Podium: Prof. Dr. Wolfgang Schütte, HAW, Dankwart Guratzsch, Journalist, Hauptpastor und Propst Dr. Johann H. Claussen und Michel-Hauptpastor Alexander Röder

Moderation: Dr. Jörg Herrmann, Evangelische Akademie der Nordkirche


Herrmann: Ich begrüße zu meiner Rechten Professor Wolfgang Schütte: herzlich willkommen. Wolfgang Schütte ist Diplompädagoge, aber auch Jurist und Professor für Sozialrecht an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften hier in Hamburg. Er lehrt dort seit 1985, heute schwerpunktmäßig im Department Pflege und Management. Von Johann Claussen hörte ich, dass Sie einen katholischen Hintergrund haben, so dass wir heute Abend von einem ökumenischen Podium sprechen können, immerhin. Protestanten und Katholiken unterscheiden sich ja durchaus auch in Fragen des Raumverständnisses. Aber auf jeden Fall sehen Sie, Herr Schütte, die Diskussion anlässlich des Wirtschaftsforums aus einer etwas größeren Distanz, denke ich, als die betroffenen Kollegen heute Abend. Insofern die Frage an Sie, fanden Sie es in Ordnung, dass die Hauptkirche St. Michaelis am zweiten Dezember 2011 an das Wirtschaftsforum der Zeit vermietet wurde?

Schütte: Ja, ich hatte meine Probleme damit, ich will das nicht verschweigen. Ich gehöre vermutlich zu den von meinen Vorrednern schon angesprochen konservativen Kirchenfernen. Man kann sagen, es gibt um die Kirche und ihren aktiven Kern herum einen Kreis von Menschen, der sich für Religion und die Fragen interessieren, die da offen sind und deren Beantwortung man als eigene persönliche Aufgabe wahrnimmt. Und dieser Kreis ist größer als der der Kirchenbesucher in den Gottesdiensten. Er ist auch größer als der der Nutzer der Kirchen. Ich war z.B. in der Johannespassion und das ist eine der Arten, wie ich den Michel nutze als majorem dei gloriam. Und das hat für mich einen Raumbezug, der sicher auch mit meiner katholischen Vergangenheit zu tun hat.

Ich arbeite am Steindamm und wenn ich zum Bus gehe, passiere ich den Vorplatz von St. Marien und nehme viele Gelegenheiten wahr, in die Kirche hineinzugehen, um sozusagen Distanz zu nehmen. Um Distanz zu nehmen von Zusammenhängen und Situationen, in denen ich laufend Antworten produzieren muss. In St. Marien kann ich meine Fragen loswerden, an mich, an meinen Gott und bin in einem Raum, in dem etwas passiert, was anderswo nicht passiert. Diese sozusagen virtuelle Leere, von der Sie gesprochen haben, die hat für mich einen hohen Wert. Sie hat für mich den Wert, dass ich mit meiner Unsicherheit irgendwo landen kann.

Glauben ist eine für mich notwendige Form des Umgangs mit Ungewissheiten. Und für mich hat das einen Raumbezug, der möglicherweise mit meiner Sozialisation zu tun hat, aber den ich genieße, wenn ich in den Michel gehe - in eine Veranstaltung wie ein Konzert, wo es um eine andere Art von Begegnung geht, wo es um Begegnungsmöglichkeiten geht, die keine schnelle Antworten von uns fordern.

Das birgt die Frage: Was projiziere ich in einen solchen Raum? Insofern ist für mich die Nutzung nicht beliebig. Ich war auch etwas irritiert, dass Sie gesagt haben, eine Kirche im evangelischen Verständnis soll für die Zwecke, für die sie da ist, einen guten Rahmen bieten – mehr nicht. Es gibt doch so etwas wie eine besondere Widmung und es gibt auch entweihte Kirchen, die einen anderen Bezug haben und nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden. Möglicherweise gibt es da konfessionelle Sprachunterschiede. Aber ich frage als Katholik, was verbindet sich denn eigentlich mit dieser Widmung bzw. Weihe dann auch an besonderer Nutzung?

Was mich im Besonderen am Wirtschaftsforum irritiert hat: Die Kaste, die dort vorne auf dem Podium stand, ist ja selber in einer großen Kritik und möglicherweise hat sie auch nicht alle Hoffnungen erfüllt, die wir in sie als Verwalter unserer Finanzen gesetzt haben. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass der Michel als eine willkommene Selbsterhöhung einer sich selber feiernden Elite fungierte.

Herrmann: Vielleicht kurz zur Klärung, Alexander Röder, wie ist das mit Weihe und Widmung bei uns Protestanten?

Röder: Ja. Natürlich, auch die evangelischen Kirchen sind geweiht. Bloß das Weiheverständnis der evangelischen Kirche ist ein völlig anderes als das katholische Weihverständnis. Es geschieht hier keine Veränderung mit dem Ort, also eine Wesens- oder Seins-Veränderung des Ortes wird nicht gelehrt. Nicht das Kirchengebäude ist heilig. Das ewige Licht, das in der katholischen Kirche, bezogen auf die im Tabernakel befindlichen geweihten Hostien, die ewige Gegenwart Gottes anzeigt, ist dem evangelischen Verständnis fremd.

