke-Lied fehlen die Widersprüche, die tragischen Momente und Ambivalenzen, welche Cohens Lied als Gegenüber des repetitiven Halleluja auszeichnen. Cohen singt das Halleluja trotz aller Misslichkeiten des Lebens. In diesem ‚Trotz‘ liegt eine Spannung begründet, die in eine Dialektik von Dank und Scheitern führt. Schneider siedelt das lyrische, singende Ich seines Danksagers in den simplen Beziehungsverhältnissen eines als harmlos und unspektakulär aufgezählten Lebens an. Die Harmlosigkeit der aufgezählten Umstände macht auch das Danke harmlos und oberflächlich.

8.

Cohens Halleluja-Song und Schneiders Danke-Lied haben gemeinsam die dauernde Wiederholung eines einzigen Wortes: Danke und Halleluja. Aber während Schneiders Lied in dieser Banalität anbiedernd wirkt, lassen sich, das hat dieser Essay gezeigt, in Cohens Song tiefere theo­logische und biographische Dimensionen entdecken, die weiter über den suggestiven Charakter des wiederholten Halleluja hinausgehen. Anbiederung bedeutet: Stimmungen, Atmosphären, Themen möglichst einfach zu artikulieren, damit möglichst viele sich darin wiederfinden. Dieses Anbiedernde bestimmt das Danke-Lied, und gerade das – und sein Erfolg - haben die Karikatur geradezu herausgefordert. Cohens Song enthält neben anderen Dimensionen auch eine Dimension des Banalen. Sie kann dazu verhelfen, das Lied für Deutungen aufzuschlüsseln, überhaupt erst einen Zugang zu verschaffen, das muss aber nicht so sein.

Das wiederholte, suggestive Halleluja ist nur die Einstiegsdroge, um das Lied in die Liste der eigenen Ohrwürmer aufzunehmen. Wer damit anfängt, bleibt dann auch dabei und entdeckt anderes, Tiefgründigeres, Theologisches, Biographisches, Dialektisches. Bei Cohen ist zu spüren, dass er sich mit eigenen Gefühlen und Stimmungen auseinandersetzt. Dieses Gefühl hat man beim Danke-Lied nie; es geradezu dadurch charakterisiert, dass die Biographie des Liederdichters und Komponisten daraus verschwunden ist.

Im Übrigen sahen sich nicht nur Popsongs und moderne Kirchenlieder dem Vorwurf der Banalität ausgesetzt. Auch Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“[36] aus dem Jahr 1798 hatte bei seinen ersten Aufführungen in Wien und London große Erfolge, sah sich aber auch dem Vorwurf ausgesetzt, unter der Banalität des dauernd Positiven zu leiden. Friedrich Schiller bemäkelte in einem Brief das Oratorium als „charakterlose[n] Mischmasch“ der Rekapitulation der Schöpfungsgeschichte. Die Erzählung von der Schöpfung der Welt durch Gott bleibt frei von allen negativen Konnotationen und mündet in ein Lob der Ehe, das schon im 18.Jahrhundert kitschig und biedermeierlich gewirkt haben muss. Es mag eine Rolle gespielt haben, dass Haydn auch Freimaurer war und dass diese Tatsache sein Verständnis Gottes als Schöpfer der Welt auf Ordnung, Lob und eine prästabilierte Harmonie der Welt festlegte. Die katholische Amtskirche in der Habsburger Monarchie war dagegen so misstrauisch, dass sie an einigen Orten Aufführungen des Oratoriums verbot. Das sollte eigentlich für das Stück einnehmen, aber trotzdem bleibt beim heutigen Hören des Oratoriums ein schaler Nachgeschmack wegen des Eindrucks, dass etwas fehlt, wenn Chaos, Konflikt und Dramatik nicht von Anfang an in die Dynamik der Schöpfung einbezogen sind. Genau diesen Eindruck hat man auch bei Schneiders Danke-Lied, genau dieser Eindruck stellt sich bei Leonhard Cohens „Halleluja“ nicht ein.

