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Magazin für Theologie und Ästhetik


Im Labyrinth I

Erscheinungen im Cyberspace

Andreas Mertin

theologia.de

"theologia.deutsch ist ein deutschsprachiges Internet-Periodikum, das die Breite der Theologie abdeckt und  die Möglichkeiten eines neuen Mediums voll ausschöpfen möchte. Wir, die Initiatoren, gehen wir davon aus, dass die Theologie den Menschen mehr zu sagen hat, als gegenwärtig im universitären Lehr- und Forschungsbetrieb sichtbar wird. Wir verknüpfen deshalb vorrangig Beiträge und bieten selbst ein Forum denjenigen, die die Theologie beim Wort nehmen und die direkte Rede bevorzugen. Wir erwarten, dass Autorinnen und Autoren mit Absicht ihre Meinung zu einem bestimmten Thema sagen. Es werden daher keine Untersuchungen veröffentlicht oder verbunden über das, was andere Theologen gesagt und gemeint haben (könnten)." Mit diesen Worten stellen die Herausgeber von theologia.de sich und ihr Periodikum vor. Hinter theologia.de steckt mehr als nur ein theologisches E-Zine, vielmehr ist das Magazin Teil eines umfassenderen christlichen Internet-Portals.

Für die Lektüre ihres Periodikums schlagen die Herausgeber zwei unterschiedliche Formen vor - die eher empfehlenswerte Linearlektüre (Heft für Heft, Aufsatz für Aufsatz) und die zur Zeit noch weniger empfehlenswerte Matrixlektüre (nach leitenden Begriffen). [Wie eine gute Matrixlektüre organisiert werden könnte, kann man beim nachfolgend besprochenen Ästhetischen System von Dr. Stefan Asmus am Lehrstuhl von Bazon Brock in Wuppertal überprüfen.]

Die bisher erschienen bzw. angekündigten Hefte von theologia.de widmeten sich folgenden Themen:

Was ist Theologie? Hier findet man Beiträge von Uwe Stenglein-Hektor, Wolfgang Nethöfel, Jochen Teuffel, Oswald Bayer, Elmar Gruber, Michael Haspel, Bernd Harbeck-Pingel, Inge Kirsner, Hans Küng, Christoph Quarch, Ulrich Ruh und Walter Sparn.

Fromm sein. Hier haben Wolfgang Nethöfel, Arne Manzeschke, Uwe Stenglein-Hektor und Jochen Teuffel Beiträge beigesteuert.

Gemeinde. Hier steht bisher nur ein Beitrag von Wolfgang Nethöfel im Netz.

Mammon. Dieses Heft ist vorerst nur angekündigt.

Dem guten Start des ersten Hefts sind freilich nicht gleich umfangreiche und umfassende weitere Hefte gefolgt. Das zeigt nicht zuletzt, wie schwer es ist, im Internet auf die spontane und freiwillige Mitarbeit von WissenschaftlerInnen zu setzen. Hier muss das Netzwerk der wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Cyberspace künftig doch noch enger werden. In anderen Disziplinen funktioniert diese Form der Kooperation schon seit längerem besser.

Im Blick auf die Fragestellungen unseres Magazins für Theologie und Ästhetik ist vor allem ein Aufsatz von Wolfgang Nethöfel interessant, auf den schon im Editorial des Heftes 7 verwiesen wurde: Wissen macht Glauben. Informationsmanagement revolutioniert Kirchen und Gemeinden. Dort schreibt er zum Thema Kirche und Internet: "Angesichts der Reaktionsgeschwindigkeiten in den großen Volkskirchen wird es immer wahrscheinlicher, dass private oder freikirchliche Träger die bereitliegenden Möglichkeiten ergreifen und dass eine Vielzahl konkurrierender mehr oder minder stark kommerzialisierter Internetgemeinden versuchen, christliche oder jedenfalls religiös interessierte Netizens an sich zu binden ... Es ist auch immer noch möglich, dass die Volkskirchen rechtzeitig auf Integrationsmodelle setzen ... Und schließlich ist auch die Möglichkeit einer ökumenischen Organisation, wie sie das Netz als Medium nahe legt, nicht endgültig ausgeschlossen. Diese Fragen sind für die kirchliche Organisation deshalb so schwierig, aber auch so wichtig, weil Internetgemeinden Weichen stellen für die Zukunft der Volkskirchen."


altarbild2000

Die Idee: Vom 1. Januar 2000 bis Februar 2001 wird der Altar der St.-Lukas-Kirche alle zwei Monate ein neues Gesicht zeigen. Das alte Altarbild von G. Goldberg - eine Pietà-Darstellung - wird verhüllt. Sechs Projekte zeitgenössischer Künstler - Malerei, Bilder auf Fotogrundlage oder Installationen - sollen über das Jahr zum Altarraum in Beziehung stehen und sich mit dem heiligen Ort auf neue Weise auseinandersetzen.

