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Magazin für Theologie und Ästhetik


Der Bitterfelder Weg der Evangelischen Kirche

Ein kulturtheologisches Menetekel

Andreas Mertin

„Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht. Die Zusammenfassung von so viel Ungleichnamigem wie Philosophie und Religion, Wissenschaft und Kunst, Formen der Lebensführung und Sitten, schließlich dem objektiven Geist eines Zeitalters unter dem einzigen Wort Kultur verrät vorweg den administrativen Blick, der all das, von oben her, sammelt, einteilt, abwägt, organisiert.“[1] Wer wissen will, was Theodor W. Adorno meinte, als er die vorstehenden Sätze schrieb, sollte in die bereits vor 2 Jahren publizierte pragmatische Absichtserklärung der EKD in kultureller Hinsicht aus der Feder von Thies Gundlach schauen.[2] Kulturbürokratie hat innerkirchlich selten so unverstellt ihr Antlitz gezeigt, wie in diesem Text. Man könnte diesen Text vielleicht als belanglos oder bedeutungslos beiseite lassen – wie dies mir ein Vertreter der EKD in einem persönlichen Gespräch vorgeschlagen hat -, aber es mehren sich die Zeichen, dass das dort Beschriebene Ausdruck einer neuen kulturellen (Des-)Orientierung in der Evangelischen Kirche ist.

Der vorherrschende Eindruck: Kulturfragen werden unerbittlich ökonomisiert und von ihrer anthropologischen, philosophischen und theologischen Reflexion entkoppelt. Gleichzeitig wird die Kultur aber nicht nur der Logik des Kapitals, sondern auch einer Logik der kirchlichen Instrumentalisierung unter dem Etikett der Mission (oder dessen, was man dafür hält) unterworfen. Das macht es a priori unmöglich, dass das unter dem Begriff „Kunst“ Subsumierte überhaupt noch Kunst sein kann. Denn die Autonomie der Kunst ist nach einem geflügelten Wort „ein Gewordenes, das ihren Begriff konstituiert“.[3] Wenn es in der Darstellung des Verantwortlichen heißt, die Fokussierung auf Mission und Verkündigung bedeute, dass „autopoetische(sic!) Kunst“ in der Kirche nicht möglich sei, dann ist in Zukunft Kunst in der Kirche überhaupt nicht mehr möglich. Denn das, was dann noch Eingang in die Kirchen finden könnte, wäre mit dem Begriff des religiösen Kunsthandwerks noch euphemistisch beschrieben. Dazu muss man nicht auf Niklas Luhmann rekurrieren, von dem der Begriff der „Autopoiesis“ stammt, sondern es reicht ein Blick in die ästhetische Literatur seit der Aufklärung, also seit beinahe 250 Jahren.

Andererseits unterläuft der Begriff der Missionierung bzw. Verkündigung, wenn er auf die Kunst angewendet wird, theologische Bestimmungen, die Martin Luther bereits vor fast 500 Jahren präzise niedergelegt hat. Luther hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es Gott eher gefällt, wenn jemand recht seine Arbeit tut, „als aller Mönche Beten, Fasten, und was sie noch alles für hohe Gottesdienste rühmen.“ Das ist eine klare und unmissverständliche Sprache. Nicht die Einordnung in die Verkündigung und schon gar nicht die Zugehörigkeit des Künstlers zur christlichen Gemeinde macht die Kunst christentumskompatibel, sondern ihre Qualität! Kurt Marti und Kurt Lüthi haben dies schon vor Jahren als die Befreiung der Künste zur Profanität durch Jesus Christus gedeutet.[4] Die Künstler erweisen sich als in christlicher Perspektive bedeutsam, wenn sie gute Kunstwerke schaffen und nicht dadurch, dass sie kirchliche Inhalte bearbeiten. Bereits die Libri Carolini haben als theologisches Gutachten im Auftrag Karls des Großen diesen Tatbestand festgehalten und nicht in der inhaltlichen Gestaltung, sondern in der künstlerischen Arbeit das zu Würdigende gesehen. Nicht umsonst haben Reformatoren wie Johannes Calvin sich positiv darauf bezogen und nicht umsonst hat Umberto Eco diese Schrift als erstes Manifest eines autonomen Kunst- und Kulturverständnisses in der europäischen Kulturgeschichte gerühmt: „Das ist eine außerordentlich klare Formulierung des Eigenwertes der Sprache der bildenden Kunst ... Die Ästhetik der Libri Carolini ist eine Ästhetik des unmittelbar Sichtbaren, und sie ist zugleich eine Ästhetik der Autonomie des Werkes der bildenden Kunst.“[5]

