Oktober 2012

Liebe Leserinnen und Leser,

während das Kunstjahr 2012 allmählich seinem Ende entgegen geht (und wir uns schon auf die nächste Biennale 2013 in Venedig freuen) waren die letzten beiden Monate weiterhin gefüllt mit Debatten, die auch zum Kern des Verhältnisses von Kunst und Kirche bzw. Kunst und Religion gehören. Hauptsächlich ging es natürlich um die Diskussion des Themas der Blasphemie bzw. der Kunst- und Meinungsfreiheit im angeblichen Konflikt mit religiösen Gefühlen. Aber auch die Diskussion um das Verehältnis von documenta und Kirche wurde weiter geführt.

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In dieser Ausgabe von tà katoptrizómena geht es um ein Thema, das die Kirchen in Westeuropa in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter intensiv beschäftigen wird, nämlich die Frage: Wie verstehen wir Kirchenräume heute, wie konstituiert sich ihre Bedeutung, welchen Umgang pflegen wir mit ihnen, was tun wir in ihnen und vor allem: was nicht? Anlass dieses Heftes ist eine Ende letzten Jahres in Hamburg heftig geführte Debatte über die Legitimität einer Veranstaltung des ZEIT-Wirtschaftsforums im Hamburger Michel. Wird hier die Seele an den Kommerz verkauft wurde zugespitzt gefragt. Die Hamburger Akademie der Nordkirche hat dazu eine Diskussionsveranstaltung organisiert, deren Beiträge wir in diesem Heft präsentieren und um weitere Gesichtspunkte ergänzen. Alexander Röder, Hauptpastor am Michel, führt in die Diskussion ein und Johann Hinrich Claussen, Probst in Hamburg, akzentuiert die Debnatte noch einmal. Dann folgt die Podiumsdiskussion mit Wolfgang Schütte, Dankwart Guratzsch, Johann Hinrich Claussen, Alexander Röder und Jörg Herrmann. Daran anschließend finden Sie einige kritische Anmerkungen von Ulrich Hentschel. Welche Schlussfolgerungen aus derartigen Debatten zu ziehen sind und wie es überhaupt um das Engagement der Kirche in der Stadt steht, darum soll sich eine Arbeitsgruppe zum Thema Kirche in der Metropole Hamburg unter dem Stichwiort „Kontextkompetenz“ kümmern. Jörg Herrmann gibt dazu noch weitere Informationen. Wie Kirchenraumnutzungen gerade auch in kultureller Perspektive aussehen können, zeigen zwei weitere Beiträge: Susanne Geese stellt eine Installation von Vera Doerk vor und Christian Gefert diskutiert mit seinen Mitarbeitern über ihre Philosophie Performence in der Hamburger St. Johannis Kirche. Andreas Mertin überlegt schließlich, welche raumtheoretischen Erkenntnisse sich aus dem Pussy-Riot-Konflikt ergeben.

RE-VIEWs versammelt zwei Rezensionen zum Thema Kirchenraum bzw. Kirchenbau von Andreas Mertin, eine Buchvorstellung von Hans-Jürgen Benedict, eine Ausstellungsbesprechung von Barbara Wucherer-Staar und einen Rückblick auf die Documenta und ihre Begleitereignisse von Andreas Mertin.

Unter POST gibt es die vertraute Videoclip-Kolumne von Andreas Mertin.

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Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!

Andreas Mertin, Jörg Herrmann und Horst Schwebel