Unsere Absicht: Wir wollen durch unser ungewöhnliches Projekt neue Sichtweisen eröffnen. Im Kontrast zum neo-gotischen Altarraum wollen wir deutlich machen, dass unsere "2000 Jahre alte Botschaft" von Jesus Christus, der erlöst und heil macht, auch in neuem Gewand immer noch höchst aktuell ist. Wie das Heilige und Transzendente immer wieder neu in unser altes Leben (alter Rahmen) bricht und es verändert, so kann eine neue Sichtweise durch ein modernes Kunstwerk hervorgerufen werden.

So stellen die Initiatoren des Münchener Projekts Altarbild 2000 sich im Internet vor. Die alte kirchliche Tradition von Entzug und Präsenz aufgreifend, wird die St.-Lukas-Kirche jeweils über das Altarbild neu inszeniert. Man könnte fragen: Ändert sich eine Gemeinde und ihr Glauben mit der künstlerischen Neu-Inszenierung ihres religiösen Raumes? Oder bleibt die künstlerische Intervention folgenlos? Störend ist jedoch der zweckgebundene Ton, welcher die beteiligten Künstler zu Designern degradiert ("Wir wollen deutlich machen, dass Jesus Christus auch in neuem Gewand immer noch höchst aktuell ist"). Kunst bleibt demnach äußerlich, ist kein Wert an sich, sondern nur "Gewand" - Verpackung könnte man zugespitzt sagen. Hoffentlich haben sich die beteiligten Künstler über diese Zwecksetzung hinweggesetzt.


konturen.net

"Fundiert, anschaulich und unterhaltsam werden wir für Sie von heute an vier Mal im Jahr aktuelle gesellschaftliche Phänomene und soziale Entwicklungen durchleuchten, sie über neue Forschungsergebnisse aus den Sozialwissenschaften informieren und auf interessante Veröffentlichungen und Veranstaltungen hinweisen. Ansprechend und illustrativ und immer mit einem Schwerpunktthema." Mit diesen Worten kündigen die Herausgeber ihre neue Online-Zeitschrift für Gesellschaft an. Das Design ist weitgehend gut gemacht, die Konzeption vielversprechend, nur die Einblendungen in der Statusleiste stören extrem, sie sollten dringend abgestellt werden. Die Fülle des Magazins erschließt sich nicht gleich auf den ersten Blick, man sollte sich nach und nach durch das umfassende Angebot klicken.

Die Erstausgabe von konturen widmet sich dem Thema 'Die ganz normale Gewalt'. In jedem Heft kann man durch verschiedene Rubriken stöbern. Die Fotos, die man in den verschiedenen Texten sehen kann werden noch einmal im Schaukasten gesammelt. Unter Die Couch werden Personen befragt, unter Fangfrisch werden neue, aber auch ungewöhnliche sozialwissenschaftliche Forschungsergebnisse vorgestellt, unter Konträr findet man Artikel, die sich essayistisch mit Themen aus Politik, Gesellschaft und Kultur beschäftigen, unter Rezensionen finden sich Vorstellungen aktueller sozialwissenschaftlicher Literatur, unter Arena kann man sich, wie die Redaktion versichert, unrezensiert austoben, kommentieren, diskutieren. Termine & Links ergänzen das Angebot. Ein Newsletter informiert über neue Ausgaben. Das nächste Heft beschäftigt sich mit dem Thema "Religion und Medien".


Das Ästhetische System

Wie vermittelt man komplexes ästhetisches Wissen im Internet? Dieser Frage widmet sich das Ästhetische System von Dr. Stefan Asmus am Lehrstuhl von Bazon Brock an der Universität/Gesamthochschule Wuppertal. Beabsichtigt ist ein „adaptives Hypermedia-Interface zum Crossover von Nichtnormativer Ästhetik nach Bazon Brock und Neuerer Systemtheorie insbesondere nach Niklas Luhmann." Zu den Intentionen schreiben die Autoren: Anhand einer funktionsfähigen Hypermedia-Anwendung wollen wir exemplarisch vorführen, wie sich die Forderung nach Vermittlung im Internet darstellen könnte. Das von uns entwickelte und realisierte Hypermedia-Interface vereint technische, mediale, gestalterische und theoretische Aspekte und kann seine Funktions- und Aussagenlogik, als auch seine ästhetische Qualitas nur in dem medialen Environment entfalten, für das es konzipiert wurde (Internet) ... Die Arbeit ist am Lehrstuhl für Ästhetik und Kulturvermittlung entstanden. Der Autor hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl die Aufgabe übernommen, das Brock'sche Werk zu sichten und auf seine differenztheoretische Konsistenz hin zu untersuchen. Die Ergebnisse sollten in einen Zusammenhang mit modernen systemtheoretischen Überlegungen, insbesondere nach Niklas Luhmann, gestellt werden und innerhalb eines digitalen Mediums repräsentativ verdichtet, adaptationsfähig archiviert und gemäß medienrelevanten Gestaltungskriterien zur Darstellung gelangen. (http://www.brock.uni-wuppertal.de/Vademecum/_daten/ASystem.pdf)

Das höchst interessante (und manchmal etwas verwirrende) Ergebnis kann man sich hier anschauen.


© Andreas Mertin 2001
Magazin für Theologie und Ästhetik 9/2001
https://www.theomag.de/09/am23.htm