Wer Halleluja singt so wie Cohen, der macht die Ambivalenz von Welt und Wirklichkeit im Horizont der Gotteserfahrung sichtbar. Darin liegt die Stärke des Songs, auch in seiner theologischen Dimension. Wenn man von der Wiederholung des Halleluja in einem Song zur Wiederholung des schlichten Wortes „Happy“ wechselt, wie das Pharell Williams in seinem aktuellen Hit „Happy“[37] praktiziert, geht diese theologische Dimension verloren. Um es pointiert zu formulieren: Cohens lyrisches Ich situiert sich in Beziehungen zu Gott und zu anderen Menschen. Es leidet darunter, wenn diese Beziehungen unterbrochen werden. In Pharell Williams‘ Song geht es nur noch um das „Happy“, um eine – banale – Stimmung, die unbedingt aufrechterhalten werden muss. Alles Negative wird dann ausgeblendet, um die Stimmung der happiness zu erhalten:

„Here come bad news talking this and that
Yeah, give me all you got, don't hold back
Yeah, well I should probably warn you I'll be just fine
Yeah, no offense to you don't waste your time
Here's why

[Refrain:] Because I'm happy
Clap along if you feel like a room without a roof
Because I'm happy (…).”[38]

Trotz dieser Kritik wirkt auch dieses Lied, wie dasjenige von Cohen, authentisch. Zu einem guten Popsong – und zu einem guten modernen Kirchenlied – gehören Wiedererkennbarkeit, Singbarkeit, Eingängigkeit. Aber wenn das als einziges solch einen Song auszeichnet, gleitet er ab in Harmlosigkeit.

Denn solche Popsongs dienen Menschen, die das auf dem Weg zur Arbeit, beim Joggen oder beim Kochen hören, zur Selbstverständigung und Orientierung. Dabei kann die Musik ausreichen, ein solches Lebensgefühl auszudrücken, ohne dass der Text überhaupt eine Rolle spielt. Die Komponente des Einfachen, Simplen, sich Wiederholenden gehört konstitutiv zu solchen Songs dazu. Wer aber anfängt, solche Songs genauer anzuhören, der entdeckt den Text, die Tiefen, Widersprüche, die religiösen und nicht-religiösen Behauptungen, die er enthält. Orientierung, Ausdruck eines bestimmten Lebensgefühl schaffen solche Songs nicht dadurch, indem sie angehört werden, indem die Hörer Stimmung, Atmosphäre, Inhalt einfach zustimmen, sondern indem sie sich damit – durchaus auch über einen längeren Zeitraum – auseinandersetzen, sich das Widerständige anverwandeln, für ihr eigenes Leben deuten und interpretieren. Die Rezeption eines Songs bedeutet nicht die Übernahme einer Parole oder eines Slogans, der Vorgang der Interpretation ist hermeneutisch ein aktiver und nicht ausschließlich ein passiver. Ein Lied wie Cohens „Hallelujah“ ist für eine Vielzahl von Deutungen offen, naivere, einfachere, aber eben auch intellektuellere, reflektiertere.

Selbstverständigung und Orientierung werden nicht durch Allgemeinheit, Abstraktheit und Banalität geschaffen, sondern durch Sperrigkeit, Widersprüchlichkeit und Authentizität. Genau darin liegt der lyrische und musikalische Mehrwert, den Cohen mit seinem Song „Halleluja“ beisteuert. Er verbindet Biographie, Theologie, Lyrik und eine vordergründig banale Eingängigkeit zu einem wunderbaren Song, der dann auch einige Jahre brauchte, bis er im Bewusstsein der Popkultur als Ohrwurm angekommen war. Halleluja!

https://www.youtube.com/watch?v=WIF4_Sm-rgQ

Anmerkungen

[7]    Aufnahmen mit Leonard Cohen aus dem Jahr 1985: https://www.youtube.com/watch?v=S6KLK_8Tg6Y und aus dem Jahr 2008 https://www.youtube.com/watch?v=2FpwjQLZTTs.

[9]    Https://www.youtube.com/watch?v=XYKwqj5QViQ. Hier noch eine Version, aus der auch der liturgische Zusammenhang deutlich wird: https://www.youtube.com/watch?v=G3V19imRHr4. Dabei wird sichtbar, dass die Grenze zum Kitsch deutlich überschritten wird.

[11]   Nach Abschluss des Manuskripts entdeckte ich, dass André Rieux diesen Song tatsächlich schon bei den Zugaben seiner Open Air Konzerte verwendet hat: https://www.youtube.com/watch?v=3n7WmzfYy00. Meine Prophezeiung ist also ein vaticinium ex eventu.

