Blick zurück nach vorn


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Dezember 2007

Liebe Leserinnen und Leser,

dies ist das 50. Heft des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik - tà katoptrizómena. Dass in den kurzlebigen Zeit-Zyklen des Internets ein theologisches Magazin nun immerhin schon acht Jahre existiert, ist sicher eine Besonderheit. Dass ein Spartenmagazin, insbesondere ein theoästhetisches Reflexionsmedium von mehr als 700 Lesern am Tag(!) gelesen wird, ist sicher ebenso eine Besonderheit.

Vieles von dem, was der verantwortliche Herausgeber Andreas Mertin im Heft 14 des Magazins schrieb, gilt auch heute noch:

Wer liest Tà katoptrizómena? Das lässt sich natürlich nicht eindeutig beantworten; nur ungefähre Rückschlüsse lassen sich ziehen. Abgesehen von den an spezifischen Fragen orientierten LeserInnen, die durch Stichworteingabe in Suchmaschinen zu einem bestimmten Artikel gelangen und sich von dort aus weiterklicken, lebt das Magazin natürlich vom Interesse seiner AbonnentInnen und AutorInnen. Und diese rekrutieren sich, soweit das für die Redaktion erkennbar ist, insbesondere aus vier Bereichen: zum einem aus dem Bereich der Universitäten und Fachhochschulen und hier vor allem aus dem akademischen Mittelbau, zum zweiten aus dem Bereich der kulturell interessierten LehrerInnen und MultiplikatorInnen, zum dritten aus dem direkten künstlerisch-ästhetischen Bereich, also KünstlerInnen, ArchitektInnen, KunstkritikerInnen, und schließlich aus dem Bereich der in der Kirche Arbeitenden. Das ist eine LeserInnenschar mit recht unterschiedlichen Erwartungen, sei es im Blick auf die Hochkultur, sei es im Blick auf die populäre Kultur. [...]

In einem gewissen Sinne kann das Magazin inzwischen als Angebot für eine Plattform einer theo-ästhetischen Crossover-Kultur begriffen werden. Nach dem Ende jener Phase der Autonomisierung der Diskurse, die auf Abgrenzung bedacht war, sind wir nun in einem Stadium des Experiments, des Versuchs, autonom gewordene Diskurse nicht im Stadium der Abgrenzung zu belassen, sondern neue Grenzüberschreitungen zu wagen, ohne eine neue Verpflichtung auf Wiedervereinigung und Einheit einzugehen.

Und auch der Folgende Satz trifft weiterhin zu: "All das hängt natürlich vom vertretbaren Zeitaufwand ab, denn Tà katoptrizómena ist und bleibt ein nicht kommerzielles, sozusagen ehrenamtliches Projekt, dass auf der Idee des freiwillig geteilten Wissens basiert."

Der Dank gilt daher heute vor allem all den Autorinnen und Autoren, die uns in den letzten 50 Ausgaben mit Stoff zum Nachdenken versorgt haben - ohne Ihr Engagement, ohne ihren Langmut, wenn wir uns wieder einmal mit der Bitte um einen Artikel an Sie wenden, wäre diese Zeitschrift nicht denkbar!

Natürlich ist auch Tà katoptrizómena ein endliches Projekt. Immer wieder stellt sich die Frage, ob sich angesichts des offenbar aufklärungsresistenten anästhetischen Zustands dieser Kirchen das Engagement überhaupt lohnt. Und es sei nicht verschwiegen, dass gerade in diesem Jahr angesichts der beredten Sprachlosigkeit der Kirchen gegenüber der Kunst und der Kultur, diese Frage mehr als einmal in der Redaktion zur Diskussion stand. Wenn sich der Eindruck verstärkt, dass wir nur ein Feigenblatt einer in der kulturellen Anästhetik verharrenden Kirche sind, werden wir, ja müssen wir die Arbeit einstellen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Begegnung von Theologie und Kultur wieder auf Augenhöhe stattfindet. Aber wir machen dies gerade nicht, weil wir, wie eine Bischöfin in dieser Woche es in vollendeter Terminologie der instrumentellen Vernunft formulierte, in der Kunst eine Chance zur Mission sehen, sondern weil die Kultur an sich bedeutsam ist, weil sie für die Menschen und die Menschlichkeit steht. Als Theologen können wir von der Kunst nur lernen. Punktum.

Aber es gab und gibt nicht nur den Ärger über die erstarrenden Beziehungen von Kunst und Kultur in der Kirche, sondern auch ermutigende Impulse. Dazu zählen wir den erfrischenden Aufbruch der Bibel in gerechter Sprache, mit der wir uns in einen speziellen Heft im nächsten Jahr noch einmal intensiver beschäftigen wollen. Wir sehen in der Bibel in gerechter Sprache ein verwandtes Anliegen gegen dogmatische Fixierungen und für vielfältige Lektüren. Dass Lektüre immer Lesart bedeutet, dass man dies exemplarisch zeigen kann, dass dies im Vergleich mit tradierten Überlieferungen die Augen neu öffnen kann - das alles konnte man in diesem Jahr auch lernen.

Zu den ermutigenden Impulsen dieses Jahres zählte auch die in Heft 45 publizierte Festschrift für Dietrich Zilleßen in Verbindung mit der Tagung in Hofgeismar, die zeigte, wie lebendig (Praktische) Theologie sein kann.

Im kommenden Jahr werden wir uns wieder einem ganz breiten Spektrum an Themen widmen. Frauke A. Kurbacher hat dankenswerter Weise die Redaktion eines Heftes zum Thema "Intimität" übernommen, wir werfen später im Jahr einen Blick auf das Thema Kurzfilme und greifen wieder einmal das Thema "Religiöse Räume" auf.

Im aktuellen Heft finden Sie unter VIEW einen bunten Strauß zum 50. Geburtstag. Eröffnet wird die Rubrik mit einem Beitrag von Harald Schroeter-Wittke zum "Liturgischen Konzert". Björn Potters schreibt zum deutschen Idealismus und theologischer Ästhetik. Karsten Visarius hat uns einen "musikalischen" Text zum Film Amadeus zur Verfügung gestellt und Karin Wendt ist noch einmal dem Bagdad-Projekt nachgegangen, das schon einmal in diesem Magazin vorgestellt wurde.

Unter RE-VIEW steht eine Ausstellungsbesprechung von Andreas Mertin, eine Kunstvorstellung von Karin Wendt und - als besonderes Highlight zum Thema "Blick zurück nach vorn" - zwei Interviews, die Horst Schwebel zu verschiedenen Zeiten mit Joseph Beuys und Meinhard von Gerkan geführt hat.

Unter POST gibt es eine Erörterung von Andreas Mertin zu den Ereignissen in Köln und den Äußerungen Kardinal Meisners.


Mit herzlichen Grüßen

Andreas Mertin, Horst Schwebel und Karin Wendt