Bevor ich mich im Einzelnen mit der von Thies Gundlach vertretenen Position auseinandersetze, möchte ich meine eigene Position in dieser Frage kurz skizzieren und zwar sowohl im Blick auf das, was Kultur ist, als auch, was Kunst und Kultur für den Menschen – und nicht nur für den religiösen Menschen – bedeuten. Erst wenn uns klar wird, weshalb die Kunst so bedeutsam ist, können wir über das Verhältnis von Kunst und Kirche reden. Es ist eine Erkenntnis seit über 200 Jahren, dass die Kunst mehr Bedeutung hat, als nur ein Ausstattungsstück, Darstellung von etwas oder ein Spiegel der Wirklichkeit zu sein. Kunst, so kann diese Erkenntnis zusammengefasst werden, ist der einzige Bereich, an dem wir Menschen in einem umfassenden Sinne frei sind und Freiheit erleben können. Während wir überall sonst Begrenzungen vornehmen, Dinge auf bestimmte Erkenntnisse reduzieren, ist das bei der Betrachtung der Kunst und des Schönen nicht so. Immanuel Kant hat das ästhetische Urteil als jenes bestimmt, bei dem unsere Erkenntniskräfte frei spielen können. Im ästhetischen Urteil geht es nicht um eine bestimmte Erkenntnis, sondern darum, dass wir das, was wir als ästhetisch erfahren, um seiner selbst willen schätzen und beurteilen. Kant nennt dies das „interesselose Wohlgefallen“.[6] Thomas Lehnerer hat diesen Gedanken Kants vor einigen Jahren in seinem Buch „Methoden der Kunst“ aufgegriffen und ästhetische Erfahrung als „Empfinden aus Freiheit“ und die Kunst als „Methode aus Freiheit“ beschrieben. Das Empfinden von Schönheit ist danach „die vielleicht ganz alltägliche, aber unbedingte Freude daran, dass etwas ohne Not und Grund - frei - sich bewegt, dass etwas lebendig ist in dieser Welt, einfach so ... Schönheit ist ein an sich selbst freier, unbedingter, dennoch aber subjektiv wahrnehmbarer Glücksfall.“[7] Kunstwerke sind dementsprechend Gegenstände, die gemacht werden, um dieses „Empfinden aus Freiheit“ auszulösen. Die bildende Kunst ist ein ausgezeichneter Ort, Freiheit erfahren zu können.

Biographisch ist mir Ende der 70er-Jahre diese Bedeutung der Künste für den Menschen in einer elementaren Begegnung deutlich geworden. Ich war im Rahmen einer Studienreise in Jerusalem und bekam eine Einladung zu einer Ausstellungseröffnung in Yad Vashem mit Kunst von Insassen des Konzentrationslagers Theresienstadt. Umgeben von Überlebenden dieses Lagers, die ihre dort komponierte Musik aufführten, Literatur vorlasen und Kunstwerke ausstellten, wurde mir klar, dass noch in der Hölle, die wir Menschen anderen Menschen bereiten, die Kunst ein Überlebensmittel ist; mir wurde klar, was es heißt, To be an artist in the shadow of death.[8] Wie mir die dort versammelten Überlebenden von Theresienstadt berichteten, hatten sie ihre spärlichen Nahrungsmittel, die ihnen die KZ-Aufseher gaben, gegen Gegenstände zum Malen, Komponieren und Dichten getauscht. So wichtig wie das Brot war ihnen die Kunst, d.h. die Möglichkeit, sich noch in der Hölle einen menschlichen Ausdruck zu verschaffen.

Diese Erfahrung hat es, nebenbei bemerkt, immer als außerordentlich zynisch erscheinen lassen, wenn vollbeamtete Kirchenvertreter mit A15-Gehalt mit trauriger Miene verkündeten, für die Kunst und Kultur sei leider kein Geld da, da es dringender für andere Dinge gebraucht würde. Es hat mich aber auch immer skeptisch sein lassen, wenn Menschen treuherzig versicherten, sie würden sich ja gerne auf die Kunst einlassen, aber die sei ja nun mal unbezahlbar teuer und sie könnten sich das nicht leisten. Beides sind Fluchtbewegungen, um sich den Herausforderungen der zeitgenössischen Kunst nicht stellen zu müssen.

Als freies Spiel ist die Kunst unbedingt ernst zu nehmen. Allerdings spricht nichts dagegen, die Erfahrungen mit der Kunst religiös zu deuten[9], sie z.B. als von Gott geschenkten Freiraum des Menschen zu verstehen. Aber religiöse Deutungen sagen nichts über die ästhetische Qualität eines Kunstwerks aus. Derartige Urteile geben Auskunft darüber, welche religiösen Erfahrungen die Urteilenden mit einem künstlerischen Objekt machen, aber sie qualifizieren das Betrachtete nicht in ästhetischer Hinsicht. Die Wahrnehmung und die Gestaltung von Kunst geschieht nach eigenen Gesetzen, das „Betriebssystem Kunst“[10] ist autonom.