Heute hören wir viel über Gebete von Menschen, die im Raum bleiben; das finde ich einen sehr schöne Gedanken und das hat auch eine große Kraft. Auch dass Menschen Kerzen anzünden, ist etwas, was in der evangelischen Tradition höchstens seit zwanzig, fünfundzwanzig Jahren wieder Raum greift als Ausdruck des Bedürfnisses, etwas von sich hier zu lassen. Wenn jemand nur kurzzeitig in eine Kirche geht und vielleicht kein Wort sprechen kann, aber etwas zurücklässt, nämlich dieses brennende Licht als ein Symbol für den eigenen Glauben, das ist, glaube ich, etwas Neues, mit dem sich auch die evangelische Kirche auseinandersetzen muss. Das ist überhaupt keine Frage. Aber das Weiheverständnis ist keines, das irgendwie dem Raum eine andere Wertigkeit bringen würde. Die evangelische Rede von Weihe meint nichts anderes, als dass dieser Raum für den Gottesdienst verwendet wird.

Wobei wir den Begriff „Gottesdienst“ heute enger fassen als im Kontext früherer lutherischer Theologie. Luther spricht davon, dass auch die Magd, die den Hof fegt, Gottesdienst betreibt. Also nicht nur der, der die Predigt hört oder betet, feiert Gottesdienst. Insofern ist Gottesdienst ein sehr weit gefasster Begriff. Und für solche Weite ist die Kirche geweiht und gewidmet. Das ist die Idee evangelischen eiheverständnisses.

Herrmann: Was aber nichts an den Ziegelsteinen verändert ….

Röder: Was keinen Einfluss auf die Ziegelsteine hat. Auch nicht auf den Altar und auch nicht auf die Kanzel. Auch das finde ich wichtig zu sagen. Vielleicht ist noch einmal wichtig zu sagen, dass die Kordeln, die wir in unseren Kirchen haben, um Altarräume  zu sperren, eigentlich widersinnig sind. Sie sind nur dann sinnvoll, wenn dort ein wertvoller, kunstvoll gestalteter Altar steht, der gestohlen werden könnte. Sie sind ansonsten nicht sinnvoll, denn der Altarraum ist eben nicht unbetretbares Gebiet wie früher in der katholischen Theologie, wo kein Laie dort Zutritt haben sollte. Es gibt keinen Raum in einer evangelischen Kirche, der heiliger wäre als ein anderer. Und es gibt keinen Raum der „an sich“ heilig ist.

Herrmann: Vielen Dank. Das war sehr hilfreich. Herr Guratzsch, Sie haben sich als Journalist mit Fragen der Kirchenraumnutzung befasst. In einem Artikel zu diesem Thema betonen Sie die Bedeutung der Ausstrahlung von Kirchengebäuden. Sie schreiben: „Anstatt die großartigen Kirchen, die Bauten aus alten Zeiten, die eine solche Ausstrahlung noch besitzen, durch Umrüstung ihres Glanzes zu berauben, sollte man eher darüber nachsinnen, was dafür getan werden kann, ihnen ihre Würde zu bewahren oder zurückzugeben. Wer Kirche fördern will, soll Patenschaften übernehmen. Alltagsfunktionen machen Kirchen kaputt.“ Fördert die Vermietung eine Beraubung des Glanzes?

Guratzsch: Auch ich habe zu dieser Wirtschaftskonferenz kritisch Stellung genommen. Aber als Journalist kann ich das nicht als Theologe tun, sondern mit dem Verständnis, das ich selbst von meinem eigenen Beruf habe. Unser Verständnis besagt, dass ich nur Mittler sein kann zwischen den Fachleuten auf der einen Seite und der Bevölkerung auf der anderen Seite. und in dieser Funktion habe ich das kritisch betrachtet.

Und da möchte ich auch Herrn Claussen kritisch hinterfragen, insbesondere Ihre Interpretation des Luther-Wortes: Wo Gott redet, da wohnt er. Mit dieser Interpretation klammern Sie aus, dass auch die Steine reden. Die Kirche selber ist Raum, der zugleich eine Predigt ist. Noch Schinkel hat gesagt, in einem religiösen Gebäude soll Gott dargestellt werden. Und vielen Theologen heute ist die Fähigkeit abhanden gekommen, dieses Reden der Steine, das ja jede Predigt ständig begleitet, dieses Reden der Steine, das über die Dächer hinweg weht und das die Stadt als Ganzes umfängt, dieses Reden der Steine zu vernehmen und zu interpretieren.

