April 2011

Liebe Leserinnen und Leser,

einem Wechselbad der Gefühle sah man sich in den vergangenen zwei Monaten ausgesetzt. Als ich das letzte Editorial Ende Januar schrieb, war der Aufstand in Ägypten noch nicht entschieden, Mubarak noch an der Macht. Während ich diese Zeilen schreibe, ist Mubarak abgesetzt und die Ägypter versuchen sich an einer Neugestaltung ihrer Gesellschaft. Dafür tobt der von der NATO unterstützte Bürgerkrieg in Libyen und der Protest der Menschen in Syrien. Es ist eine Gemengelage von Hoffnung und Entsetzen, von Stolz auf demokratische Bewegungen und Trauer über den Preis, den man immer noch für das Begehren nach Freiheit zahlen muss.

Blankes Entsetzen dann in Folge der Ereignisse um das Kernkraftzentrum Fukushima. In der Medienlandschaft ist viel über die "deutsche Angst" spekuliert worden, aber eigentlich ist es doch ganz konkrete und begründete Furcht.

Es gab aber auch Vorfälle, die Zorn auslösten. Das unsägliche Verhalten des früheren Verteidigungsministers und der politischen Klasse in Deutschland, die ernsthaft glaubten, man könne einen Politiker, der seine wissenschaftliche Arbeit auf Lug und Trug aufgebaut hat, dennoch im politischen Amt halten, konnte einemn schon die Zornesadern auf die Stirn treiben.

Und das gilt auch für die unsägliche Reaktion der EKD-Vertreter auf das neue Buch von Friedrich Wilhelm Graf. Wer mandatiert eigentlich diese Funktionäre zu solchen Ausfällen? Es ist einfach nur noch skandalös.

Im aktuellen Heft des Magazins, für das im wesentlichen Jörg Herrmann verantwortlich zeichnet, wenden wir uns dem Thema "Religion und Gefühle" unter ganz verschiedenen Aspekten zu:

Unter VIEW finden Sie eine Perspektiven eröffnende Grundsatzbestimmung zum Thema von Jörg Herrmann. Andreas Mertin setzt sich mit dem neuen Trend zu Wohlfühlkirchen auseinander. Jürgen Bolz verschafft uns einen Einblick in das Phänomen der Lebenshilfebücher. Von Wilhelm Gräb dürfen wir einen Text abdrucken, den er im Rahmen des Religionsphilosophischen Salons Berlin gehalten hat und der sich mit der liberalen Theologie beschäftigt. Hans-Jürgen Benedict geht Lessings gefühlter innerer Wahrheit nach. Harald Schroeter-Wittke beschäftigt sich mit dem Thema Thanz und Emotion. Und Andreas Mertin fragt, was darf eigentlich Kirchenkritik heute noch sagen?

Unter REVIEW gibt es einige Buchvorstellungen von Andreas Mertin und eine Ausstellungskritik von Barbara Wucherer-Staar.

Und unter POST gibt es zwei kurze kritische Notizen von Andreas Mertin.


Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!

Andreas Mertin, Jörg Herrmann und Horst Schwebel