[13]   Http://de.wikipedia.org/wiki/Leonard_Cohen. Zur Biographie vgl. auch Sylvie Simmons, I'm Your Man. The Life of Leonard Cohen, New York 2012.

[14]   Bernard Avishai, Leonard Cohen's Montreal, New Yorker 28.2.2015, http://www.newyorker.com/culture/culture-desk/leonard-cohens-montreal. Zum Verhältnis Cohens zum Judentum vgl. auch Liel Leibovitz, A Broken Hallelujah. Rock and Roll, Redemption, and the Life of Leonard Cohen, London 2014.

[15]   Der Text ist an verschiedenen Stellen im Internet zu finden, zum Beispiel http://www.songtexte.com/songtext/leonard-cohen/hallelujah-7bdb72c0.html; http://www.azlyrics.com/lyrics/leonardcohen/hallelujah.html. Die eingefügte Zeilennumerierung stammt vom Verfasser dieses Essays. Die folgenden Zeilenangaben im Essay beziehen sich auf diese Numerierung.

[16]   Matthias Millard, Art. Psalter, WiBiLex Stand Juli 2013, http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/31552/ und Alexander Fischer, Art. David, WiBiLex Stand Januar 2009, http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/1623.

[17]   Matthias Millard, Art. Hallel, WiBiLex Stand März 2010, https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/20353/ .

[18]   A.a.O., Anm.17.

[19]   Vgl. Anm. 15.

[20]   Diese Konnotation von Religiösem und Sexuellem findet sich auch sehr regelmäßig in Cohens Gedichtsammlung Leonard Cohen, Buch der Sehnsüchte, München 2010.

[21]   Zur Rezeption und zur komplizierten Geschichte der Coverversionen Alan Light, The Holy or the Broken. Leonard Cohen, Jeff Buckley and the Unlikely Ascent of 'Halleluja', New York 2013. Vgl. auch http://en.wikipedia.org/wiki/Hallelujah_%28Leonard_Cohen_song%29.

[22]   Leonard Cohen, zit.n. Light, a.a.O., Anm. 18, 3.

[23]   Leonard Cohen, zit.n. Light, a.a.O., Anm.18, 25.

[25]   Bryan Appleyard, Hallelujah, The Sunday Times, 9.1.2005, http://www.leonardcohenfiles.com/appleyard.html.

[27]   Über die theologische Biographie Hegeles sehr aufschlußreich Christian Meurer, Dürfen Christen twisten?, FAZ 5.4.2014, http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/der-pop-theologe-guenter-hegele-duerfen-christen-twisten-12880490.html.

[28]   N.N., Kiesewetters Halleluja, Der Spiegel 18.3.1964, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46163518.html.

[29]   Carola Eckert, Lobet den Herrn mit leichten Liedern, Die Zeit 13.9.1963, http://www.zeit.de/1963/37/lobet-den-herrn-mit-leichten-liedern. Vgl. auch, zehn Jahre später, Heinz Josef Herbort, Wieso Gott, Die Zeit 2.11.1973, http://www.zeit.de/1973/45/wieso-gott.

[30]   Zit.n. Andreas Mertin, Gegen fromm polierte Schnulzen, Tà katoptrizómena, H. 85, Oktober 2013, https://www.theomag.de/85/am457.htm.

[31]   Lorenz Jäger, Unfreiwillig komisch und unglaublich erfolgreich, FAZ 26.4.2015, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kirchenlied-danke-martin-gotthard-schneider-wird-85-13516397.html.

[35]   Vgl. dazu auch Jörg Döring, ‘Danke für diesen guten Morgen’. Zur Rhetorik von Katalog und enumeratio im neuen geistlichen Lied, in: Natalie Binczek et al. (Hg.), Dank sagen. Politik, Semantik und Poetik der Verbindlichkeit, München 2013, 141-155. Döring bemüht sich um eine „werkimmanent prozedierenden Sequenzanalyse“ (150.vgl. 147) des Liedes, die sich vor allem an den rhetorischen Figuren des Kataloges und der Aufzählung (enumeratio) orientiert.

[37]   Auf der Website http://www.wearehappyfrom.com/map ist eine Karte zu sehen, wo überall Menschen Videoclips zur Musik dieses Songs gedreht haben.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/96/wv20.htm
© Wolfgang Vögele, 2015