Das kirchliche Verständnis ist das Eine. Aber die Kirche redet eben nicht nur nach innen, sondern sie redet auch nach außen zu denen, die ihr nicht in dieser engen Weise angehören. Und da würde ich schon meinen, dass wir auch von einem Wandel sprechen können. Es ist vielleicht das meist gebrauchte Wort in Architekten-Zeitschriften, wenn sie über die Kirchen schreiben. Und auch die Pastoren auf den Kirchentagen verwenden dieses Wort sehr oft: Kirche im Wandel. Aber seltsamerweise wollen die Pastoren selten zur Kenntnis nehmen, dass auch die Gemeinde sich wandelt. Und dass das Verständnis von Kirche, das außerhalb der Kirchenmauern existiert ein z.T. anderes ist als das, was sich innerhalb der Kirchen entwickelt.

Wenn ich ein Beispiel dazu sagen darf, ich wähle ein katholisches. Als der Papst Johannes Paul im Sterben lag, sind vier Millionen Menschen nach Rom gepilgert. Der ganze Petersplatz war mit Menschen überfüllt, die beteten. Zur selben Zeit saßen in einem deutschen Fernsehstudio drei Theologen mit Oswald Kolle, Sexualwissenschaftler, zusammen und debattierten darüber, dass die Kirchen immer leerer werden und dass doch der Katholizismus dafür ein lebendiges Beispiel abgebe. In der Runde saß eine Dame, die einem Verein vorstand, der von sich sagt "wir sind Kirche" und bezeichnenderweise war es auch diese Dame, die sagte, ja, die katholische Kirche hat gar keine Zukunft mehr, während gleichzeitig im Hintergrund die Bilder über den Bildschirm flimmerten von den vier Millionen Menschen auf dem Petersplatz. Wenn ich eine Interpretation versuchen würde, würde ich sagen, die Kirche sieht sich selber gar nicht mehr. Vielfach kommt sich die Kirche selbst abhanden und sie sieht auch nicht die vielen Menschen in der Gesellschaft. Ich könnte dazu noch weitere Beispiele nennen.

Herrmann: Diese Frage, die Sie formuliert haben, diese Anfrage werden wir zunächst einmal an Johann Claussen weitergeben. Ist es so, dass die Kirche die gelebte Religion der Menschen zum Teil gar nicht angemessen wahrnimmt? Ist es so, dass die evangelische Theologie, auch im Blick auf die Raumfrage, die Sprache der Steine zu Unrecht ausblendet oder zu wenig beachtet? Gibt es überhaupt so etwas wie eine Predigt der Steine?

Claussen: Das was Sie, lieber Herr Guratzsch und Sie, lieber Herr Schütte gesagt haben erinnerte mich an eine schöne Kunstinstallation des Theologen und Künstlers Thomas Lehnerer, die heißt "Die Religion gehört der Kirche nicht“. Man könnte noch zuspitzend auch sagen, die Kirchen gehören der Kirche nicht. Auch die Kirchengebäude gehören nicht den Pastoren, gehören auch nicht der Kerngemeinde, gehören natürlich auch nicht ein paar Gottesdienstbesucherinnen, sondern sie haben eine Wirksamkeit weit darüber hinaus. Und die hat natürlich ganz viel mit ästhetischem Raumerleben zu tun, das sich sehr schwer in theologische Beschreibungen fassen lässt. Luther grenzt sich erst einmal ganz klar von einem katholischen Raumverständnis ab. Viel mehr hat er dann gar nicht gemacht.

Und richtig ins Nachdenken kommt der Protestant dann erst im 18. und 19. und 20. Jahrhundert, wenn ein anderes Raumverständnis diskutiert wird, das nicht eine Sakralität an und für sich beschreibt, aber auch keine reine Funktionsräumlichkeit. Was ist es dann? Und dann begibt man sich eben in einen Schweberaum. Der zentrale Begriff ist dabei nicht „Kirche im Wandel“, sondern das Verhältnis zum Begriff der Aura. Und damit, glaube ich, schlägt man schon eine Brücke zu einem gegenwärtigen auch außerkirchlichen Kirchraumerleben, das aber sehr schwer zu fassen und zu greifen ist. Ich glaube schon, dass - auch wenn ich mich vorhin für Luther so stark gemacht habe - in der evangelischen Theologie insgesamt und in der ganzen Kirchraumszenerie ein ganz erhebliches Bewusstsein dafür da ist, dass eben die Kirchen der Kirche nicht gehören, sondern weit darüber hinaus wirken. Überhaupt lebt ja die verfasste Kirche von der Wirkung ihrer Gebäude weit über das Gesprochene hinaus.

Bei all dem dürfen wir nicht vergessen: Ganz zentral und notwendig ist nach wie vor die Zuwendung von Stiftungen und der öffentlichen Hand zur Erhaltung unserer Kirchen. Das will ich noch mal deutlich gesagt haben.

Aber skeptisch bin ich - auch wenn ich vieles von dem, was Sie sagen, gut verstehen kann - wenn die Beschreibung von solchen auratischen Wahrnehmungen substanzialistisch daherkommt. Dass für einen Kirchenbesucher die Steine predigen, hat erhebliche Bildungsvoraussetzungen. Ein Stein an sich predigt nicht. Ein Stein wird betrachtet, er wird erlebt und im Erleben immer auch gedeutet, wie explizit auch immer. Das heißt, damit der Kirchraum als ein predigendes Etwas wahrgenommen und gedeutet und erlebt wird, gibt es ganz erhebliche Bildungsvoraussetzungen. Traditionsweitergabe ist dort notwendig.