Vor diesem Hintergrund müssen sich die Aktivitäten ausweisen, die in der Kirche im Blick auf die Kunst geschehen. Die Fragen lauten: Inwieweit ist Freiheit, wie sie in der Kunst zum Ausdruck kommt, in der Kirche möglich? Können Kirchen Freiräume bieten für den „homo ludens“? Mit welchen Zielen und Interessen, so wird man kritisch fragen müssen, wird faktisch in der Kirche mit Kunst umgegangen, wie wird dabei die Autonomie der Kunst geachtet?[11]

Grundlegungen?

Nun aber zum Text selbst. Gundlach steigt ein mit dem Hinweis, dass Kultur zur Zeit „im Kommen“ sei, ja, dass es einen „Kulturboom“ gäbe. Nun ist es natürlich so, dass alle, die sich seriös mit der Kunst in der Kirche beschäftigen, dies nicht tun, weil sie zufällig gerade angesagt ist, sondern weil sie ein elementarer Ort von Wahrheit ist, weil sie ein notwendiges und deshalb unverzichtbares Ausdrucksmittel von Menschen ist, weil sie, wie George Steiner es beschreibt, zu einer „Neu-Kartierung menschlicher Fähigkeiten“ führt.[12] Kunst und Kultur sind „die dem Menschen ursprünglich gegebene Verheißung dessen, was er werden soll“.[13] Oder mit anderen Worten: „Eine Kultur, ein ‚gemeinsames Streben’ nach geistiger Bildung, kann definiert werden durch das Ausmaß, in dem ein Denken auf höchstem Niveau aufgenommen und in gemeinsame Werte und Praxis umgesetzt und verbreitet wird.“[14]

Kein Trend, keine Mode, kein Feuilleton, kein Kulturpapier oder Kulturfahrplan erzwingen die Auseinandersetzung mit der Kunst, sondern gravierende theologische Gesichtspunkte. Dabei ist der von Gundlach später eingeführte Hinweis auf die Lichterlehre Karl Barths eher irreführend. Wir beschäftigen uns nicht mit der Kunst, weil und insofern in ihr wahre Worte extra muros ecclesiae enthalten sein könnten. Das ist gewisslich wahr, dass der Kunst diese Zuschreibung zukommen kann.[15] Aber es begründet doch nur ein höchst beschränktes instrumentelles Verhältnis zur Kunst, wenn man sich ihr nur unter diesem Aspekt nähern würde. Gerade nicht die Lichterlehre Karl Barths begründet die Bedeutung der Zeitgenossenschaft der Kunst, sondern die von Barth konsequent in Übereinstimmung mit der Moderne beschriebene Differenz von Kunst und Christentum. Was immer man von der Theologie Karl Barths halten mag, aber von allen bedeutenden Theologen des 20. Jahrhunderts zeigt niemand mehr Verständnis für die dem Menschen eigentümliche Leistung der Kunst als er. Wenn die Kultur nach Barth auch unter dem eschatologischen Vorbehalt steht, nur begrenztes Menschenwerk zu sein[16], sie ist sie eben dennoch die dem Menschen gegebene „Verheißung dessen, was er werden soll". Deshalb sind wir auf die Auseinandersetzung mit der Kunst angewiesen.

Und auch auf Schleiermacher wird man sich bei Gundlachs nachfolgender kirchlicher Instrumentalisierung der Künste nicht berufen können. Selbst wenn man wie ich Schleiermachers Formulierung der Kunst als Sprache der Religion für höchst missverständlich hält, so impliziert sie doch keinesfalls die Bestreitung der sich damals entwickelnden Autonomie der Kunst – ganz im Gegenteil! Schleiermacher ist eben nicht den Weg der Nazarener gegangen, den manche Kirchenvertreter heute für so attraktiv im Kontext einer sich selbst ghettoisierenden Kirche halten. Schleiermacher steht explizit in einer geistigen und ästhetischen Nähe zu deren Antipoden, zu denen man Caspar David Friedrich zählen kann. Von der „nordischen Romantik“ Caspar David Friedrichs führt ein Weg bis zur gegenstandsfreien Kunst des 20. Jahrhunderts, wie der jüngst verstorbene Robert Rosenblum eindrucksvoll gezeigt hat. Kunst als Sprache der Religion meint nicht Kunst als Ausdruck von Religion, sondern bedeutet vielmehr: in der vorgängigen und sorgfältig erst wahrzunehmenden Kunst findet die Religion ihre Sprache. In diesem Sinne macht erst die Autopoiesis der Kunst die Religion sprachfähig. Und man kann in diesem Sinne fragen, warum die Kirche aktuell so beredt sprachlos ist.

Also, um darauf zurück zu kommen, nicht weil die Kunst und die Kultur „im Kommen“ ist, sondern weil sie ein elementarer Ort des Verstehens und zur Sprache Kommens unserer Welt sind, sind sie unabhängig von jeder „Konjunktur“ auch theologisch von höchstem Interesse.