Zentral war da für mich ein Erlebnis, eine Begegnung mit einem Kollegen aus dem Osten Deutschlands, der in seiner Kirche mal ein Konzert veranstaltet hatte, um Geld reinzukriegen, wie man es so macht, hier wie dort. Und hatte dabei junge Studentinnen aus dem Ort, die die Karten verteilten, weil er keinen Küster hat. Und eine dieser jungen Helferinnen fragte ihn, "wo ist denn hier die dritte Reihe?" Und da sagte er: „Da vorne." Und sie sagte: „Wo ist vorn?" „Ja, da vorn." Ihm wurde klar, dass ihr nicht klar war: vorne in der Kirche ist dort, wo der Altar steht. Wir, die wir Theologen sind oder halbwegs noch religiös sozialisiert sind, wir erleben uns in Kirchräumen als orientiert. Wir müssen aber auch sehen, dass das Bildungsvoraussetzungen hat. Dass also auch die Rede davon, dass Kirchensteine predigen ganz erhebliche Voraussetzungen hat. Deshalb mein Widerspruch gegen Substanzialisierung.

Herrmann: Ich würde gerne noch einmal bei dem nachfragen, was Du Schweberaum genannt hat. Man könnte ja auf der Basis der Lutherischen Theologie, wie Du sie auch zitierst hat, denjenigen, die sich über das Wirtschaftsforum aufgeregt haben, einfach zurufen, regt euch nicht so auf, eine Kirche ist zunächst einmal etwas Profanes, das kann nicht missbraucht werden, das kann nicht entweiht werden. Aber das geht offenbar nicht so einfach, weil die Aufregung eben einfach sehr groß ist. Und da entsteht ja unwillkürlich die Frage, woher kommt eigentlich diese starke Emotionalität und wie soll man damit umgehen? Also, Du hast ja schon in Deinem Impuls darüber gewisse Andeutungen gemacht und von einem Konservativismus der Fernstehenden gesprochen. Aber ich würde da gerne noch etwas mehr nachfragen oder den Versuch unternehmen, dem noch etwas mehr auf die Spur zu kommen.

Claussen: Da muss man ehrlicherweise sagen, dass es unter Klerikern - evangelisch, katholisch, wie auch immer - auch Abstumpfungsphänomene gibt. Man selber ist gewöhnt, man hat das Heilige zu seinem Berufsalltag gemacht und man erlebt dann Aura weniger intensiv als Menschen, die nur ab und an in eine Kirche kommen. Deshalb ist es gerade auch so, dass in dieser Empörung sich manchmal eine weniger abgestumpfte oder veralltäglichte Sensibilität für die Würde und sozusagen den Reiz von Räumen ausdrückt. Ich denke dabei auch an eine Äußerung in einer Mitarbeiterrunde, sinngemäß: „Bei uns sind gerade so viele Veranstaltungen, aber dieser Raum muss irgendwann auch ausatmen und sich erholen können." Das ist natürlich einerseits sehr substanzialistisch gedacht, aber ich glaube, da zeigen sich Sensibilitäten, die wir wahrzunehmen haben.

Herrmann: Herr Guratsch …

Guratzsch: Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon mal auf der Hallig Hooge war. Und wenn man da mit seinem Schiff anlegt und aussteigt, dann kommt ganz schnell der Pfarrer gerannt. Bei mir war es jedenfalls so. Und führt durch die kleine Kirche in Hallig Hooge. Und ohne Bildungsvoraussetzungen bei seinem Publikum voraussetzen zu müssen, erklärt er diesen anlandenden Besuchern der Insel, die ja aus allen Winkeln Deutschlands meistens zusammengeströmt sind, die Besonderheit seines Glaubens. Dieser kurze Aufenthalt in der Kirche, eine Viertelstunde, zwanzig Minuten ist wie eine Predigt. Und das meine ich damit, dass die Steine reden. Und es ist auch eine Aufgabe, dieses Reden zu vermitteln. Das gelingt nicht überall. Aber die Menschen haben dafür ein erstaunlich starkes Gespür.

Ich persönlich bin beeindruckt durch den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden, die ja in einer völlig religionslosen Region der Stadt gebaut worden ist. Ringsherum standen nur ein paar Plattenbauten, die nur Kommunisten zugeteilt worden waren, weil es ein besonderes Privileg gewesen war, dort zu wohnen. Und als diese Kirche aufgebaut werden sollte, sagten Pastoren: „Um Himmels Willen, das brauchen wir doch überhaupt nicht, wer soll denn in diese Kirche hineingehen, da ist doch niemand der überhaupt noch weiß, wie das Vaterunser gebetet wird." Und die Bürgerinitiative, die das entwickelt hat, hat das weitergetrieben und als dann zum ersten Mal - in der Ruine noch - eine Christmesse gehalten wurde, kamen 50.000 Menschen, in einer Stadt, in der der evangelische Glaube nur fünf Prozent eingeschriebene Christen verzeichnet. Und dies wiederholt sich bis heute jedes Jahr. Wenn Sie einen Tag vor Weihnachten nach Dresden kommen und an der Christvesper teilnehmen, dann werden Sie erleben, dass der ganze Platz schwarz von Menschen ist. Es sind nicht mehr 50.000, aber es sind 15.000. Es ist die größte periodisch stattfindende religiöse Feier der Welt. Und die Kirche hat seit dem Wiederaufbau 2005 bis heute weit über zehn Millionen Besucher gesehen. Und wenn Sie zwischen diesen Menschen stehen, werden Sie eine interessante Beobachtung machen. Viele davon haben den Bezug zum Glauben verloren. Männer nehmen nicht mehr die Mütze ab, wenn das Vaterunser gebetet wird. Aber Sie können beobachten, dass viele verstohlen die Hände falten. Andere singen aus voller Brust die Kirchenlieder mit. Das ist Kirchenaufbau. Das ist Gemeindebau.

Zugleich lesen wir in unseren Zeitungen und hören aus dem Munde unserer Pastoren unentwegt, dass sich die Kirche im Niedergang befindet. Dass die Gemeinden schrumpfen. Dass die Kirchensteuern nicht mehr ausreichen und dass wir uns darauf einstellen müssen, dass die Kirchen leerer und leerer werden. Das Dresdener Beispiel wird nie verwendet. Darüber könnte man predigen. Und man könnte darüber predigen, dass es in Brandenburg viele Dörfer gibt, in denen die Kirchen aufgrund der Politik der SED leer waren. Heute nach der Wiedervereinigung bauen die Menschen selber diese Kirchen wieder auf. Und was das für mich Überraschende daran ist, die Kirche stellt keine Pastoren dafür zur Verfügung, weil sie ja auch nicht mehr so viele Pastoren hat und die Leute machen selber ihre Feiern in der Kirche. Und ich möchte doch sagen, wenn man Gemeinde bauen will, dann muss man auch den Mut haben den Raum und die Predigt darin zuzulassen.

Herrmann: Es ist ja sogar so, dass die Mehrheit dieser Kirchbauvereine im Osten meist gar nicht aus Kirchenmitgliedern besteht, sondern dass es die Menschen im Dorf sind, die schlichtweg wollen, dass ihre Kirche wieder aufgebaut wird. Das ist wirklich ein bemerkenswertes Phänomen. Aber heute Abend geht es zunächst um etwas Anderes, Alexander Röder

Röder: Ja, weil ich das Ganze, lieber Herr Guratzsch, einfach auch einmal auf den Michel beziehen möchte. Weil ich glaube, dass wir hier auch zu dem Thema Wirtschaftsforum gerade in dieser Kirche im Hinblick auf das, was Sie gerade angemahnt haben, sehr viel tun. Der Michel ist eine Kirche ähnlich der Frauenkirche mit im letzten Jahr 1,34 Millionen Besuchern. Eine Kirche, in der jeden Tag Gottesdienst gefeiert wird und das seit Jahrzehnten. Jeden Tag. Auch am Tag des Wirtschaftsforums fand eine Mittagsandacht in der Krypta statt. Und dies ist uns extrem wichtig.

Wir werden in diesem Jahr im Oktober das 250. Jubiläum dieses Baus beziehungsweise des ersten dieser Bauten feiern. Der Architekt, der diese Kirche gebaut hat, Ernst Georg Sonnin, hat gesagt, ich muss aufklärerisch bauen, ich muss die Welt in diese Kirche hineinlassen. Deshalb werde ich keine Buntglasfenster einbauen, sondern ich werde die Welt sichtbar machen, die draußen ist, und ich werde sie mit Häusern und Bäumen und Himmel in diese Kirche sichtbar hineinholen. Denn die Leute, die hier drin sitzen, sind dieselben, die da draußen leben.

Und noch etwas anderes hat er getan. Er hat eine Wegachse geschaffen in dieser Kirche, die den damaligen Haupteingang markiert hat, der ursprünglich nicht im Westen war – das wurde erst beim Wiederaufbau 1906 so gemacht. Der Haupteingang war ursprünglich im Süden, ein zweiter Haupteingang war im Norden, um deutlich zu machen, dass die Menschen, die zu dieser Kirche gehören, weitgehend im Norden wohnten, und zum größten Teil im Hafen, also im Süden arbeiteten. Das heißt, diese Kirche steht im Zentrum ihres Lebens, ihrer wirtschaftlichen Sorgen und Nöte, ihrer Alltagsprobleme sechs Tage die Woche, denn das war die Arbeitszeit damals. Diese Welt des Alltags und der Arbeit geht zumindest symbolisch durch diese Kirche hindurch.