Aber schon die von Gundlach verwendete Sprache ist verräterisch: „im Kommen sein“ ist ein Begriff der Mode bzw. der medialen Inszenierungsstrategien, „Kulturboom“ ist die schon sprachlich unerträgliche Assoziation kapitalstrategischer Begrifflichkeiten mit Kultur. Die Bedeutungsgruppen von Boom sind „Hausse, Hochkonjunktur, Kursteigerung“. Dazu passt, dass Gundlach ganz in der Aktionärssprache ergänzt, es sei gut, dass die EKD „diese Entwicklung frühzeitig wahrgenommen“ und „durch profilierte Positionierungen die kulturelle Thematik aus evangelischer Perspektive aufgenommen“ habe. Worum geht es hier eigentlich? Um ein Hase-und-Igel-Spiel? Ist es das, dass der ekklesiologische Igel immer sagen kann: „Ick bün al dor!“ Aber wie in dem Märchen kann er dies nur durch Betrug. Dass die Kirche kulturelle Tendenzen frühzeitig wahrnehmen würde, ist genau dies: Lug und Trug. Als Lothar Späth verkündete, eine Museum sei heute für ein Industrieunternehmen wichtiger als ein Gleisanschluss, war an eine Kulturdenkschrift der EKD noch nicht einmal ansatzweise zu denken. Als sich die ästhetischen Kehre in der Philosophie in den 80er-Jahren abzeichnete, war Kultur für die Kirche überhaupt kein Thema. Erinnert sei auch daran, dass im entsprechenden Märchen der Gebrüder Grimm der Hase (= die Kultur) nach der 73. Volte des Rennens tot zusammenbricht. So würde es auch der Kultur ergehen, wenn die Kirche ihr Maßstab wäre. Dabei wäre - rein metaphorisch gesehen - der Hase-Igel-Vergleich in kultureller Perspektive nicht einmal falsch – wenn man den betrügerischen zweiten Igel weglassen würde. Der Igel (= die Kirche) kann dem schnellen Lauf des Hasen (=der Kultur) nicht ebenbürtig sein, aber er kann ihm nachgehen und den Wendungen des Hasen (= der Kultur) nachspüren und sie in einen größeren Zusammenhang einordnen. Das wäre kein schlechtes Verhältnis.

Im Text von Gundlach setzt sich die Sprache des Kapitals im Folgenden weiter fort: „Allerdings trifft das Wachsen des Kulturthemas die Evangelische Kirche in einer Zeit der Ressourcenreduzierung; die ‚Fetten Jahre sind vorbei’.“ Da kann man nur fragen: Wann hat es für die Kunst und Kultur in der Evangelischen Kirche denn je „Fette Jahre“ gegeben? Und wenn wir schon im biblischen Bezug auf die Traumdeutung des Joseph bleiben: Inwiefern hat die Evangelische Kirche im Wissen darum, dass die fetten Jahre bald vorbei sind, kulturell vorgesorgt? Das ist doch gerade der Witz der Geschichte von Joseph, dass der Pharao daraus etwas lernt! Nehmen wir die Anspielung auf Joseph doch einmal ernst. Er fordert den Pharao auf: „… lasse sie sammeln den ganzen Ertrag der guten Jahre, die kommen werden, dass sie Getreide aufschütten in des Pharao Kornhäusern zum Vorrat in den Städten und es verwahren, damit für Nahrung gesorgt sei für das Land in den sieben Jahren des Hungers, die über Ägyptenland kommen werden, und das Land nicht vor Hunger verderbe.“ (Gen 41, 33f.) Das hätte man dann doch auch von der Kirche erwarten können, dass sie einen kulturellen Vorrat anlegt, damit die Kirchenmitglieder in kulturellen Hungerjahren nicht verderben. Aber wie gesagt, „fette Jahre“ im Sinne der Bevorratung hat es zumindest für die Kunst in der evangelischen Kirche nie gegeben. „Ach, Herr Mertin, was Sie immer denken“, sagte vor kurzem ein Vertreter eines kirchlichen Bauausschusses zu mir, „gerade Sie müssten doch wissen, dass die Kunst seit 250 Jahren einen weiten Bogen um die Kirche macht“. Präziser müsste man allerdings sagen, dass die Kirche seit 250 Jahren einen weiten Bogen um die Kunst macht.

Aber die Terminologie im Papier von Thies Gundlach ist dennoch entlarvend. Fette Jahre im Kontext von Kunst und Kultur zu erwähnen, indiziert ja, dass Kultur und Kunst Luxus sind, dass sie vorrangig unter dem Aspekt der Ökonomie zu betrachten sind, und nicht als Überlebensmittel. Kunst und Kultur sind ein Additivum, das dann einzusparen bzw. zu begrenzen ist, wenn die Mittel knapp werden. Das möchte Gundlach freilich nicht, aber er gibt den Gemeinden kein einziges Argument an die Hand, dem zu widerstehen. Ganz im Gegenteil, sein Insistieren darauf, Kunst möge der Mission dienen, müsse sich kirchlich rechtfertigen und solle keinesfalls Fachleuten überlassen werden, nährt nur allzu sehr populäre Vorurteile.

In Wirklichkeit sind die Ressourcen so reichlich wie seit langem nicht mehr. Ich spreche dabei nicht vom schnöden Mammon, von dem allerdings auch mehr als genug da ist, ich spreche von den kulturellen Ressourcen, vom Reichtum und der Pluralität der zeitgenössischen Kultur, von der Offenheit, mit der der Bereich der Kunst der Kirche gegenübertritt. Das hat das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken sehr wohl begriffen, als es sein Positionspapier zur Kultur mit den Worten eröffnete: "Das kulturelle Leben in Deutschland ist reich und differenziert entwickelt." Davon liest man bei Vertretern der evangelischen Kirche wenig. Verfügte die evangelische Kirche wirklich über die von ihr angemaßte „kulturelle Kompetenz“, dann könnte und müsste sie auch mit diesen „Pfunden wuchern“. Aber sie hat die ihr anvertrauten Talente nur „in einem Tuch verwahrt“ (Lk 19, 11ff.).

Aus der Verknappung der finanziellen Ressourcen der Kirche und ihrem Auftrag zu Verkündigung folgert Gundlach nun: „auch die Kulturarbeit muss ihre Bedeutung für die missionarische Dimension der Kirche kenntlich machen“. Und dann folgen diese schrecklichen Sätze mit gesetzlichem Gestus, die das ganze Unverständnis dessen offenbaren, was Kunst und Kultur eigentlich ist: So „darf die Kulturarbeit der Kirchen niemals völlig ohne missionarisches Interesse sein. Für sie gilt, was für alle kirchlichen Äußerungen gilt: sie steht im Interesse der Verkündigung des Evangeliums und bemüht sich, den Glauben an Gottes Barmherzigkeit in eine solche Sprache zu fassen, dass sie Menschen erreichen, berühren und öffnen kann. Kultur in der Kirche darf nicht ‚autopoetisch’ sein.

Nun ist wie schon erwähnt seit Immanuel Kants grundlegender Schrift zur „Kritik der Urteilskraft“[17] deutlich, dass das ästhetische Urteil notwendig von allen Interessen gereinigt sein muss: Interessen machen nämlich das freie Spiel der Einbildungskräfte unmöglich. Wenn also das missionarische Interesse und das Interesse an der Verkündigung der Kunst vorgeordnet ist, kommt keine Kunst und damit auch kein ästhetisches Urteil zustande. Man könnte Gundlachs diesbezügliche Ausführungen auf den Satz verkürzen: Kunst ist in der Kirche nicht möglich.

Allerdings bemüht er sich, von den Gemeinden und ihren Vertretern „kulturelle Kompetenz“ zu fordern. Was er darunter versteht, mochte ich beim Lesen zunächst nicht glauben: „Glaubwürdig über die Bedeutung der Kultur in einer modernen Gesellschaft können die Kirchen nur dann reden, wenn sie selbst kulturellen Ansprüchen genügen und nicht „stillos", „anstandslos" und „niveaulos" agieren. Ein ungepflegt wirkender Pastor kann noch so viel über die Bedeutung der Kultur sagen, überzeugend wirkt er nicht; und ein lieblos gestalteter Gottesdienstraum kann auch die kulturell wertvollste Musik delegitimieren.“ Da kann man nur sarkastisch mit einer Äußerung eines früheren saarländischen Ministerpräsidenten aus dem Jahr 1982 antworten: Pünktlichkeit, Sauberkeit und Ordnung sind Sekundärtugenden, mit denen man auch ein KZ leiten kann. Mit der Bedeutung von Kunst und Kultur haben sie nichts zu tun. Thies Gundlach sollte es auch kirchengeschichtlich besser wissen. Einige der wichtigsten protestantischen Kunstwerke sind in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges entstanden, in der Europa von der Pest gezeichnet in Trümmern lag und gepflegt wirkende Pastoren sicher die Ausnahme waren. Die äußeren Umstände können eben gerade nicht ein Kunstwerk delegitimieren.

Warum aber sollten die Pastoren sich gepflegt anziehen und ihre Kirchen liebevoll gestalten? „Das Ziel einer Förderung der Auseinandersetzung mit kulturellen Phänomenen ist es, den Protestantismus trotz seiner Umwandlungs- und Konzentrationsprozesse als eine solche kulturelle Größe auszuweisen, die die geistige und intellektuelle Kraft hat, auf Augenhöhe mit den kulturellen Entwicklungen der Gegenwart seine Botschaft von der Versöhnung Gottes mit den Menschen auszusprechen.“ Die Verengung des Denkens auf das Eigene finde ich erschreckend. Außerhalb der Kirche muss das so erscheinen, als ob alles gnadenlos der eigenen Ideologie unterworfen, um nicht zu sagen: geopfert wird. Nicht weil die Kultur an sich wichtig und bedeutungsvoll ist, nicht weil in Musik, Literatur und Bildender Kunst die Grenzen des menschlich Möglichen erkundet werden, bedürfen wir demnach der kulturellen Auseinandersetzung, sondern um das eigene Programm zu verkünden, um sich evangelisch zu „profilieren“ wie es im neuesten Kirchendeutsch heißt.