Und jetzt kommt das Protestantische daran. Dort, wo sich die Wege kreuzen in der Kirche, dort entscheidet sich jeder Mensch selbst. Und das ist das Individuelle, was in der Reformation grundlegend ist und was durch die Aufklärung weiter gestärkt wurde: Sagen zu können: Ich kann mich auch dagegen entscheiden, gegen Gott. Es war ausgerechnet in dieser Stadt Hamburg, in der die aufklärerischen Denker einen Satz aus dem Markusevangelium, der bis in die 80er Jahre bei jedem Taufgottesdienst Verwendung fand, in Frage stellten. Ich meine den Vers: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden." Das wurde jedem Elternpaar bei der Taufe ihres Kindes gesagt.  Es steht geschrieben. Aber es war auch hier in dieser Stadt, dass zum ersten Mal jemand diesen Vers in Frage gestellt hat - mit der simplen Frage, was ist denn, wenn das nicht stimmt? Was ist denn, wenn ihr mit diesem Satz in Angst und Sklaverei gehalten worden seid? Wo also plötzlich das Denken in eine Weite geführt wurde und das im Raum der Kirche. Im Diskurs mit dem Leben, das draußen stattfand.

Und das versuchen wir hier am Michel zu tun und zu leben. Und ja nicht erst, seit ich hier bin. Das hat  eine jahrzehntelange Tradition. Ich habe heute noch mit einem Kirchenvorsteher telefoniert, der hier fünfzig Jahre im Kirchenvorstand war. Der sagte, dass der Durchbruch durch meinen Vorvorgängers kam, als er gesagt hat, wir müssen es hier anders machen. Wir müssen die Türen aufmachen. Wir müssen Luft reinlassen in diese Kirche. Wir müssen die Welt reinholen. Eine Welt, in der wir total individualisiert sind.

Ich möchte zum Schluss auf einen Brief hinweisen, den Caspar David Friedrich an eine Freundin geschrieben hat. Sie werden es natürlich kennen, dieses Zitat, über das wunderbare Bild, das er gemalt hat, das Kreuz an der Ostsee.. Da ist nichts drauf außer dem Kreuz und dem Strand, kein Mensch, kein Tier, keine Pflanze, nichts. „Für die, so es sehen, ein Trost, für die, so es nicht sehen ein Kreuz.“ Das ist die Erfahrung, die wir mit Menschen machen, die in diese Kirche kommen. Sie dürfen auch mit ihrer privaten Religion gerne in diese Kirche kommen. Sie ist jeden Tag von morgens bis abends geöffnet. Aber was sie von uns bekommen, ist Theologie der Kirche und nicht Zuspruch zu einer privatisierten Theologie.

Herrmann: Ich habe Dich in etwa so verstanden, dass die Praxis der Vermietung auch in den Zusammenhang gehört von „die Welt reinholen in den Michel“. Und da würde ich gerne nachfragen: Wie sind da eigentlich die konkreten Kriterien? Wer darf hier rein und wo muss die Grenze gezogen werden?

Röder: Ich kann mal ein Beispiel einer Anfrage nennen , die abgewiesen worden ist. Ich bekam eine Anfrage: „Wir haben einen wunderbaren neuen Designersessel entworfen und brauchen jetzt eine geeignete Location um viele Werbefotos für unseren Prospekt in ihrem Altarraum zu machen." Das gebe ich nicht mal dem Kirchenvorstand, sondern da sage ich von Vorneherein klipp und klar nein. Denn das dient in keiner Weise dem christlichen Anspruch  -  das ist unser Kriterium. Was wir ausschließen, ist jede Form von Kommerz. Das finde ich ein ganz wichtiges Kriterium, und  selbstverständlich ausgeschlossen  ist alles, was den Ansprüchen von Moral und Anstand widerspricht. Das findet hier nicht statt. Also eine Modenschau Dessous etwa, was auch schon mehrfach angefragt worden ist, findet im Michel nicht statt. Das ist zwar nicht gegen Sitte und Anstand, aber das ist wieder Werbung und kann ebenso gut anderswo gemacht werden. Genau solche Werbung wollen wir nicht. Wir wollen keine reinen Werbeveranstaltungen haben.

Das machen zum Beispiel auch die Firmen, die hier regelmäßig Adventskonzerte   veranstalten, überhaupt nicht, sondern das sind letztlich Weihnachtsfeiern für ihre Mitarbeiter und deren Angehörige. Ich sage mal so: Ich muss zwar alle Augen zudrücken, aber es ist der Weihnachtsgottesdienst für ganz viele Leute. Und wenn wir die Chance nutzen und sagen, das ist auch eine Missionschance, an so einer Stelle Menschen zu erreichen, die sonst keine Kirche  mehr von innen sehen, auch wenn es sich um geschlossene Veranstaltungen handelt, dann machen wir nichts falsch, denn wir haben einen Missionsauftrag.