Die Ausführungen von Thies Gundlach lassen es berechtigt erschienen, die gesamte Entwicklung als „Bitterfelder Weg der Kirchen“ zu bezeichnen. Zur Erinnerung: Der Bitterfelder Weg sollte in der ehemaligen DDR eine neue programmatische Entwicklung der sozialistischen Kulturpolitik einläuten und den Weg zu einer eigenständigen "sozialistischen Nationalkultur" weisen. Diese sollte den "wachsenden künstlerisch-ästhetischen Bedürfnissen der Werktätigen" entgegenkommen. Es gipfelte in der Aufforderung Walter Ulbrichts, nun "auch die Höhen der Kultur zu stürmen und von ihnen Besitz zu ergreifen."

Bei Gundlach liest sich das so: „Dabei gehört es zu den Grundeinsichten aller kultureller Arbeit in den Kirchen, dass sie gerade mit ihrem ‚Markenkern’, ihren besonderen Quellen und einzigartigen Traditionen Kraft und Geist entwickeln kann, kulturelle Anregungen zu geben … Denn all diese „crossover-Inszenierungen" zwischen Kirchentraditionen und kultureller Gegenwart haben eine Impulskraft, die nicht nur die kirchlichen Traditionen neu zum Glänzen bringen, sondern die auch die Kulturschaffenden zu neuen Dimensionen und Anregungen fuhren.“

Die ‚Kulturschaffenden’ (übrigens ein Begriff aus dem Wörterbuch des Unmenschen, der sich vor allem in totalitären Systemen einiger Beliebtheit erfreute: „In allen totalitären Systemen war die Verwendung des Begriffs verbunden mit der Festlegung politisch gesellschaftlicher Aufgaben der ‚Kulturschaffenden’ zugunsten des jeweiligen Systems“[18]) sollen also zu neuen Dimensionen und Anregungen durch den ‚Markenkern’ des Evangelischen geführt werden.

Nun kann man sicher lange darüber nachdenken, was überhaupt der Markenkern der Evangelischen Kirche ist. Vermutlich doch das, was Christum treibet? Nun ist es geradezu ein Charakteristikum des Markenkerns, dass er entgegen seinem Wortsinn etwas Oberflächliches ist. Der angelsächsische Sprachraum spricht anstelle von Markenkern daher präziser vom Branding. Die Brandmarke ist etwas, was man jeder beliebigen Kuh aufdrücken kann, sie hat mit deren Qualitäten wenig zu tun, sondern markiert nur beanspruchte Eigentumsrechte. Der Markenkern des Evangelischen muss also mit dem, was Christum treibet, wenig bis gar nicht harmonieren, er muss nur medial kommunikabel sein, er muss m.a.W. der Profilierung dienen und das so Kommunizierte – unabhängig von seinem Gehalt – als evangelisch ausweisen. Und wie in der Industrie und der Politik, in der deren Vertreter gerne mit dem Rücken zur Kunst[19] posieren, soll auch in der Kirche die Kunst und Kultur „die kirchlichen Traditionen neu zum Glänzen bringen“. Was Jürgen Habermas Anfang der 70er-Jahre im Blick auf die Legitimationsprobleme des Spätkapitalismus diagnostizierte, holt nun auch die Religion ein: Im Rahmen ihrer Krisenprozesse beutet sie die legitimatorische Kraft fremder kultureller Sektoren für die eigenen Zwecke aus, und wie der Spätkapitalismus „verbraucht“ sie sie dabei und frisst sie auf.[20] Das ist die unausbleibliche Folge, wenn man der Kunst mit einem instrumentellen Interesse begegnet. Das Gefühl, doch nur Mittel zu einem fremden Zweck zu sein, ist es daher, der weiterhin viele Künstler dem kirchlichen Kulturtreiben gegenüber distanziert sein lässt.

Konkretionen?

Und was tut die EKD nun konkret für kulturelle Präsenz des Protestantismus? Sie produziert eine Buchreihe Protestantismus und Kultur „um einen ‚Raum der Begegnung’ zwischen zwei Buchdeckeln zu schaffen. Die Bücher sollen einen ‚lesefreundlichen Umfang’ haben und sehr verschiedene kulturelle Bereiche bearbeiten.“ Das ist überzeugend. Mehr Raum, als zwischen zwei Buchdeckeln in lesefreundlichem Umfang passt, gibt es in der EKD anscheinend nicht für die Kunst. Das ist pure Bürokratie. Wie begegne ich der Kunst? Ich publiziere gut protestantisch ein Buch – in lesefreundlichem Umfang natürlich, denn die Zeiten, in denen der Protestantismus noch erschöpfende Bücher schreiben konnte, scheinen längst vorbei.

Der zweite Schritt ist die Einrichtung der (zeitlich befristeten) Stelle der Kulturbeauftragten bzw. wie Gundlach es treffend so bezeichnet - eines „Ministeriums für Kulturfragen" in der EKD. Nichts gegen die Einrichtung dieser Stelle, aber dieser seit langem überfällige Schritt ist doch nur ein Verwaltungsakt und keinesfalls eine zeichenhafte Geste. Wer das als substantielles Zeichen interpretiert, der offenbart mehr über die kulturelle Notlage des Protestantismus als ihm lieb sein kann. Und spätestens seit George Orwells „1984“ wissen wir, dass die Bezeichnung eines Ministeriums oft genug das Gegenteil indiziert.

Der dritte Schritt war nun zu erwarten, er folgt der Einrichtung einer Kulturverwaltung mit nahezu tödlicher Sicherheit: Die Stiftung eines „Kulturpreises des deutschen Protestantismus". Als ob es nicht schon den Preis „Bibel und Kultur“, den Kunstpreis „Freundeszeichen Artheon“ der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche und zahlreiche weitere Preise dieser Art gäbe. Die einzige Legitimation dieser Preise ist das Machtgefühl der Jury, über kulturelle Prozesse urteilen und sie bewerten zu dürfen. Ziel der Preisvergabe ist daher auch weniger die Ehrung eines Künstlers als vielmehr die angestrebte „öffentliche Aufmerksamkeit“. Und was soll die Betonung des „deutschen“ Protestantismus? ‚Deutscher Protestantismus’ ist eine historische Kategorie zur Abgrenzung gegenüber Entwicklungen in anderen Ländern. Sie programmatisch zu verwenden, erinnert fatal an eine andere Zusammenstellung von Christentum und deutscher Nationalität. Dass es keinen Kulturpreis der evangelischen Kirche in Deutschland geben soll, sondern den eines „deutschen“ Protestantismus ist doch mehr als Zufall. Und es ist keinesfalls beliebig. Es ist eine Frage des Stils und des historischen Bewusstseins.

Realsatire!

Der letzte Schritt der kulturellen Aktivitäten der EKD gehört dann in den Bereich der Realsatire. Bisher gab es eine evangelische Einrichtung namens ‚Kirchbautag’, die einst von Privatpersonen gegründet und zwischenzeitlich klammheimlich von der EKD übernommen wurde. Deren Leiter nannte sich ‚Vorsitzender’. Das war der EKD zu wenig: „Das letzte, eher formale Instrument zur Steigerung der kulturellen Präsenz des Protestantismus durch die EKD liegt in einer kostenneutralen Profilierung des vorhandenen Engagements. So ist es für Außenstehende fast nicht erschwingbar, was denn der ‚Vorsitzende des Arbeitsausschusses des Evangelischen Kirchbautages’ sein soll. Der Rat der EKD hat darum im Frühjahr 2005 dieses Amt gleichsam ‚symbolisch’ aufgewertet und den Vorsitzenden zum ‚Präsidenten des Evangelischen Kirchbautages’ berufen.“ Natürlich überrascht der Hinweis auf die „kostenneutrale Profilierung“ an dieser Stelle nicht. Und da Vorstandsvorsitzende in der Industrie oder Parteivorsitzende in der deutschen Republik ja eher marginale Gestalten sind, muss es eben ein Präsident sein. Kostet ja nichts, diese Aufwertung und sie macht sich gut auf der Visitenkarte. Nun hat es mit dem „Präsidenten“ so seine eigentümliche Bewendung. Präsidenten werden nämlich in der Regel demokratisch gewählt. Nur in Diktaturen, so steht’s im Lexikon, werden sie ernannt. Und siehe da: Auch die Verfassung des Kirchbautages entzieht sich demokratischer Kontrolle. Das Kirchenvolk weiß vermutlich nicht einmal, dass es diese Institution gibt. Und wer auf den Seiten des Kirchbautages nach dessen Legitimation forscht, wird nicht fündig, landet aber schnell beim Webauftritt eines Medien-Kontors. Auch das passt gut zur Unternehmenskultur der Kirche.

Aufpassen muss die Kirche nur, dass es ihr nicht wie König Belsazar ergeht, auf den das Wort vom Menetekel zurückführt: Die Worte an der Wand bezeichnen als Substantive gelesen Geldstücke von abnehmendem Wert: eine Mine, einen Sekel, eine halbe Mine und bezeichnen den zunehmenden Verfall an Bedeutung. Daniel interpretiert sie als Verba und deutet sie so: mone' – gezählt (die Herrschaft ist gezählt und nähert sich ihrem Ende); toqel = gewogen (der Herrscher ist gewogen und leicht gefunden worden); peres = geteilt (seine Herrschaft wird geteilt werden).[21] Es gibt gute Gründe, den Text von Thies Gundlach als Menetekel zu lesen.