Herrmann: Sie nicken, Herr Schütte. Heißt das, Sie können dem Beispiel zustimmen

Schütte: Dem letzten Beispiel kann ich zustimmen. Nur kann ich das schlecht mit dem Wirtschaftsforum in Verbindung bringen. Also das ist eine andere Geschichte. Ich finde diese Politik der Öffnung ermutigend und sie ist zeitgemäß und insofern ist die Kirche da in einem guten Wandlungsprozess. Die Chancen, die die protestantische Kirche hat, zu nutzen, das finde ich eine beeindruckende Geschichte. Nur, aus theologischer Sicht muss ich Ihnen auch sagen, wenn die Kirche Emotionen beklagt, dann muss man sehen: Emotionen, die angesichts des Wirtschaftsforums hochgekocht sind, entstehen aus enttäuschten Erwartungen. Und diese Erwartungen werden von den Nutzern von außen an die Institution herangetragen. Sie beziehen sich auf das, was sie meinen dort finden zu können und was möglicherweise bedroht ist.

Wenn ich dieses Problem auf der Systemebene betrachte, dann ist die Kirche mit einer solchen Öffnungspolitik ja immer auch in Gefahr, sich auch so weit in die Gesellschaft hinein zu öffnen, dass sie nicht mehr unterscheidbar ist als eigenständige Einrichtung. Und insofern gilt der alte Spruch oder die etwas flapsige Bemerkung aus der Comedy Show, wer sich allem öffnen will, ist möglicherweise nicht ganz dicht. Also ich kann das nicht als eine letzte Wahrheit sehen, was Sie da zum Schluss gesagt haben.

Es geht mir darum, in einer hochgradig differenzierten Gesellschaft für die Bedürfnisse, die Menschen haben, einen identifizierbaren Ort zu finden. Und das, finde ich, ist bedroht, wenn Sie unter kommerziellen Gesichtspunkten diesen Raum als eine Ware vermarkten. Das ist, glaube ich, dann schon ein Bruch mit den Erwartungen, die viele Menschen an diesen besonderen Raum haben. Und es geht ja nicht um die Öffnung zur Ökonomie. Sie haben ja genügend Säle und Foren, wo Sie die Fragen der moralischen und der ethischen Codierung des ökonomischen Handelns auch diskutieren.

Nebenbei bemerkt, ich bedauere es sehr, dass die evangelische Kirche ihre Akademie an der Esplanade geschlossen hat. Das wäre ein Raum, sich damit auseinanderzusetzen, sozusagen dieses Gelenk zu bilden zwischen den Problemen, die die Welt hat, und dem, was die Kirche eventuell zur Orientierung beziehungsweise zur Moderierung von Konflikten beitragen kann.

Ich glaube, dass der überwiegende Erwartungshorizont an einen Raum, in dem Gottesdienst stattfindet, nicht mit einem Wirtschaftsforum kompatibel ist und zumal nicht mit der Selbsterhöhung einer problematischen Elite. Und das ist das, was ich an dem Wirtschaftsforum im Michel kritisiere. Und ich sehe das weder mit Glaube verbunden noch mit Hoffnung noch mit Liebe, also ich sehe da, ehrlich gesagt, in diesem Punkt keinen Bezug zu den Verkündungsinhalten.

Herrmann: Dass der Raum, der Gartensaal in der Esplanade, nicht mehr zur Verfügung steht, das bedauern wir als Evangelische Akademie natürlich auch sehr. Allerdings muss auch ganz gesagt werden, es gibt sie wieder, die Evangelische Akademie. Und sie wird in Kürze zusammenkommen mit der Evangelischen Akademie in Mecklenburg-Vorpommern und dann auch wieder eine größere Einrichtung sein. Aber ich möchte dennoch einmal nachfragen. Herr Schütte, heißt das jetzt für Sie, dass Sie die Vermietung von Kirchenräumen generell ablehnen? Habe ich das richtig verstanden?

Schütte: Nein. Ich meine es in dem Sinne, wie Herr Röder das am Ende erläutert hat. Dass es einen Bezug geben muss in irgendeiner Weise zur Öffnung des Menschen zu einer Welt, die nicht sichtbar und vielleicht auch gar nicht mit Wissenschaft oder mit Vernunft erfahrbar ist. Und das, finde ich, ist die Aufgabe der Kirche, einen Raum zu erschließen, in dem Menschen mehr erleben als sie möglicherweise beschreiben und auch in Form von nachprüfbaren Argumenten belegen können.

Herrmann: Also ein inhaltlich bezogenes Thema, aber es muss nicht Religion sein.