Anmerkungen

[1]    Theodor W. Adorno: Kultur und Verwaltung. Gesammelte Schriften, GS 8, S. 122

[2]    Thies Gundlach, Das kulturelle Engagement der EKD in pragmatischer Absicht, in Artheon. Mitteilungen der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche, Nr. 22, September 2005, S. 18-21.[3]    Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie, GS 7, S. 34

[4]    Kurt Marti, "Christus, die Befreiung der bildenden Künste zur Profanität." EvTheol 18, 1958, S. 371-375, hier S. 374. Kurt Lüthi, "Theologische Bemerkungen zum Selbstverständnis der modernen Malerei". ZEE, 1961, S. 259-272.

[5]    Umberto Eco, Kunst und Schönheit im Mittelalter. München 1993, S. 158f.

[6]    Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, Werkausgabe Band X, hg. von Wilhelm Weischedel, Frankfurt 1974, S. 116-124.

[7]    Thomas Lehnerer: Methode der Kunst. Würzburg 1994, S. 76.

[8]    Yad Vashem – Martyr’s and Heroes’ Remembrance authority Art Museum , Testimony – Art of the Holocaust. 1982

[9]    Dies ist der Vorschlag von Thomas Erne, Vom Fundament zum Ferment. Religiöse Erfahrung mit ästhetischer Erfahrung; in: Herrmann/Mertin/Valtink (Hg.), Die Gegenwart der Kunst. München 1998, S. 283-295.

[10]   Thomas Wulffen: Betriebssystem Kunst. Kunstforum International Bd. 125, 1994.

[11]   Horst Schwebel, Die Kunst und das Christentum. Eine Konfliktgeschichte, München 2002.

[12]   George Steiner, Warum Denken traurig macht, S. 68.

[13]   Karl Barth, „Die Kirche und die Kultur“ in: ders., Die Theologie und die Kirche. Ges. Aufsätze, Bd. 2, München 1928, S. 368.

[14]   George Steiner, a.a.O., S. 66

[15]   Vgl. Verf. Homiletik unter dem Bilderverbot, http://www.amertin.de/aufsatz/1991/predigt.htm

[16]   Vgl. R. Schaeffler, Was dürfen wir hoffen?, Darmstadt 1979, S. 55ff.

[17]   Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, a.a.O.

[18]   „Der Begriff "Kulturschaffender" wurde zuerst in den 20er Jahren in der Weimarer Republik verwendet, später im Nationalsozialismus, und unmittelbar nach dessen Ende auch in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der DDR und wird auch heutzutage verwendet. In allen totalitären Systemen war die Verwendung des Begriffs verbunden mit der Festlegung politisch gesellschaftlicher Aufgaben der "Kulturschaffenden" (zugunsten des jeweiligen Systems). So hieß es in der Begründung des Gesetzes über die Einrichtung der Reichskulturkammer im September 1937: "Die Aufgabe des Staates ist es, innerhalb der Kultur schädliche Kräfte zu bekämpfen und wertvolle zu fördern, und zwar nach dem Maßstab des Verantwortungsbewusstseins für die nationale Gemeinschaft. In diesem Sinne bleibt das Kulturschaffen frei. Wohl aber ist es [...] notwendig, die Schaffenden auf allen ihren Gebieten unter der Führung des Reiches zu einer einheitlichen Willensgestaltung zusammenzufassen." Ín der SBZ sah die im April 1949 verkündete "Verordnung über die Erhaltung und die Entwicklung der deutschen [!] Wissenschaft und Kultur..." u.a. die Bereitstellung von zwei Erholungsheimen "für Wissenschaftler, Künstler und Kulturschaffende" vor und legte zugleich deren Gegenleistung für solche "Obhut" fest: "Der Vorschlag [...] für die Erhöhung der Aktivität der Kulturschaffenden, Schriftsteller und Künstler [...] wird gebilligt." Zwar versah der Leipziger Duden von 1951 das Stichwort "Kulturschaffende" mit einer Fußnote: "sprachlich richtiger: der kulturell Schaffende". Aber das war womöglich nur eine Reaktion darauf, dass W.E.Süskind 1946 in der "Wandlung" den "Kulturschaffenden" dem "Wörterbuch des Unmenschen" zugeordnet hatte. Die Fußnote erschien in den folgenden Duden-Auflagen nicht mehr. Nach 1990 rechnete die Gesellschaft für deutsche Sprache den "Kulturschaffenden" zu den überlebensfähigen DDR-spezifischen Wörtern.“ (wikipedia, Art. Kulturschaffender)

[19]   Wolfgang Ullrich, Mit dem Rücken zur Kunst. Die neuen Statussymbole der Macht, Berlin 2000,

[20]   Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt 1973.

[21]   Art. Mene Tekel. Biblisch-historisches Handwörterbuch, BHH Bd. 2, S. 1189


© Andreas Mertin 2007
Magazin für Theologie und Ästhetik 46/2007
https://www.theomag.de/46/am204.htm