Röder: Also, da möchte ich widersprechen. Weil die Kenntnis, die zu dieser Empörung, dieser Emotionalisierung, über die ich mich beklagt habe, geführt hat, mangelhaft war. Die Kenntnis über das Wirtschaftsforum war vermittelt durch eine ganz kleine und auch unglaublich einseitige Information  im Hamburger Abendblatt. Deshalb widerspreche ich Ihnen, was die Inhalte angeht. Es hat ja zum dritten Mal stattgefunden. An den beiden Wirtschaftsforen, von denen Herr Claussen vorhin gesprochen hat, waren kirchliche Vertreter beteiligt, die dort sich dezidiert in christlich-ethischer Weise zu Wirtschaftsfragen geäußert haben. Das eine Mal war es Bischof Huber, das andere Mal war es Notker Wolf, oberster Benediktiner in Deutschland. Bei dem dritten Wirtschaftsforum war nun statt eines dezidiert dafür vorgesehenen Kirchenvertreters der Leiter einer Gewerkschaft beteiligt, Herr Huber. Und nun ist das Problem, dass dieser Aspekt in den öffentlichen Äußerungen kaum zur Kenntnis genommen wurde, sondern es wurde die Emotionalität - und das möchte ich hier dann auch nochmal deutlich sagen - in den vielen Mails, die mich erreicht haben, fokussiert auf eine Person. Und diese eine Person heißt Josef Ackermann. Und diese Person ist sozusagen der personifizierte Teufel, der in die Kirche “eingelassen“ wurde, und darin liegt das große Problem.

Das Granteln von Helmut Schmidt darüber, dass das in einer Kirche stattgefunden hat, das hat er noch ein zweites Mal wiederholt. Dieses Granteln von Helmut Schmidt verwundert mich insofern, als er der Herausgeber der Zeit ist. Er wird ja dann wohl so viel Einfluss haben, seine Leute dazu zu bewegen, es nicht im Michel stattfinden zu lassen, aber er ist jedes Mal wieder gekommen und er hat jedes Mal dezidiert eine halbe Stunde intensiv und mit seiner Einseitigkeit und auch mit seiner Autorität Stellung genommen zu wirtschaftspolitischen Fragen. Er hat also richtig mitgemischt, um dann wieder grantelnd zu gehen.

Es ist natürlich sehr viel von Leuten gesagt worden (und dann auch von Medien aufgegriffen worden), die das Wirtschaftsforum gar nicht erlebt hatten. Die gar nicht da waren und die auch die ethische Relevanz dieses Wirtschaftsforums nicht haben nachvollziehen können. Und worüber nicht berichtet wird, das ist natürlich dann auch nicht existent. Insofern widerspreche ich Ihnen in dieser Hinsicht, dass dieses Beispiel nicht hineinpasst in das, was ich vorhin gesagt habe.

Herrmann: Aber dann ist es ja auch wieder die Frage, wie man das, was dort geschehen ist, jetzt beurteilt. Hat dort der wirtschaftsethische Diskurs wirklich stattgefunden oder was dar sozusagen die weltliche Feier des Kapitalismus, die dort noch einen kirchlichen Segen bekommen hat? Das wären ja gewissermaßen die beiden Pole.

Claussen: Ich glaube, wir kommen nicht darum herum, dass es unterschiedliche Motive gibt, die zusammenkommen. Und die werden sich immer auch stoßen. Beim ersten Wirtschaftsforum war ich dabei. Und einerseits fand ich es gut, all diese hohen Herren mal so einen ganzen Tag im Dezember im Michel zu haben, also es gibt bequemere Versammlungsräume. Es ist ja dann doch zugig in der Kirche und man sitzt auf einer harten Bank, wo ständig einem irgendwelche Engel was vorpredigen. Das fand ich als Raumerlebnis schon mal gar nicht schlecht - so eine gewisse Askese, die in dieser Kaste ja nicht täglich gelebt wird. Und zugleich habe ich einen sehr engagierten Bischof Huber erlebt, der die versammelte Mannschaft auf den Topf gesetzt hat, dass es gekracht hat. Das fand ich außerordentlich überzeugend.

Zugleich aber muss man auch wissen, wenn man so etwas macht, damit ein bisschen Geld hineinkommt, dann kann man sich auch Schwierigkeiten einhandeln, weil man Macht abgibt. Man hat Partner, die sind natürlich alle nett, aber die haben Eigeninteressen und dann ist man nicht mehr alleine Herrscher im eigenen Haus. Das muss man ganz ehrlich eingestehen. Und da gibt es Fälle, in denen es gut gelingt, und dann gibt es Veranstaltungen, bei denen es auch daneben geht. Man ist eben nicht mehr ganz Herr im eigenen Haus. Das führt dazu, dass man sich die Kriterien für Vermietungsentscheidungen sehr genau überlegen muss, aber auch damit rechnen muss, dass nicht immer alles gelingt.

Herrmann: Ich vermute einmal, diese Diskussion wird spätestens anläßlich der nächsten Veranstaltung der ZEIT im Michel, die ja schon fest geplant ist, wieder aufflammen. Und das ist ja auch gut so, weil es ein für die Kirche und die Gesellschaft wichtiges Thema ist. Für heute aber möchte ich mich bei den Diskutierenden bedanken. Also herzlichen Dank an Wolfgang Schütte, Dankwart Guratzsch, Johann Hinrich Claussen und Alexander Röder!

Herzlichen Dank auch an Sie, liebe ZuhörerInnen, für Ihr Kommen, Ihr Mitdenken, Ihre Aufmerksamkeit. Und kommen Sie wieder und kommen Sie heute Abend gut nach Hause.


-> ZEIT-Wirtschaftsforum 2012

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/79/jh24.htm
© Jörg Herrmann u.a., 2012